Edinburgh/London. (apa/dpa) Großbritanniens politische Landkarte ist gespalten in der Brexit-Frage: England und Wales wollen aus der EU, Schottland und Nordirland nicht. Ein Umstand, der sogar zum Zerbrechen des Vereinigten Königreichs führen kann. Ein Blick auf die Fakten:
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon sagt, sie habe den Auftrag, das Land in der EU zu halten. Hat sie recht?
62 Prozent der Schotten haben gegen den Austritt aus der EU gestimmt. Aber Schottland ist kein Staat, sondern eher mit einem Bundesland vergleichbar. Die regierende schottische Nationalpartei SNP sieht das natürlich anders und spricht stets von der "schottischen Nation".
Wollen die Schotten die Unabhängigkeit?
Bei der Abstimmung 2014 entschieden sich 55 Prozent dagegen. Allerdings gab es damals einen Stimmungsumschwung direkt vor der Wahl, weil London den Schotten mehr Eigenständigkeit versprach. Jetzt wirkt der Zorn über das Brexit-Referendum. Eine Umfrage des Instituts Survation zeigt, dass nach aktuellem Stand die Mehrheit im Norden für die Loslösung aus dem Königreich wäre: 53,7 Prozent.
Sturgeon bezeichnet ein zweites Unabhängigkeitsreferendum als "sehr wahrscheinlich". Kann ihre Regierung das einfach durchziehen?
Das schottische Parlament müsste wohl zustimmen, um das Referendum zu legitimieren, und da fehlen der SNP zwei Sitze zur absoluten Mehrheit. Allerdings könnte es sein, dass sich Unterstützer in den anderen Fraktionen finden. Ob London das akzeptiert, ist eine andere Frage. Boris Johnson, Favorit für die Nachfolge des britischen Premierministers David Cameron, hat schon mal den Daumen gesenkt.
Sturgeon will den Brexit notfalls mit einem Veto des schottischen Parlaments verhindern. Geht das?
Da sind sich Experten nicht einig - auch Sturgeon selbst ist sich nicht zu 100 Prozent sicher. Grundlage wäre der Scotland Act von 1998, der Kompetenzen des schottischen Regionalparlaments bestimmt. Dort steht zwar, dass auswärtige Angelegenheiten von London geregelt werden, aber auch, dass es Sache Edinburghs sei, EU-Gesetze zu implementieren. Fest steht damit, dass es erbitterten Streit geben würde.
Könnte Schottland als unabhängiges Land überleben?
Die Rechnungen der Nationalpartei und der Unionisten unterscheiden sich grundlegend. 2014 argumentierte die SNP vor allem mit den Ölvorkommen in der Nordsee. Seitdem sind die Ölpreise aber verfallen, zudem sind die Vorräte endlich - und schon 2014 waren sich Experten nicht sicher, ob die Energiebranche ein stabiles finanzielles Fundament schaffen würde. Die Exportzahlen sind schlecht, die Dienstleistungsbranche wächst nur langsam.