London. Der Chef der rechtspopulistischen britischen Partei Ukip, Nigel Farage, tritt völlig überraschend zurück. Mit dem Votum für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union habe er politisch alles erreicht, was er sich vorgenommen habe, begründete der 52-Jährige seinen Schritt am Montag in London. "Ich habe meine Mission erfüllt."
"Ich war und wollte niemals ein Karrierepolitiker sein", unterstrich der Brexit-Wortführer. "Mein Ziel in der Politik war es allein, Großbritannien aus der Europäischen Union herauszubekommen." Farage sagte zudem: "Während der Brexit-Kampagne habe ich gesagt, ich will mein Land zurück. Heute sage ich, ich will mein Leben zurück. "Er werde aber weiterhin die Partei sowie "Unabhängigkeitsbewegungen" in anderen EU-Ländern unterstützen, betonte der Rechtspopulist.
Farage: Brexit-Befürworter muss Premier werden
Großbritannien müsse einen Brexit-Befürworter als Premierminister bekommen, forderte der zurücktretende Ukip-Chef weiters. Farage wolle aber keinen Kandidaten unterstützen. Der konservative britische Premier David Cameron hatte nach der Brexit-Volksabstimmung seinen Rücktritt angekündigt. Mehrere konservative Politiker bewerben sich um seine Nachfolge.
Farage war neben dem Londoner Ex-Bürgermeister Boris Johnson von den Konservativen der wichtigste Vorkämpfer des Austrittslagers vor dem EU-Referendum vom 23. Juni gewesen. Er stand seit 2010 an der Spitze der 1993 gegründeten Unabhängigkeitspartei, bereits zuvor war er von 2006 bis 2009 Ukip-Parteichef gewesen. Auch 2015 war er kurz zurückgetreten, nachdem er nicht ins britische Unterhaus einziehen konnte, trat das Amt aber drei Tage später wieder an.
Der ehemalige Rohstoffhändler kämpft seit Jahren für einen EU-Austritt Großbritanniens. Zudem sorgte er immer wieder mit populistischen und fremdenfeindlichen Parolen für Schlagzeilen. Er ist seit 17 Jahren Mitglied des Europaparlaments.
Innenministerin May Favoritin als Premier
Was den Parteivorsitz der Konservativen und das Amt des Premierministers unterstützt der britische Außenminister Philip Hammond Innenministerin Theresa May bei ihrer Kandidatur. Sie sei mit ihrem Pragmatismus die geeignetste Person, den besten Scheidungsvertrag zwischen Großbritannien und der EU auszuhandeln, schrieb Hammond am Montag in einer Kolumne des "Daily Telegraph". Die Konservativen beginnen am Dienstag mit der ersten Wahlrunde eines Nachfolgers von Parteichef und Premierminister David Cameron, der nach dem Brexit-Votum Ende Juni seinen Rücktritt angekündigt hatte.
Der neue Regierungschef müsse einen Kompromiss finden, wie die Briten weiter Zugang zum Binnenmarkt hätten und gleichzeitig die Freizügigkeit von Personen begrenzen könnten, schrieb Hammond. Die Beschränkung der Zuwanderung nach Großbritannien war eines der zentralen Ziele der Brexit-Befürworter.
Umfragen sehen May, die sich genau wie Hammond vor dem Referendum gegen einen Austritt aus der EU ausgesprochen hatte, als aussichtsreichste Kandidatin. Ihre größten Konkurrenten aus dem Brexit-Lager sind Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom und Justizminister Michael Gove. Der Nachfolger Camerons wird in mehreren Wahlrunden ermittelt und soll bis zum 9. September feststehen.
Brexit dämpft Konjunkturerwartungen
Indes dämpft das Brexit-Votum der Briten die Konjunkturerwartungen der Anleger für die Euro-Zone. Das Stimmungsbarometer fiel im Juli um 12,0 Zähler auf minus 2,0 Punkte, wie die Investmentberatung Sentix zu ihrer Umfrage unter knapp 1100 Anlegern und Analysten mitteilte. Das ist der schlechteste Wert seit November 2014. Auch die Lage wird negativer beurteilt. Die Umfrage wurde vom 30. Juni bis 2. Juli erhoben und damit nach dem britischen EU-Referendum.