Bereits achtzehn Minuten nach dem Zusammentreten des neuen Bundestages am Dienstag war eines klar: Die AfD wird auch in dieser Legislaturperiode Außenseiter im deutschen Parlament sein. Denn zu diesem Zeitpunkt haben die Fraktionen von SPD, Union, Grünen, FDP und Linken zweimal in der jungen Legislaturperiode geschlossen gegen die AfD gestimmt - in der Frage des Alterspräsidenten und des 3G-Konzepts für den Bundestag. Und die Isolation der Rechtspartei zieht sich durch die gesamte erste Sitzung. Zwischendrin hallen wütende Zwischenrufe von der Sondertribüne herunter, auf der AfD-Abgeordnete Platz nehmen mussten, die keinen Nachweis erbringen wollten, dass sie geimpft, genesen oder getestet sind.

Aber nur die Auseinandersetzung mit der AfD sorgt in der konstituierenden Sitzung für Schärfe. Ansonsten dominieren zwar mahnende, aber versöhnliche Worte. Im Plenum steht SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz lange im Gespräch mit den mutmaßlichen Oppositionsführern Ralph Brinkhaus (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) zusammen. In seiner Rede dankt der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, der Union demonstrativ für die "faire Zusammenarbeit" in der letzten Legislaturperiode.

Dass Kanzlerin Angela Merkel diesmal nicht in den Reihen der Union vor der in der ersten Sitzung traditionell leeren Regierungsbank Platz nimmt, sondern auf der Ehrentribüne, läutet die neue Zeit ein. Denn sie scheidet aus dem Bundestag aus und ist seit Dienstag auf Bitte des neben ihr sitzenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier nur noch geschäftsführende Kanzlerin. SPD, Grüne und FDP wollen bis zur Woche ab 6. Dezember die neue Regierung im Bundestag bestätigen. Die Kompetenzen von Merkels Team bleiben zwar als geschäftsführende Regierung weitgehend unverändert. Die könnte Gesetze einbringen und sogar einen Haushaltsentwurf vorlegen. Fraglich ist, ob sie eine Parlamentsmehrheit dafür erhielte. In der Praxis herrscht Zurückhaltung: Konsens ist, dass keine gravierenden Entscheidungen mehr getroffen werden, die eine Nachfolgeregierung binden.

Weiter nach Rom und Glasgow

Merkel hat noch zwei wichtige außenpolitische Termine vor sich. Am Samstag reist sie zum G20-Gipfel nach Rom. Anfang nächster Woche spricht sie bei der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow.

Eine weitere Zäsur seit der Bundestagswahl findet statt, als Alterspräsident Wolfgang Schäuble im Parlament sagt: "Frau Präsidentin, bitte übernehmen Sie das Amt." Die Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas war zuvor mit 576 von 732 abgegebenen Stimmen zur neuen Bundestagspräsidentin gewählt worden - und die SPD hat damit als stärkste Fraktion die Regie über das Bundestagspräsidium übernommen.

Vor den Augen der bisher letzten Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU, 1988-1998), kritisiert Bas, erst die dritte Frau in diesem Amt zu sein und mahnt vor allem eine verständlichere Sprache der Politik an. Bas erntet Applaus von allen Seiten, als sie sich zu einer fairen Parlamentsarbeit bekennt. (reuters/red.)