Wien. Die Bankgeschäfte von Karl-Heinz Grasser standen am Mittwoch im Mittelpunkt der Buwog-Hauptverhandlung. In seinem sechsstündigen Monolog am Dienstag hatte sich Grasser "nicht schuldig" bekannt und seine Sicht der Geschehnisse geschildert. Der ehemalige Finanzminister wurde von Richterin Marion Hohenecker im Wiener Straflandesgericht nun erstmals als Angeklagter befragt – insbesondere zu gewissen Finanzgeschäften.

Die Richterin fokussierte sich dabei auf ein Konto der Ferint AG bei der Meinl Bank, auf das Grasser im Jahr 2005 insgesamt 500.000 Euro in bar eingezahlt hat. Grasser gibt an, das Geld von seiner Schwiegermutter aus der Schweiz bekommen zu haben, damit er es veranlagt. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht. Das Geld komme von Grasser selbst, so die Ankläger.

Grasser hat das Bargeld eigenen Angaben zufolge 2005, als er noch Finanzminister war, aus der Schweiz nach Österreich transportiert und nach Veranlagungsmöglichkeiten gesucht. Er sei auf den Banker Julius Meinl – er war mit Grasser damals befreundet – zugegangen, um ihn um Rat zu fragen, sagte der Ex-Politiker.

Durch Meinl sei er auf die Ferint AG aufmerksam geworden, die bei der Meinl Bank ein Konto hatte. Grasser schloss mit der Ferint einen Treuhandvertrag ab, wobei schon zuvor Zahlungen auf das Konto der Gesellschaft erfolgten. Das Geld wurde bar eingezahlt, in drei Tranchen: 100.000 Euro, 330.000 Euro und 70.000 Euro übergab Grasser an einen Mitarbeiter der Meinl Bank.

Auf die Nachfrage Hoheneckers, warum die Einzahlung in Tranchen erfolgte, erklärte Grasser, dass dies bei der Meinl Bank wahrscheinlich so üblich gewesen sei. Er habe das Geld nur übergeben, um den Rest habe sich die Bank gekümmert. Belege bei den Geldübergaben holte sich Grasser nicht: "Wenn ich etwas einzahle oder behebe, lasse ich diese Bestätigungen immer in der Bank."

"Das ist nicht richtig"

Die Ferint AG investierte die 500.000 Euro in einen Genussschein der Kärntner Hypo Alpe Adria-Bank. Laut Grasser wurde das Geld so auf rund 780.000 Euro vermehrt.

Im Zuge der Finanzkrise habe er das Geld dann auf eine "sichere Bank" bringen wollen, sagte Grasser. Am 15. Jänner 2009 unterzeichnete er einen Treuhandvertrag mit der Briefkastengesellschaft Mandarin, die ihren Sitz in der Steueroase Belize hat. Suspekt sei ihm das nicht erschienen, erklärte Grasser auf Nachfragen von Hohenecker. Er habe das nicht wirklich wahrgenommen. Denn diese Gesellschaft sei ihm von seinem – ebenfalls angeklagten – Schweizer Vermögensverwalter vorgeschlagen worden.

Im Treuhandvertrag mit der Mandarin, der laut Grasser von dem Vermögensberater aufgesetzt wurde, war von einer "treuhändischen Abwicklung der Weiterleitung einer Darlehensrückzahlung" die Rede. "Das ist sicher nicht richtig", erklärte Grasser.

Es handle sich um das geschenkte Geld der Schwiegermutter, es sei um eine Rückzahlung an sie gegangen, damit sie das Geld für die Enkelkinder veranlage. Hier sei ihm ein Fehler unterlaufen, gestand Grasser.

Aber: "Du liest als Finanzminister nur die wichtigsten Dinge, alles andere ist nicht zu bewältigen." Ansonsten habe er das unterschrieben, was ihm seine Vertrauensleute – etwa leitende Ministeriumsmitarbeiter und Anwälte – vorlegten. Auch im Privatleben habe er das so gehandhabt und daher seine Unterschrift unter den Treuhandvertrag gesetzt.

"Das Geld kam von der Schwiegermutter und ging zu ihr zurück", sagte Grasser. Das beweise auch ein Zusatzvertrag zum Treuhandvertrag, in dem steht, dass die wirtschaftlich Berechtigte seine Schwiegermutter sei. Dieser Vertrag ist, wie der Treuhandvertrag, von Grasser unterschrieben. Die Staatsanwaltschaft bezweifelt, dass es wirklich Grassers Unterschrift ist, da sie anders ausschaue als die sonstigen Unterschriften Grassers. Grasser kontert: Das sei seine Unterschrift.

Die Nobelrestaurants

Thema war auch der Terminkalender des Ex-Politikers. Die Liste der Lokale, in denen sich Grasser mit Politikern, Promis und Industriellen traf, liest sich wie das "who is who" der Wiener Nobelrestaurants. So scheint etwa ein Essen mit dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im "Schwarzen Kamel" genauso auf wie ein Essen mit dem damaligen Formel-1-Piloten Gerhard Berger im Jagdzimmer des "Hotel Sacher". Grasser selber sagte, es sei vor ihm nicht üblich gewesen, dass der Minister etwa in die Kantine des Ministeriums komme. Er habe dies jedoch gemacht. Auch die Telefonzentrale des Hauses habe er besucht, um den Mitarbeiterinnen "Danke" zu sagen.

Unwissenheit und Selbstanzeigen

Behandelt wurden unter anderem ebenfalls die Selbstanzeigen von Walter Meischberger und Peter Hochegger. Der Hintergrund: Meischberger und Hochegger hatten im Zuge der Buwog-Privatisierung 2004 eine Provision in Höhe von 9,6 Millionen Euro kassiert. Laut Anklage handelt es sich dabei um Schmiergeld, 2,4 Millionen Euro sollen auf Grasser entfallen sein. Meischberger und Grasser bestreiten das, Hochegger bejaht das. Die Provision wurde jedenfalls nicht versteuert. Meischberger und Hochegger erstatteten deshalb im September 2009, als die Causa Buwog ins Rollen kam, eine Selbstanzeige.

Grasser gab an, dass er von den Buwog-Provisionszahlungen an Hochegger und Meischberger jahrelang nichts gewusst habe. Meischberger habe ihm erst im Zuge der Selbstanzeige bei einem Gespräch in einem Tuchlauben-Büro davon erzählt: "Ich war überrascht und schockiert, weil ich das nicht wusste", erklärte Grasser. Beunruhigt habe ihn, dass Meischberger ihm erzählte, dass "das Geschäft über Zypern abgewickelt wurde". Das habe nicht gut geklungen. "Warum klingt das nicht gut?", fragte Hohenecker nach. "Weil Meischberger mich gleichzeitig um einen Steuerexperten gebeten hat." Das sei irritierend gewesen und ihm sei klar gewesen, man "muss schauen, was da dahintersteckt", so Grasser.

Wie hoch die Provisionszahlungen waren, habe er damals noch nicht gewusst, erklärte Grasser: "Ich dachte mir, je weniger ich davon weiß, desto besser." Er habe Meischberger aber einen Steuerexperten genannt. Damals sei ihm durch den Kopf gegangen, dass "es besser sei, wenn man die Steuern bald bezahle". Dann würde das Thema möglicherweise rasch von der Bildfläche verschwinden. Allerdings zog die Causa Buwog immer weitere Kreise. Grasser tauchte auf immer mehr Magazin-Covers auf. Der Ex-Politiker war beim Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog und andere Gesellschaften) 2004 Finanzminister. Da Meischberger auch sein bester Freund war, wurde er rasch mit der ganzen Causa in Verbindung gebracht.

Sein Anwalt Manfred Ainedter traf sich nach Bekanntwerden der Selbstanzeigen mit dem zuständigen Staatsanwalt. Dieser habe Ainedter jedoch gesagt: "Wenn Grasser ein Geständnis ablegen will, soll er kommen". Von Anfang habe die Staatsanwaltschaft nicht objektiv ermittelt und entlastende Beweise nicht gewertet, beklagte sich Grasser. Das Verhältnis zu Meischberger kühlte jedenfalls ab – durch Meischbergers Entschuldigung sei aber zumindest der "Rückblick auf die Freundschaft, die wir hatten, erhalten geblieben". Seit acht Jahren habe er Meischberger aber nicht mehr privat gesehen, er habe nicht einmal seine Telefonnummer, erklärte Grasser. Im Gerichtssaal könne man aber wieder gut miteinander reden.

Telekom kommt dazu

Hohenecker verkündete, dass sie das "Faktum Telekom" in den Buwog-Prozess einbeziehen wird. Dabei geht es um angebliche "schwarze Kassen" der Telekom Austria und den Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung. Angeklagt sind dabei Hochegger und Walter Meischberger, die auch im Grasser-Prozess auf der Anklagebank sitzen. Dazu kommt noch der frühere Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer.

Sobald Grasser und ein angeklagter Rechtsanwalt einvernommen wurden, will Hohenecker Meischberger und Hochegger zum Telekom-Faktum befragen. Erst danach wird es mit der Causa Buwog weitergehen. Grassers Einvernahme wird am Donnerstag fortgesetzt.