Wien. Das Justizministerium schaltet sich in die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ein. Christian Pilnacek, der Generalsekretär des Ministeriums, bestätigte Donnerstag die Überprüfung der Hausdurchsuchungen im Rahmen der Fachaufsicht. An der Spitze des Justizministeriums steht Josef Moser, der einst von der FPÖ als Präsident des Rechnungshofs nominiert wurde, nun aber auf einem Ticket der ÖVP in der Regierung sitzt.
"Die Situation wird von uns derzeit eingehend geprüft", erklärte Pilnacek laut einer gemeinsamen Aussendung von "profil" und "Standard". Es werde überprüft, ob die Ermittlungsmaßnahmen verhältnismäßig waren. Das Justizministerium übe seine Fachaufsicht über die WKStA - in Zusammenarbeit mit der Oberstaatsanwaltschaft - aus, erklärte er im "Abendjournal" des ORF-Radios.
Causa als
Verschlusssache
Vom Justizministerium untersucht wird laut "Standard", warum die - vom FPÖ-Gewerkschafter und -Politiker Wolfgang Preiszler geleitete - Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) mit den Hausdurchsuchungen beauftragt war. Schwerbewaffnete Beamte dieser Einsatzgruppe marschierten demnach am Mittwoch, dem 28. Februar diesen Jahres, mit schusssicheren Westen im BVT im dritten Wiener Bezirk ein und haben auch Privatwohnungen Beschuldigter durchsucht. Die finale Entscheidung dazu sei von dem - von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) installierten - Generalsekretär Peter Goldgruber gekommen. Auskunft darüber gaben aber weder er noch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, weil es sich um eine Verschlusssache handle.
Weiters prüfe das Justizministerium laut Pilnacek, dass von der Straßenkriminalitäts-Einsatzgruppe bei den Hausdurchsuchungen nicht nur Unterlagen der Beschuldigten mitgenommen wurden, sondern auch die Festplatte einer Referatsleiterin für Extremismus, Sibylle Geißler. Sie wird allerdings nur als Zeugin geführt. Auf ihrer Festplatte findet sich der gesamte Extremismus-Ermittlungsstand des BVT zurück bis ins Jahr 2006, darunter auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zu Burschenschaftern und Identitären.
Goldgruber nennt Medienberichte zur Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung "Fake News". Dass sich das Innenministerium "durch eine von einem FPÖ-Mitglied geführte Einheit Zugang zu Rechtsextremismus-Daten" verschaffen habe wollen, wies er als "medial konstruierte Geschichte" zurück. "Profil" und "Standard" würden "Spekulationen" über die Ermittlungen gegen BVT-Mitarbeiter verbreiten, erklärte Goldgruber am Donnerstagabend.
Goldgruber weist Spekulationen zurück
Das Verfahren werde von der WKStA geführt. Die Hausdurchsuchungen seien "ebenfalls von Staatsanwälten geleitet (worden), die allfällige Daten mit eigenem Personal gesichert und auch mitgenommen haben". Die EGS sei "für den Einsatz angefordert" worden und habe "diese staatsanwaltlichen Aktionen lediglich begleitet". Welche Daten dabei beschlagnahmt wurden, "entzieht sich der Kenntnis des Innenministeriums sowie auch der der eingesetzten EGS-Polizisten, die zu keinem Zeitpunkt in Besitz dieser Daten waren". Die Daten lägen bei der WKStA und würden von dieser ausgewertet.
BVT-Chef Peter Gridling ist unterdessen laut "Standard" seit 2. März in Urlaub gegangen. Es ist ungewöhnlich, dass der Leiter einer Behörde in solch einer turbulenten Situation das Steuer aus der Hand gibt. Am 20. März läuft sein alter Vertrag aus, am gleichen Tag soll, so heißt es, zumindest interimistisch ein neuer BVT-Chef verkündet werden. Allerdings: Gridlings Vertrag sei im Herbst de facto verlängert worden, denn er erhielt nicht die sechs Monate vor Funktionsende übliche Information über die Nichtverlängerung.
Am 20. März werden sich auch Parlamentarier mit der Causa beschäftigen, nämlich in der Sitzung des vertraulichen Unterausschusses des Innenausschusses zur Kontrolle der Nachrichtendienste. Bis dahin soll der Bericht des Justizministeriums laut Pilnacek vorliegen.
Auf jeden Fall das Innenministerium verlassen wird ein hochrangiger Mitarbeiter. Michael Kloibmüller wird auch seine Funktion als Leiter der Präsidialsektion zurücklegen und in die Privatwirtschaft wechseln. Laut Innenministerium tut er dies auf eigenen Wunsch.