Wien. Ein Amtshilfe-Ersuchen hätte es auch getan. So könnte man unterm Strich den am Dienstag veröffentlichten Entscheid des Oberlandesgerichts Wien (OLG) zusammenfassen. Die im Februar erfolgte, hochumstrittene Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) war demnach größtenteils rechtswidrig, die ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat mit dem bei einem Journalrichter auf recht kurzem Wege erwirkten Durchsuchungsbeschluss zu einem "nicht verhältnismäßigen" Mittel gegriffen. Die OLG-Beschwerde hatten betroffene BVT-Mitarbeiter angestrengt. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht zuvor die Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling und anderen Verfassungsschützern aufgehoben hatte, bedeutet die gerichtliche Entscheidung nun vor allem einen weiteren Rückschlag FPÖ-Innenminister Herbert Kickl - in politischer Hinsicht, weniger in juristischer. Aber der Reihe nach.

Aus der vorliegenden Stellungnahme des OLG Wien geht hervor, dass es dem Innenministerium und damit Herbert Kickls Behörde selbst oblegen hätte, einem Amtshilfe-Begehren der Staatsanwaltschaft Folge zu leisten. Schließlich ist das BVT dem Innenministerium untergeordnet. Das OLG unterstreicht aber auch, dass der vorliegende Spruch die "Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts" betrifft, nicht aber die Arbeit der ermittelnden Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Allerdings: Was im Juristendeutsch "erstinstanzliche Entscheidung" genannt wird, ist faktisch nicht mehr als eine simple Unterschrift. Diejenige des Journalrichters nämlich, der das von der WKStA verfasste Begehren bewilligte.

Kurz gesagt: Der Journalrichter hätte ablehnen und die Staatsanwälte auf den Weg der Amtshilfe verweisen sollen. Das betrifft die gesamte Razzia in den Räumlichkeiten des BVT sowie drei von vier Hausdurchsuchungen in den Privatwohnungen der betroffenen BVT-Mitarbeiter. Nur in einem Fall habe man davon ausgehen können, dass ein Verfassungsschützer tatsächlich Beweise, in dem Fall Datenmaterial, bei sich zu Hause aufbewahrt haben könnte.

WKStA: "Auswirkungen prüfen"

Prinzipiell schließe das Gesetz auch eine Durchsuchung bei einer "mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Behörde" nicht aus, schreibt das OLG. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Journalrichter habe es aber an "aktenkundigen Anhaltspunkten" gemangelt, aus denen hervorgegangen wäre, dass die Behörde einem Amtshilfeersuchen nicht nachgekommen wäre. Legitim wäre eine Durchsuchung auch gewesen, wenn im Falle eines Amtshilfe-Gesuchs dieses von genau den Beamten geleistet werden hätte müssen, gegen die ermittelt wird - die Beamten hätten sich in diesem Fall möglicherweise selbst belasten können, was von Rechts wegen ausgeschlossen ist. Das wäre im gegenständlichen Fall nicht möglich gewesen: Das BVT untersteht wie gesagt dem BMI, das Ministerium selbst als übergeordnete Organisationseinheit hätte die Amtshilfe zu leisten gehabt.