Es gibt einen Moment gleich zu Anfang dieses wunderbaren Films, der rührt einen zu Tränen, ohne dabei besonders traurig zu sein. Es ist dies eine Sequenz aus Postkartenidyllen, eine Kamera, die über saftig grüne Wiesen streift, eine Alm, inmitten intakter Natur, mächtige Berge, ein Bauernhof, das Dreschen von Weizen, die bäuerliche Arbeit, eine junge Frau und ein junger Mann, die sich ganz augenscheinlich nach einander verzehren, eine Liebe, die zwei Kinder brachte, und ein Moment, da der Vater seine beiden kleinen Töchter liebevoll herzt, dass einem dieses Idyll die Tränen abverlangt; noch oft in diesem Film wird Terrence Malick dieses Kunststück gelingen, denn sein "A Hidden Life" perfektioniert die Form, die er seit "Tree of Life" in all seinen Filmen angewandt hat. Die rastlose, aber immer elegante Kamera, immer auf Augenhöhe mit den Protagonisten, ein Schwebezustand, philosophisch angereichert mit sehr viel Off-Text, in dem es um das Leben, die Liebe und den Glauben geht.

Malick erzählt in "A Hidden Life" auf diese Weise in knapp drei atemberaubenden Stunden die Geschichte des Franz Jägerstätter, eines Bergbauern aus St. Radegund in Oberösterreich. Jägerstätter wehrte sich dereinst gegen die Nazis, als einziger in seinem Dorf, was am Ende zu seiner Verhaftung und später zu seiner Ermordung führte. Es ist ein bekannter Fall des österreichischen Widerstands, und auch, wenn Malick seine Geschichte stark in der Optik der heimischen Alpen verortet, so ist dieses Einzelschicksal doch sehr universell erzählt. "Der Film zeigt, dass wir in unseren heutigen Gesellschaften viel uniformer sind", sagt August Diehl, der Jägerstätter im Film spielt. "Niemand hat heute mehr den Mut, gegen etwas zu sein. Alle schwimmen im selben Strom mit, keiner hinterfragt doch, ob das richtig ist, was wir tun. Jägerstätter war jemand, der aus dem Bauch heraus befand, dass die Nazis der falsche Weg sind. Diese Haltung, sich auf das Bauchgefühl zu verlassen, wird seltener", findet Diehl.

Film über Krieg ohne Schlachtfelder

Dieser Brückenschlag ins Heute ist, angesichts der derzeitigen politischen Lage in Europa mit vielen rechten Tendenzen, die zunächst logische Schlussfolgerung, es wäre Malicks Ansinnen, dass der Film auch zeitkritisch gelesen wird. Doch entstand "A Hidden Life" bereits 2016, lange vor der Wahl 2017. Aber es stimmt schon: Malick zeigt die komplexe Verquickung gesellschaftlicher Mechanismen auf, die die Politik und den Glauben determinieren - das ist ein sehr zeitgenössischer und zeitkritischer Ansatz.

Malick gelingt jedenfalls das Kunststück, einen Film über den Krieg zu drehen, ohne dabei Schlachtfelder zu zeigen. An den Anfang stellt er Bilder aus Leni Riefenstahls "Triumph des Willens", als Ouvertüre für das, was die nachfolgende heile Bergwelt bald ins Wanken bringen wird. Jägerstätter und seine Frau Fani (absolut preisverdächtig: Valerie Pachner) verweigern sich konsequent dem aufkeimenden Nationalsozialismus, werden im Dorf bald angefeindet, sowohl vom Bürgermeister (Karl Markovics) als auch vom Pfarrer (Tobias Moretti). Weil er den Kriegsdienst verweigert, wird Jägerstätter schließlich wegen "Wehrdienstzersetzung" inhaftiert, von einem Richter (Bruno Ganz in einer seiner letzten Rollen) verurteilt und hingerichtet.

Malick erzählt all dies in einer Abfolge präzise und durchdacht geschnittener Sequenzen, die Off-Kommentare werden dominiert von des Briefwechseln zwischen Jägerstätter und seiner Frau, was diesem Erzählkonzept einen dramaturgischen Sinn gibt und sich daher vom monologartigen Erzählen der letzten Malick-Filme abhebt. Die Kombination der Bilder mit dem hinreißenden Zusammenspiel der beiden Protagonisten produziert eine emotionale Wucht, die im Kino selten geworden ist. Es ist schon nach 15 Minuten so, als habe man hier die Goldene Palme gesehen. Und dieses Gefühl geht bis zur letzten Szene nicht mehr weg.