Steigende Energiepreise und die drängende Frage, was passiert, wenn es aufgrund des Kriegs in der Ukraine nicht genügend Gas zur Stromerzeugung und zum Heizen gibt, sorgen für einen Aufschwung bei grünen Unternehmen in Österreich. "Seit der Ukraine-Krieg begonnen hat, ist die Nachfrage um 300 Prozent gestiegen," sagt Christoph Grimmer, Co-Gründer und CEO des Grazer Energie-Start-ups EET Energy. Sein Unternehmen stellt Photovoltaikanlagen her, die man unkompliziert am Balkon befestigen kann und die bis zu 25 Prozent des Energiebedarfs eines Haushaltes decken können. "Gleichzeitig steigen die Preise. Gerade von Aluminium, das bei Photovoltaikanlagen benötigt wird," sagt Grimmer. Aktuelle Bestellungen kann EET erst im Sommer ausliefern.
Nachfrage verzehnfacht
Auch Blue Power kann sich vor Anfragen kaum wehren. Die Nachfrage nach den wartungsfreien Kleinwindkraftanlagen des Unternehmens hat sich monatlich verzehnfacht, und das schon seit November 2021, sagt Geschäftsführer Herbert Gösweiner. Ausschlaggebend dafür seien der EU-Green Deal und die Taxonomieverordnung, vermutet er. Es stellten sich in der aktuellen Situation aber auch mehr Betriebe die Frage, wie sie Energiekosten einsparen können - oder, im Falle von Handelsunternehmen, wie sie ihre Kunden mit Heim-Lösungen und eigener Stromerzeugung bedienen können. "Es herrscht ein großer Marktdruck", sagt Gösweiner. Die Kleinwindturbinen von Blue Power seien im Mikrowindbereich im Einsatz und erzeugen 24 Stunden am Tag Strom, solange es Wind gibt. Gösweiner sieht sein Produkt als Ergänzung zu Photovoltaikanlagen, genau wie zwei Drittel seiner Kunden: Sie wollen eine Kleiwindturbine zu ihrer PV-Anlage dazu. Eingestellt habe er sich auf gewerbliche Nutzer, aber zu seinen Kundinnen und Kunden zählen zu je einem Drittel Private, Landwirte sowie Gewerbebetriebe. Den Großteil der Vorprodukte für seine Windkraftwerke bezieht Gösweiner aus Österreich, einzelne Komponenten, wie etwa Generatoren, sind infolge des Kriegs aber um bis zu 100 Prozent teurer geworden.
Die Nachfrage nach erneuerbarer Energie habe aber bereits in den vergangenen Jahren an Fahrt aufgenommen, sagt Grimmer von EET. Wäre sein Start-up vor zehn Jahren bereits auf dem Markt gewesen, wäre die Akzeptanz sicherlich nicht so hoch gewesen, mutmaßt der Jungunternehmer, dessen Team innerhalb kurzer Zeit auf 30 Mitglieder gewachsen ist. Tatsächlich stieg die Nachfrage und Nutzung von erneuerbaren Energiequellen in den vergangenen Jahren kontinuierlich, allerdings nicht in allen Bereichen gleichmäßig. Bis 2020 war die Nachfrage nach Biomassekesseln, Photovoltaik und Wärmepumpen hoch, während sie nach Biomasseöfen, Solarthermie und Windkraft sank, ermittelten Forscherinnen und Forscher in einer Analyse zur Marktentwicklung von innovativen Energietechnologien für das Klimaschutzministerium. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energienutzung in Österreich beträgt demnach 33,6 Prozent, und es bräuchte laut den Experten eine "effektive und effiziente Implementierung energie- und umweltpolitischer Instrumente", um den Anteil zu steigern. Beim Anteil Erneuerbarer an der Stromerzeugung ist Österreich mit 78 Prozent laut Eurostat EU-weit an der Spitze.
Autarke Versorgung
Die eigene Solaranlage oder Windturbine auf dem Dach ermöglicht derzeit noch keine komplette Unabhängigkeit vom lokalen Stromanbieter, weil die hier beschriebenen Angebote nicht so viel Strom speichern können oder Überschussstrom vom Sommer im Winter nutzbar machen. Doch auch hierfür gibt es schon Lösungen, etwa von der steirischen Firma EEG. Mit ihrem "Johann" hat das Start-up einen Wasserstoffspeicher entwickelt, der beispielsweise kritische Infrastruktur mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgen kann. "Wir nutzen den Wasserstoff als Energieträger", erklärt Philipp Wünscher das System. Mit dem überschüssigen Strom wird Wasserstoff hergestellt, indem mit einer Elektrolysezelle Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Im Umkehrprozess entsteht aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrischer Strom.
In Schladming ist bereits ein "Johann" im Einsatz: Das Messezentrum, das im Fall eines Blackouts zu einem Krisenstab wird, kann somit autark versorgt werden. Pläne, wonach auch die Seilbahnen durchgehend von "Johann" versorgt werden, sind in Umsetzung.
Die Jungunternehmen im erneuerbaren Sektor werden nicht nur von Kunden, sondern auch von der Politik umworben an Förderungen fehlt es nicht. Allerdings sehen auch sie die Politik gefordert, bessere rechtliche Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien zu gewährleisten. Herbert Gösweiner von Blue Power etwa sagt: "Manche glauben noch immer, vor allem in manchen Bundesländern, dass man mit Verhinderung die Welt von morgen machen kann." Als positives Signal aber wertet er die geplanten Förderungen der Bundesregierung für Endkunden.