Wien. Kritik an Mitgliedern der schwarz-blauen Bundesregierung unter Wolfgang Schüssel (ÖVP), aber auch an Flugzeughersteller EADS/Eurofighter übt Verfahrensrichter Ronald Rohrer in seinem Entwurf für den Endbericht zum dritten (und wohl letzten) parlamentarischen Eurofighter-U-Ausschuss. Der Nachweis individueller Bestechung österreichischer Entscheidungsträger konnte nicht erbracht werden.
"Die unter Wahrheitspflicht stehenden Auskunftspersonen verneinten diese Frage spontan und ohne jede Einschränkung", heißt es in dem der APA vorliegenden 440-Seiten-Papier über Zuwendungen an Politiker, Beamte oder Parteien im Zusammenhang mit der Flugzeugbeschaffung in den Jahren 2002 und 2003. Es habe auch kein "Hinweis auf den oder die letzten Empfänger der durch ein Netzwerk von Offshore-Firmen geschleusten Gelder gefunden werden" können.
Damit bleibt weiterhin unklar, was mit den 90 Millionen Euro, die laut eines Strafbefehls des Amtsgerichts München aus dem EADS-Konzern ausgeschleust wurden, passiert ist, ob damit eben "Bestechungsgelder für österreichische Entscheidungsträger oder Parteien generiert wurden", wie es bei Rohrer heißt.
Unklarheit über Zahlung
Bezüglich individueller Zahlungen war im Ausschuss am Ende ein Papier mit einer Summe von 1,5 Mio. Euro aufgetaucht, zahlbar an die frühere FPÖ/BZÖ/Stronach/Team-NÖ-Politikerin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger. Ob dies tatsächlich ein Scheck war und ob er eingelöst wurde, konnte wegen der vorzeitigen Auflösung des Nationalrats nicht mehr aufgeklärt werden. Die Ex-Politikerin hatte sich zweimal einer Befragung durch ärztliche Entschuldigung entzogen, in Medienberichten den Erhalt verneint.
Auch wenn beim Punkt Bestechung die "smoking gun" fehlt, spricht Verfahrensrichter Rohrer zur politischen Verantwortung für Fehlleistungen beim Kampfflugzeugkauf Klartext. Kritisiert wird etwa der damalige FPÖ-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, aber auch sein Parteikollege, Verteidigungsminister Herbert Scheibner. "Durch Herbeiführen einer Typenentscheidung zu Gunsten des teuren Eurofighter überschritt Grasser nicht nur deutlich seine Zuständigkeit als Finanzminister, sondern verstieß auch gegen den gesetzlichen Grundsatz zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Verwaltung", heißt es.
Scheibner habe gegen dieses Gebot ebenfalls verstoßen, nämlich indem er Grasser nachgegeben habe. Die schwarz-blaue Bundesregierung habe sich zum "Kauf einer noch zu entwickelnden Flugzeuggeneration" entschieden und die Höhe der Betriebskosten und der "Life-Cycle-Costs" nicht beachtet; für Rohrer ein "Verstoß gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit".
Kritik an Gegengeschäften
Auch an Dokumentation und adäquaten Strukturen habe es bei den Vertragsverhandlungen gemangelt. "Umso weniger ist verständlich, dass die gesamte Verhandlungs- und Vertragsabwicklung einem einzigen Mann federführend, nämlich dem Leiter der Einkaufsabteilung, überlassen wurde." Gemeint ist hier der Chefverhandler im Verteidigungsministerium, Edwin Wall, dem im Zuge des Ausschusses eigenmächtige Änderungen in letzter Minute vorgeworfen wurden.
Explizit keine endgültige Bewertung wird im Bericht über den 2007 unter SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos abgeschlossenen Vergleich mit Eurofighter abgeben. Andererseits wird darauf hingewiesen, dass eine Umrüstung der jetzigen abgespeckten Eurofighter auf die ursprünglich bestellte Ausstattung 650 Mio. Euro kosten würde; und das bei nur 250 Millionen Euro Nettopreisreduktion durch den Darabos-Deal.
Schwere Kritik setzt es beim Gegengeschäftsvertrag, bei dem es zur Missachtung vergaberechtlicher Grundsätze und zu Nachverhandlungen gekommen sei, die die Position der Republik geschwächt hätten. Auch Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel wird kritisiert, es sei dessen Wunsch gewesen, die abzuschließenden Gegengeschäfte mit "international unüblichen" 200 Prozent der Kaufsumme festzusetzen.
Tatsächlich empört wirkt Rohrer in dem Bericht aber über Verhandlungspartner Eurofighter, der die Pflicht zum Ausweisen der Gegengeschäftskosten (wie in der Angeboteinholung festgelegt) als nicht existent darzustellen versuchte. "Es darf darauf verwiesen werden, dass der Mitbewerber Saab offenkundig in der Lage war, diesen einfach strukturierten Satz zu verstehen und in seinem Angebot die Gegengeschäftskosten gesondert auswies."