Graz/Wien. (greu/red) Virtuelle Realitäten, 360-Grad-Filme, "Augmented Reality" - diese Schlagworte beschäftigten die Filmindustrie in den vergangenen Jahren nachhaltig, ging es dem Kino immer schon um neue Seh-Erlebnisse und das Entführen in eine andere Welt. Die Diagonale in Graz begann bereits im Vorjahr, die relativ neuen Felder der Virtual Reality (VR) zu erforschen. Auch heuer öffnet das Festival neuen visuellen Erfahrungen Tür und Tor. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen entsteht im Schubertkino ein Labor, das zum Austesten, Weiterdenken und Diskutieren einlädt. Neben dem Screening von CGI-, VR- und 360-Grad-Arbeiten bieten Workshops und Präsentationen die Möglichkeit, aktuelle Technologien näher kennenzulernen.

Im Rahmen dieses Experimentier-Pools ist in diesem Jahr auch ein Projekt der "Wiener Zeitung" mit dabei: Bei "escape velocity" handelt es sich um vier Virtual-Reality-Episoden, produziert vom Wiener Film- und VR-Unternehmen "Junge Römer", die sich rund um das Thema Flucht und Asyl drehen. Bei einer dieser Geschichten führte Thomas Seifert, stellvertretender Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Regie.

Dieses VR-Dokumentarfilm-Segment zeigt das Leben des aus Damaskus stammenden Ahmed Bilal und seiner Familie im "LM Village"-Flüchtlingscamp auf dem Peloponnes in Griechenland. Hannah Greber, freie Mitarbeiterin der "Wiener Zeitung", erzählt von der Wien-Liebe des afghanischen Flüchtlings Emran. Schon im Jahr 2015 erregte die "Wiener Zeitung" mit einer VR-Dokumentarfilm über das Flüchtlingslager Moussa Taleb im Libanon Aufmerksamkeit. Das Projekt wurde damals mit dem Wiener VR-Unternehmen VRisch umgesetzt und 2016 mit dem Prälat Ungar Journalistinnenpreis prämiert und landete auf der Shortlist des renommiertesten Journalistenpreises für den deutschsprachigen Raum, dem Henri-Nannen-Preis, der jedes Jahr vom deutschen Verlagshaus Gruner + Jahr vergeben wird.

"Die ‚Wiener Zeitung‘ war im deutschsprachigen Raum neben der ,Süddeutschen Zeitung‘, Arte und dem ORF eines der ersten Medienunternehmen, die sich mit einem aufwendigen Projekt an VR heranwagten. Diese Expertise wird die ,Wiener Zeitung‘ weiter ausbauen: Denn auch, wenn die Technologie noch in den Kinderschuhen steckt, so zeigen die Erfahrungen der Vergangenheit, dass es unumgänglich ist, von Anfang an neue Technologien zu nutzen und neue Formen des Storytellings zu entwickeln", sagt Thomas Seifert.

Neben diesen beiden VR-Dokus wurden zwei weitere Geschichten als VR-Drama umgesetzt: Der aus dem Iran geflüchtete Drehbuchautor und Regisseur Amirabbas Gudarzi erzählt die Geschichte eines iranischen Mädchens, das für seine Eltern, die kaum Deutsch sprechen, übersetzen muss und dabei in ein Dilemma gerät. Florian Binder hat die Story des Palästinensers Jihad Al-Khatib umgesetzt. Der Schauspieler Jihad - der wegen seines Vornamens immer wieder Probleme hat - ist simultan in vier Bühnenbildern zu sehen.

"Virtual Reality ist eine Empathiemaschine", sagt Andreas Fraunberger, Co-Geschäftsführer der Video-Produktionsfirma "Junge Römer". Dass vier Flüchtlingsschicksale in VR-Stories erzählt werden, liege nahe. Das Projekt "escape velocity" wurde von der Wirtschaftsagentur Wien gefördert.