Heute bereut Kali seine Entscheidung zutiefst, hat Schuldgefühle und würde am liebsten das Rad der Zeit zurückdrehen. "Meine Frau trägt nur noch Schwarz, seit sie die Kinder verloren hat. Ihr Herz ist gebrochen", sagte er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" in Dohuk im Nordirak. Seine Mutter sei bald nach der Tragödie gestorben - Hazim Kali vermutet, dass der Schmerz über den Verlust ihres Sohnes und der Enkel sie ins Grab gebracht hat.
Kali erfuhr erst mit 20 Tagen Verspätung von der Tragödie. Denn als der Kontakt zu Sohn und Tochter abgebrochen war, hatte ein Schlepper Hazim Kali zunächst erklärt, er solle sich keine Sorgen machen, die Kinder seien wohl im Gefängnis gelandet und nur deshalb nicht erreichbar. Doch dann kam der Schock. Ein Vater eines Opfers von Parndorf hat ihn angerufen. Was er gesagt hat, hat sich Kali ins Gedächtnis eingebrannt: "Ich habe gehört, Sie hatten auch Kinder in dem Schlepper-Lkw mit den Toten...". Einige Tage danach wurden Leichen der Kinder und des Bruders in den Irak überstellt und dort begraben. Heute hat die Familie wieder eine kleine Tochter, sie trägt den Namen der verstorbenen Schwester Elin. Eines Tages möchte Kali die Orte in Ungarn und Österreich besuchen, wo zwei seiner Kinder ihr Leben lassen mussten. Vielleicht wird ihm das zu einem Jahrestag der Tragödie von Parndorf ermöglicht, so die Hoffnung des von Hazim Kali.
Der Fall ist abgeschlossen
Für die Gerichte ist der Fall längst abgeschlossen. Der Prozess, der am 21. Juni 2017 am Gericht im südungarischen Kecskemet begonnen hatte, endete am 20. Juni 2019 mit dem Berufungsverfahren im südungarischen Szeged. Angeklagt waren insgesamt 14 Personen, davon zwei Afghanen, elf Bulgaren und ein bulgarisch-libanesischer Staatsbürger.
Drei der vier Angeklagten erhielten lebenslange Haftstrafen ohne die Chance einer vorzeitigen Entlassung. Einer der Angeklagten hatte mit den Behörden kooperiert - er soll nach 30 Jahren Haft die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung erhalten. Richter Erik Mezölaki begründete sein Urteil damit, dass sich die Hauptangeklagten darüber im Klaren gewesen seien, dass die Menschen im hermetisch abgeschlossenen Kühl-Lkw ersticken könnten. Ebenso sei ihnen bewusst gewesen, dass der Laderaum von innen nicht zu öffnen war und so haben sie den Tod der Flüchtlinge in Kauf genommen. Die übrigen zehn Angeklagten in dem Schlepper-Prozess wurden zu Strafen zwischen vier und acht Jahren verurteilt. Zwei Angeklagte sind immer noch flüchtig - sie wurden in Abwesenheit zu jeweils acht Jahren Haft verurteilt.
Die Behörden konnten den Schleppern insgesamt 31 Schleuse-Fahrten nachweisen, insgesamt sind den Behörden 34 Schleusungen der Bande bekannt, die Schlepper mussten an den rund 1200 Menschen, die sie geschleust haben, wohl hunderttausende Euro verdient haben. Selbst am Tag nach der Todesfahrt von Parndorf sind die Schlepper ungerührt ihren Geschäften nachgegangen und haben erneut 67 Flüchtlinge in einen Lastwagen gepfercht. Diese Gruppe hat die Fahrt nach Österreich nur deshalb überlebt, weil sie ein Loch in die Wand treten konnten.