Die österreichischen Gerichtsmediziner gehen davon aus, dass der Tod bei den meisten Menschen im Kühl-Lkw zwischen 04:45 Uhr und 06:50 Uhr eingetreten ist, also in Ungarn auf der Strecke M5 Domaszek Kilometer 164,7 und M5 Ocsa Kilometer 29,3. Um 6:10 Uhr geht ein Anruf an den Afghanen Samsoor L.. Fahrer Ivajlo S. sagt: "Sie schreien einfach die ganze Zeit, du kannst dir gar nicht vorstellen, was hier los ist, wie sie schreien." Beim Erreichen der Grenze ist es dann still, alle Passagiere sind längst tot. Der Volvo-Transporter überquert die Grenze um 9.16 Uhr. Um 9.40 Uhr bleibt Todorov B. mit seinem Audi in einer Pannenbucht stehen, A4 Fahrtrichtung Wien, Kilometer 41,38 bei Parndorf. Kurz darauf hält dort auch Ivajlo S. seinen Transporter. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit", so steht es in den Akten, steigt er nun in den schwarzen Audi von Vencislav T. Die beiden fahren weiter Richtung Wien. Den Laster lassen sie dort stehen.

25 Stunden später, am 27. August um 10.50 Uhr steigt der Verkehrspolizist Gruppeninspektor Harald Seitz aus seinem VW-Passat Streifenwagen, um den Kühl-Lkw, der in der Pannenbucht Straßenkilometer 41,38 auf der A4-Ostautobahn abgestellt ist, zu überprüfen.

Er sieht, wie an der Ladetür dunkelrote Flüssigkeit auf den Asphalt tropft. Er nimmt Verwesungsgeruch wahr, sieht das Hühnerlogo auf dem Laster und denkt zuerst an verdorbene Fracht. Er öffnet die Tür, er sieht reglose Körper am Boden liegen, der Verwesungsgeruch raubt ihm die Sinne. Da ist nichts mehr zu machen, das ist ihm rasch klar. Er schickt eine Kurznachricht an seine Dienststelle: "Lkw mit circa 20 Toten auf A4 Parndorf aufgefunden." Die Sicherheitsbehörden arbeiten nun schnell: Noch am selben Tag werden die Hauptverdächtigen in Ungarn geschnappt.

Weil die Opfer noch auf ungarischem Boden starben, wird den Schleppern in Ungarn der Prozess gemacht werden. Hazim Kali, dessen Sohn, Tochter und Bruder in diesem Kühl-Lkw gestorben ist, will noch wissen, ob in Österreich etwas darüber bekannt ist, ob die Opfer furchtbar leiden mussten. Er erfährt, dass die Forensiker keine Spuren auf körperliche Qualen vor dem Tod gefunden haben, dass die Gerichtsmediziner davon ausgehen, dass die meisten einfach wegen des Sauerstoffmangels das Bewusstsein verloren haben. Die Forensiker gehen aber von Panik und Todesangst aus, denn schließlich müssen die Passagiere mitbekommen haben, wie einer nach dem anderen zusammensackt. Kali nickt nur, sagt nichts und hält sein Smartphone fest umklammert, als wäre dieses Telefon mit den Bildern am Speicher-Chip das Letzte, was ihm in seinem Leben noch geblieben ist.