Ramallah. Die Anerkennung als Beobachterstaat durch die UN-Vollversammlung war am Freitag Inhalt zahlreicher Pressekommentare:

  "The Times" (London):

  "Die Weigerung der Hamas, den jüdischen Staat anzuerkennen und die fortgesetzten Raketen-Abschüsse auf zivile Ziele in Israel bis zur kürzlichen Feuerpause waren mit Abstand die wichtigsten Hindernisse für Israel, direkte Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen, die vier Jahre lang dahinsiechten. Jedes Element, das den Status von (Palästinenserpräsident) Abbas auf Kosten der Hamas verstärkt, könnte helfen, diese Hindernisse zu beseitigen. Was auch immer in den nächsten Wochen passieren mag: Mit diesem Votum der UN-Vollversammlung kann sich Abbas rühmen, einen wichtigen diplomatischen Coup gelandet zu haben, was der Hamas niemals gelingen kann."

   "NRC Handelsblad" (Amsterdam):

  "Gegner des neuen Status von Palästina befürchten, dass der Friedensprozess im Nahen Osten dadurch gestört würde. Die Frage ist nur: welcher Friedensprozess? Es ist eine abgenutzte, unglaubwürdige Entschuldigung, um die Anerkennung eines Staates Palästina weiterhin zu vermeiden. (...) Die direkten Folgen einer solchen Anerkennung sind noch nicht abzusehen. Aber es liegt auf der Hand, dass Palästina den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erneut um eine Untersuchung von möglichen Kriegsverbrechen in Gaza in 2008 und 2009 ersuchen könnte. Das wäre peinlich für Israel, auch wenn das Land das Gericht nicht anerkennt. Das Gericht wies einen früheren Versuch Palästinas ab, weil es formal keinen Staat bildete. Nun wird der IStGH nochmals darüber nachdenken müssen."

  "Luxemburger Wort" (Luxemburg):

  "Die Aufwertung des Palästinenser-Status bei der UNO ist unabdingbar, um die Rolle von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas gegenüber der Hamas zu stärken. Sie ist politisch gesehen ein extrem wichtiges Signal dafür, dass das gewaltlose Vorgehen Abbas' der richtige Weg ist. Gleichzeitig darf man sich nichts vormachen: Die Aufwertung Palästinas hat zwar eine große symbolische Bedeutung. Ein Allheilmittel für den Nahostkonflikt ist sie jedoch nicht. Sie wird jedoch zumindest die Verhandlungsposition der Palästinenser Tel Aviv gegenüber stärken. Denn die mehrheitliche Zustimmung in der UN-Vollversammlung ist auch ein Signal an Israel: Nämlich jenes, dass Letzteres nicht auf die uneingeschränkte Unterstützung der 193 UN-Mitglieder zählen kann."

   "Frankfurter Rundschau":

  "Dass Israel sich vehement gegen die Aufwertung Palästinas wehrt, ist nicht schön, aber auch nicht entscheidend. Auf das Einverständnis Serbiens hat Berlin auch nicht gewartet, als es 2008 die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Falle Palästinas anders entschieden. Und selbst wenn diese Entscheidung falsch ist, stellt sie etwas dar, was in Merkels zweiter Amtszeit sonst kaum zu sehen ist: Echte Außenpolitik. Eine Politik, die nicht dem persönlichen Belieben, der Tagesaktualität oder den heimischen Umfrageergebnissen geschuldet ist, sondern ein strategisches Interesse definiert."

   "Stuttgarter Zeitung" :

  "Der Einfluss Deutschlands in der Region ist nicht gering, aber etwas bewegen kann die deutsche Diplomatie im Alleingang nicht. Nur ein geeintes Europa könnte Fortschritte erzwingen. Eine gemeinsame europäische Linie tut not, weil die USA erkennbar das Interesse an der Region verlieren und sowohl Nordafrika als auch den Nahen Osten zunehmend als Vorhof Europas betrachten, auf dem die Europäer künftig gefälligst selbst nach dem Rechten sehen sollen. Washingtons Blick ist dem Pazifikraum zugewandt."

   "La Razón" (Madrid):

  "Der UN-Beitritt Palästinas ist unter den gegenwärtigen Umständen ein ernsthaftes Hindernis für die Befriedung der Region. Hätte man dem Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas eine klare Absage erteilt, hätte das seinen politischen Tod bedeutet. Somit hätte man den Hamas-Fanatikern den Weg freigemacht, um sich als einziger Gesprächspartner der palästinensischen Interessen aufzuspielen.

  Die internationale Erfahrung zeigt jedoch, dass man mit Zugeständnissen an Terroristen dem Frieden niemals näher kommt. Diese sollten pausenlos und ohne Gegenleistungen bekämpft werden. Mit seinem diplomatischen Erfolg hat der Palästinenserpräsident wahrscheinlich etwas Zeit gewonnen. Mittelfristig wird er aber erneut vor dem Abgrund stehen, wenn Hamas nicht besiegt und Gaza nicht von ihrer Terrordiktatur befreit wird."