
Washington. (is/schmoe/wak) Prismen werden in der Augenheilkunde verwendet, um bei Fehlstellungen ein scharfes Sehen möglich zu machen. Die USA verwendet ein Prisma (PRISM) um Nicht-US-Bürger, die außerhalb der USA leben, im Dienst der US-Sicherheit transparent machen zu können.
Der US-Geheimdienst hat Medienberichten zufolge direkten Zugang zu den Computersystemen von zumindest neun der führenden Internet-Konzerne des Landes. Demnach greift der Geheimdienst auf private E-Mails, Fotos, Videos, Dokumente und Audio-Dateien zu. Laut der Wochenzeitung "The Week" werden die Daten von mindestens 50 US-Unternehmen gesaugt - darunter auch Kreditkartenunternehmen.
Dabei muss der Geheimdienst die Unternehmen nicht ausspionieren. Wie die "Washington Post" am Donnerstag berichtete, arbeiten die Unternehmen Microsoft (seit 2007), Yahoo, Google, Facebook, dem Chatprogramm PalTalk, AOL, Skype, YouTube und Apple (seit 2012) wissentlich als Teil des PRISM-Programms mit dem Nachrichtendienst NSA und dem FBI zusammen. Der Speicherdienst Dropbox solle "in Kürze" dazustoßen. In ersten Stellungnahmen wiesen mehrere der Konzerne den Vorwurf zurück, direkten Zugang zu ihren Servern zu gewähren. Apple ließ ausrichten, man habe noch nie von PRISM gehört.
Aber in US-Kreisen wurde die Existenz des Programms bestätigt, das unter George W. Bush 2007 ins Leben gerufen und von dessen Nachfolger Barack Obama ausgebaut wurde. Jeder siebente Geheimdienstbericht beruht inzwischen auf derart verschafften Informationen. Der nationale Geheimdienstchef James Clapper, der an der Spitze der 16 US-Geheimdienste steht, verteidigte PRISM: Es sei eines der wichtigsten Programme für die Auslandsaufklärung, zu schützen. Dass Informationen über PRISM durchgedrungen seien, sei verwerflich und würde die Sicherheit gefährden. Zudem sei das Programm - wenngleich geheim - legal.
Erwin Chemerinsky, ein Rechtsprofessor in Kalifornien, nannte das Programm aber "zutiefst verstörend" und würde in seinem Ausmaß den verfassungsrechtlichen Rahmen sehr wohl sprengen.
Mit den ersten Keywords werde untersucht, ob die Person US-Amerikaner ist oder nicht, erklärt der Cybersecurity-Experte Alexander Klimburg vom Österreichischen Institut für Internationale Politik. Die NSA darf nämlich mit dem PRISM-System nicht vorsätzlich US-Amerikaner durchsuchen. Das bedeute nicht, dass die Daten wieder gelöscht werden, nur wenn es US-Bürger seien, "die werden nur nicht verwendet - oder man tut so, als ob man sie nicht verwendet", ergänzt Andre Meister von der deutschen Netzpolitik.org.
US-Präsident Barack Obama verteidigte das Programm vor Journalisten im kalifornischen Silicon Valley: Es handele sich lediglich um einen "maßvollen" aber dennoch notwendigen Eingriff in die Privatsphäre.

Dennoch existiere laut Klimburg beim Geheimdienst ein Sondergericht, das in jedem Fall entscheidet, was untersucht werden darf. Die Praxis des Datensammelns der USA zur Auslandsaufklärung sei nicht einzigartig, "das passiert in den meisten westlichen Staaten. In Schweden ist das öffentlich transparent, es gibt sogar einen Ombudsmann der das Geheimdienstgericht kontrolliert. Die Schweden arbeiten mit genau dem gleichen System wie die NSA, es werden hier sogar noch mehr Daten gesammelt", so Klimburg gegenüber der "Wiener Zeitung".
"Erschreckend aber normal"
Die US-Richter agieren auf gesetzlicher Basis: Dem Patriot-Act aus dem Jahr 2003 und dem "Protect America-Act" aus dem Jahr 2007.
Alle Firmen weltweit, die in einem gewissen Bereich tätig sind, würden von den verschiedensten Staaten unter Druck gesetzt, zu kooperieren: "Das machen nicht nur die Amerikaner sondern alle westlichen Staaten: Es gibt Abmachungen über Jahrzehnte, die sicherstellen, dass Firmen die Geheimdienste unterstützen. Das ist erschreckend, aber durchaus normal", so Klimburg.
Problematisch sei, dass die Kontrollinstanzen einen Missbrauch nicht verhindern könnten. Vor allem Wissenschafter, Journalisten, Politiker, Aktivisten - Personen des öffentlichen Lebens seien gefährdet. "Otto Normalverbraucher ist weniger betroffen, außer in einem Diktaturszenario." Er will nicht ausschließen, dass auch in Österreich eine Stelle sitzt, die NSA-Methoden anwendet, aber: "Die Möglichkeiten Österreichs sind stark eingeschränkt". Der Sprecher der österreichischen Datenkommission erklärte auf Anfrage, es gebe in Österreich keine Hinweise darauf, eine Institution gibt, die ähnlich wie die NSA arbeite.
Die NSA gilt als mächtigster, geheimster und wohl auch teuerster der 16 US-Spionagedienste. Die Behörde wurde 1952 während des Kalten Krieges als Abhör- und Entschlüsselungsstelle für die Streitkräfte gegründet.