Washington/Wien. Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ist weiter auf der Suche nach politischem Asyl. Einen Antrag, in Russland Aufnahme zu finden, hat er jedoch zurückgezogen. Grund seien die von Präsident Wladimir Putin genannten Bedingungen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag in Moskau. Putin hatte gefordert, dass der 30-Jährige bei einem Verbleib in Russland aufhören müsse, den USA mit Enthüllungen Schaden zuzufügen. Nach Angaben der Enthüllungsplattform Wikileaks hat Snowden in rund 20 Ländern Asyl beantragt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bestätigte am Dienstag, dass darunter auch Österreich ist.
Der Antrag sei Montagnachmittag bei der österreichischen Botschaft in Moskau eingebracht und anschließend weitergeleitet worden, sagte die Innenministerin. Mikl-Leitner betonte, dass ein solcher Antrag nur direkt im Land gestellt werden könne und nicht über die Botschaft. Auf die Frage, ob Österreich Snowden - gesetzt den Fall, er würde ins Land einreisen -, abschieben würde, sagte die Ministerin, dass dies nicht passieren würde: "Es liegt kein internationaler Haftbefehl vor."
Auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) betonte, dass der in der österreichischen Botschaft in Moskau abgegebene Asylantrag Snowdens für Österreich nicht gültig sei. Ein Asylantrag müsse in Österreich gestellt werden. "Das ist die einzige Form, einen gültigen Asylantrag zu stellen." Auch politisch zugesagt werden könne Asyl nicht. Solche Angelegenheiten würden einzig und allein in einem Behördenverfahren auf Basis der Gesetze entschieden. Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) erklärte vor Beginn der Regierungssitzung vor Journalisten, dass Snowdens Asylantrag "einer von 17.000 im Jahr" sei.
Europaabgeordnete von SPÖ, FPÖ und Grünen sprachen sich am Dienstag dafür aus, Snowden in Österreich Asyl zu gewähren. "Ich bin unbedingt dafür, dass ihm die Republik Asyl anbietet", sagte SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried vor Journalisten in Straßburg. Ähnlich äußerten sich der FPÖ-Abgeordnete Franz Obermayr und die Grüne Mandatarin Eva Lichtenberger. Zurückhaltend zeigte sich lediglich die ÖVP, deren Abgeordneter Hubert Pirker meinte, dass sich die Frage derzeit nicht stelle.
Auch mehrere andere europäische Staaten bestätigten, dass ein Asylgesuch eingegangen sei, verwiesen jedoch auf die Rechtslage, wonach ein entsprechender Antrag im jeweiligen Land selbst gestellt werden müsse, darunter etwa Deutschland, Spanien, Finnland und Norwegen. Polen erklärte, es werde einen Asylantrag nicht befürworten. Der Schweizer Außenminister Didier Burkhalter konnte am Dienstag in Wien nicht bestätigen, dass Snowden in seinem Land Asyl beantragt habe. "Ich habe keine Bestätigung zur Zeit", sagte Burkhalter auf APA-Anfrage. "Wenn es einen Asylantrag gibt in der Schweiz, dann wird dieser studiert." Der Antrag würde genauso wie andere behandelt.
Snowden hält sich seit rund zehn Tagen im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf. Die USA haben den Pass des IT-Experten annulliert, zudem hat er kein russisches Visum.
Der venezolanische Präsident Nicolas Maduro rief in Moskau dazu auf, Snowden unter "internationalen Schutz" zu stellen. "Er hat niemanden getötet, sondern nur die Wahrheit gesagt", sagte Maduro am Rande einer Energiekonferenz. Zu Spekulationen, er werde Snowden beim Abflug aus der russischen Hauptstadt nach Caracas mitnehmen, sagte Maduro: "Er hat bisher kein politisches Asyl in Venezuela beantragt."
Die Vereinigten Staaten verlangen von Russland die Auslieferung des Ex-Geheimdienstmannes. Kreml-Sprecher Peskow bekräftigte am Dienstag jedoch, dass eine Überstellung Snowdens an die USA nicht in Frage komme. "Kein Land kann Snowden an ein Land wie die USA ausliefern, wo die Todesstrafe angewendet wird", sagte er.
Snowden erhob der Organisation Wikileaks zufolge unterdessen schwere Vorwürfe gegen sein Heimatland. In einer mit seinem Namen unterzeichneten Mitteilung beklagte er in der Nacht auf Dienstag, dass die USA ihm sein Menschenrecht auf Asyl nehmen wollten. Obwohl er keiner Straftat schuldig gesprochen worden sei, habe man seinen Pass für ungültig erklärt, heißt es in dem Schreiben. Die US-Regierung habe eine neue Strategie und benutze die Staatsbürgerschaft als Waffe. Dies gilt als erste öffentliche Äußerung Snowdens seit seiner Flucht aus Hongkong nach Moskau vor rund einer Woche. Allerdings ließ sich zunächst nicht klären, ob die auf der Website "wikileaks.org" veröffentlichten Zeilen tatsächlich von ihm stammen.
Ecuador, wo Snowden ebenfalls Asyl beantragt hat, rückt mittlerweile offenbar von ihm ab. Sein Land prüfe das Gesuch derzeit noch nicht, sagte Präsident Rafael Correa gegenüber der britischen Zeitung "The Guardian". Snowden müsse erst ecuadorianisches Territorium erreichen. Es liege an Russland, ihm ein Reisedokument auszustellen, sagte Correa.