Moskau/Berlin/Brasilia. Wikileaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison hat das Versteck des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden in Moskau verlassen und ist nach Berlin gereist. Sie sei nach mehreren Wochen an der Seite Snowdens am Wochenende in Deutschland eingetroffen, hieß es am Mittwoch in einer von der Enthüllungsplattform veröffentlichten Erklärung. Aus Angst vor Repressalien kehre sie nicht ihr Heimatland Großbritannien zurück, schrieb Harrison.

Die vorübergehende Festnahme des Lebensgefährten von US-Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald am Londoner Flughafen habe gezeigt, dass in Großbritannien ein Klima der "Verfolgung" herrsche. Greenwald hatte als erster auf Grundlage von Snowdens Unterlagen über die Spionagepraktiken des US-Geheimdiensts NSA berichtet. Die Wikileaks-Anwälte hätten ihr daher von einer Weiterreise in ihr Heimatland abgeraten, erklärte Harrison.

Harrison hatte Snowden bei seiner Flucht von Hongkong nach Russland im Juni unterstützt. Nach seinem 39-tätigen Aufenthalt im Transitbereich eines Flughafens in Moskau habe sie Snowden weiter begleitet, "bis unser Team sicher sein konnte, dass er sich eingerichtet hat und von keiner Regierung beeinflusst wird". Snowden erhielt schließlich am 1. August ein auf ein Jahr begrenztes Aufenthaltsrecht in Russland. Die Bundesregierung lehnt es weiterhin ab, Snowden Asyl zu gewähren.

Harrison ist eine der engsten Vertrauten des Wikileaks-Gründers Julian Assange. Der Australier harrt noch immer in Ecuadors Botschaft in London aus, um seiner Auslieferung nach Schweden zu entgehen. Die ihm dort zur Last gelegten Sexualdelikte nennt Assange vorgeschoben. Er fürchtet, letztlich an die USA ausgeliefert zu werden. Dort droht ihm wegen Geheimnisverrats eine lebenslange Haftstrafe.

Brasilien wartet auf Entschuldigung der USA
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat die Verschiebung ihres Staatsbesuchs in den USA mit dem Ausbleiben einer Entschuldigung für Spähaktionen des US-Geheimdienstes NSA begründet. "Ich wäre gefahren", sagte Rousseff am Mittwoch dem Rundfunksender RBS.

Vorher erwarte sie jedoch Zusagen der USA: "Es gibt nur einen Weg, wie wir das Problem lösen: eine Entschuldigung für das, was vorgefallen ist, und zu sagen, dass dies nicht mehr passiert." Die NSA soll E-Mails und Telefonverbindungen von Rousseff ausspioniert haben.

Die Präsidentin, die am 23. Oktober in die USA hätte reisen sollen, versicherte zugleich, dass die Affäre die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder nicht beeinträchtige.

Niederländische Regierung wegen Kooperation verklagt
Niederländische Aktivisten gehen juristisch gegen die Zusammenarbeit des niederländischen Nachrichtendienstes mit dem US-Geheimdienst NSA vor. Am Mittwoch sei vor einem Gericht in Den Haag eine Klage gegen die Regierung eingereicht worden, erklärte der Anwalt der Gruppe. Dadurch solle verhindert werden, dass niederländische Behörden illegal erworbene Daten nutzen. An der Initiative beteiligen sich neben dem bekannten Journalisten Brenno de Winter und dem Hacker Rop Gonggrijp Datenschützer, Anwälte und vier Organisationen.

  Die Kläger reagieren auf Enthüllungen, wonach der US-Geheimdienst NSA Millionen Telefonate in den Niederlanden überwacht und einige der Daten an den niederländischen Geheimdienst weitergereicht haben soll. Die Kläger wollen gerichtlich feststellen lassen, "dass der niederländische Staat illegal handelte, indem er Informationen von ausländischen Geheimdiensten erhielt, die durch Spionageprogramme wie Prism gesammelt wurden, die gegen niederländisches Recht verstoßen".

  Innenminister Ronald Plasterk hatte in der vergangenen Woche bestätigt, dass die NSA Telefongespräche abfing. Er bezeichnete dies als "nicht akzeptabel". Auch einen Austausch von Informationen zwischen dem niederländischen und dem US-Dienst räumte er ein.