Luxemburg. Die Diskussion rund um das Urteil des EuGH gegen Google kommt das World Wide Web nicht zur Ruhe. Die Diskussionen rund um das Vergessen des Internet werden immer heftiger. Datenschützer feiern einen Erfolg, Kritiker sehen nun einige Probleme - nicht nur auf den US-Konzern, sondern auch auf Meinungsfreiheit und Zensur auf die AnwenderInnen zukommen.
Und wie es der Zufall so will, startet zeitgleich weider eine Regulierungs- und Wettbewerbs-Diskussion rund um die Vormachtstellung von Google bei Suchmaschinen und im Bereich der Medien.
Neues Verfahren muss entwickelt werden
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Recht auf Vergessenwerden im Internet will Google in einigen Wochen ein neues Verfahren für Löschanträge vorstellen. "Die Umsetzung ist kompliziert, sie bedarf gründlicher Prüfung, nicht zuletzt wegen der vielen Sprachen, die hier betroffen sind", sagte ein Google-Sprecher.
Die Nutzer sollen informiert werden, sobald ein praktikabler Mechanismus entwickelt werde. "Dies kann mehrere Wochen dauern." Der EuGH hatte am Dienstag entschieden, Europas Bürger können Google dazu verpflichten, Links zu unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit aus dem Netz verschwinden zu lassen. Google müsse die Verweise aus seiner Ergebnisliste entfernen, wenn dort enthaltene Informationen das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz einer Person verletzen. Die Informationen können dabei auch weiterhin im Netz verfügbar bleiben.
Amtsmissbrauch, Kindesmisshandlung und negative Bewertungen
Nach Einschätzung von Branchenexperten gehen bei Google seit dem Urteil mehr solche Löschanträge ein. Laut einem BBC-Bericht fordert zum Beispiel ein ehemaliger Politiker, der eine Wiederwahl anstrebt, Links zu einem Artikel über sein Verhalten in einem Amt zu entfernen. Ebenso habe ein Mann, der wegen Besitzes von Bildern von Kindesmisshandlung verurteilt worden war, verlangt, Verlinkungen zu Seiten über das Urteil zu löschen. Und ein Arzt fordere, dass aus Suchergebnissen negative Bewertungen von Patienten entfernt werden, berichtete der britische Sender. Google macht keine Angaben, wie auf diese Anträge reagiert wird.
Das Urteil habe weitreichende Auswirkungen darauf, wie Google mit Anträgen auf Entfernung von Suchergebnissen umgehe, betonte der Sprecher des Internet-Konzerns. In einer ersten Reaktion hatte Google das EuGH-Urteil als "enttäuschend" kommentiert. Bei der Aktionärsversammlung von Google am späten Mittwoch kritisierte Verwaltungsratschef Eric Schmidt, das Gericht habe ein falsches Verhältnis zwischen "dem Recht auf Vergessenwerden und dem Recht, zu wissen" gewählt. Chefjustiziar David Drummond fügte hinzu, das Urteil habe nicht ausreichend die Folgen für das Recht auf freie Meinungsäußerung berücksichtigt.
Während viele europäische Politiker das Urteil als Sieg für den Datenschutz begrüßten, fiel das Urteil der Online-Branche durchweg kritisch aus. Die Internet-Unternehmen bemängelten unter anderem, dass öffentlich verfügbare Inhalte unter Umständen schwerer auffindbar gemacht werden müssten.
Deutschland denkt über harte Regulierung gegen Google nach
Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bringt harte Regulierungsmaßnahmen gegen Google und andere Internetplattformen ins Spiel. Wirtschaftsministerium und das deutsche Bundeskartellamt prüften, ob ein Unternehmen wie Google seine marktbeherrschende Stellung missbrauche, schreibt der SPD-Politiker in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Freitag).
Es müsse geklärt werden, ob durch die Beherrschung einer wesentlichen Infrastruktur, Wettbewerber systematisch verdrängt würden. "Eine Entflechtung, wie sie bei Strom- und Gasnetzen durchgesetzt wurde, muss dabei ernsthaft erwogen werden", schrieb er weiter. Sie könne aber nur das letzte Mittel sein.
Nichtsdiskriminierung von Alternativen
"Wir fassen deshalb zuerst eine kartellrechtsähnliche Regulierung von Internetplattformen ins Auge", schreibt Gabriel. "Dreh- und Angelpunkt dabei ist das Gebot der Nichtdiskriminierung von alternativen Anbietern, die Platzhirsche innovativ herausfordern."
Die EU-Kommission hat bereits ein Verfahren gegen Google wegen möglicher Kartellverstöße eingeleitet. Mit einer Entscheidung der Kommission wird im Sommer gerechnet.
Deutsche und andere europäische Medienkonzerne und Internetkonkurrenten werfen Google seit längerem vor, eine Monopolstellung zu missbrauchen.
Wettbewerbsbeschwerde angekündigt
Am Donnerstag kündigten die deutschen Verlage Axel Springer, Madsack und Funke, der französische Großverlag Lagardere sowie eine Reihe kleinerer Google-Wettbewerber der Firma von Larry Page eine Wettbewerbsbeschwerde an. Google habe in der Europäischen Union einen Marktanteil von über 90 Prozent und manipuliere seine Suchergebnisse, heißt es in dem "Manifest" des "Open Internet Projects".
Den Hintergrund des "Open Internet Projects" bilden vor allem wirtschaftliche Konflikte: In Deutschland streiten sich Verlage wie Axel Springer, Funke und Madsack mit Google um eine Bezahlung von kleinen Inhalte-Schnipseln (Snippets) in Angeboten wie Google News. Die Verlage wollen auf der Basis des Leistungsschutzrechtes von Google bezahlt werden. Der Internet-Konzern lehnt dies kategorisch ab und verweist auf den Traffic, den Google ständig auf die Websites der Verlage leite.
Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt hatte den Presseverlagen in Deutschland Anfang April eine Zusammenarbeit bei der Online-Werbung und anderen Themen angeboten. Springer-Chef Mathias Döpfner nannte Google später ein "globales Netzmonopol", ohne dass es transparente und faire Kriterien im Umgang mit Wettbewerbern gebe.
Europäische Google-Konkurrenten erhöhen Druck auf Internet-Gigant
Verlagshäuser und Google-Konkurrenten aus Europa wollen mit einer weiteren Wettbewerbsbeschwerde gegen den kalifornischen Internet-Konzern vorgehen.
In einem am Donnerstag in Paris veröffentlichten "Manifest" des "Open Internet Projects" warfen die deutschen Verlage Axel Springer, Madsack und Funke, der französische Großverlag Lagardere sowie eine Reihe kleinerer Google-Wettbewerber der Firma von Larry Page einen "Missbrauch seiner Monopolstellung" vor.
"Wenn ein Geschäft nicht online gefunden werden kann, dann kann es auch nicht im Wettbewerb bestehen", heißt es in dem Papier. Google habe in der Europäischen Union einen Marktanteil von über 90 Prozent und manipuliere seine Suchergebnisse.
Das "Open Internet Project" will Mitte Juni ein Online-Forum einrichten, bei dem sich Firmen, Verbraucher und Verbände melden können, wenn sie sich von Google benachteiligt fühlen. In der EU tobt seit mehr als drei Jahren ein Streit um die Anzeige der Ergebnisse bei der Google-Internetsuche. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia plant, das Verfahren nach der Sommerpause abzuschließen.
Den Hintergrund des "Open Internet Projects" bilden vor allem wirtschaftliche Konflikte: In Deutschland streiten sich Verlage wie Axel Springer, Funke und Madsack mit Google um eine Bezahlung von kleinen Inhalte-Schnipseln (Snippets) in Angeboten wie Google News. Die Verlage wollen auf der Basis des Leistungsschutzrechtes von Google bezahlt werden. Der Internet-Konzern lehnt dies kategorisch ab und verweist auf den Traffic, den Google ständig auf die Websites der Verlage leite.
Der Parlamentarische Staatssekretär im deutschen Innenministerium, Ole Schröder (CDU), ging auf der Konferenz in Paris nicht direkt auf die Forderungen der Verlage ein. Es sei notwendig, dass die europäische Datenschutzgrundverordnung wesentlich zum Schutz der Bürger vor Diskriminierung beitrage, erklärte Schröder. "Wir werden diesen Aspekt mit Nachdruck in den Verhandlungen in Brüssel vertreten und uns insgesamt weiter konstruktiv in die Verhandlungen einbringen."
Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt bot Anfang April den Presseverlagen in Deutschland eine Zusammenarbeit bei der Online-Werbung und anderen Themen an, von der beide Seiten profitieren könnten. Die Offerte im Feuilleton der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wurde wenig später vom Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer, Mathias Döpfner, klar zurückgewiesen. Google stelle ein "globales Netzmonopol" dar, ohne dass es transparente und faire Kriterien im Umgang mit Wettbewerbern gebe, schrieb Döpfner in einem offenen Brief an Schmidt.