Stockholm/London. Im Fall des seit Jahren in Ecuadors Botschaft in London festsitzenden Wikileaks-Gründers Julian Assange zeichnet sich ein Durchbruch ab. Die schwedische Staatsanwältin Marianne Ny fragte bei den Verteidigern des 43-jährigen Australiers nach eigenen Angaben am Freitag an, ob sie mit einer Befragung in London und einem DNA-Test einverstanden seien. Diese nahmen das Angebot an.

Schweden fordert seit dem Jahr 2010 die Auslieferung Assanges, um ihn zu Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung zu verhören. Nachdem Assange bei der britischen Justiz alle Rechtsmittel gegen das Auslieferungsgesuch ausgeschöpft hatte, floh er 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London, wo ihm Ecuador sogenanntes politisches Asyl gewährt und er seither lebt.

Einige Vorwürfe verjähren im August

Assanges Verteidigung hatte schon seit längerer Zeit eine Befragung durch schwedische Ermittler in der Botschaft angeboten, was diese aber bisher ablehnte. Die schwedische Staatsanwaltschaft änderte nun ihre Meinung, weil einige der gegen Assange erhobenen Vorwürfe im August verjähren.

Sie sei aber immer noch der Meinung, dass eine Befragung in der Botschaft in London "lückenhaft" wäre und Assange zudem auch für einen möglichen Prozess in Schweden sein sollte, erklärte Staatsanwältin Ny. Weil nun aber die Zeit knapp werde, müsse sie einen "Qualitätsverlust" bei der Befragung in Kauf nehmen.

Assanges Verteidigung zeigte sich zufrieden mit der Entwicklung. "Wir werden dies akzeptieren", sagte sein Anwalt Per Samuelsson. Assange und seine Verteidigung seien grundsätzlich bereit, "mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten". Ausweichend äußerte sich Samuelsson allerdings zu einem geplanten DNA-Test. Dies sei "ein Detail, das wir diskutieren müssen", sagte er. Zudem hätten die Behörden Assanges DNA bereits. "Es sind noch einige Formalitäten zu erledigen", sagte Samuelsson.

Elizabeth Fritz, Anwältin einer der Frauen, die Assange belasten, kritisierte in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AFP die Weigerung des Wikileaks-Gründers, sich in Schweden vernehmen zu lassen.

Täglich rund 11.000 Euro Kosten

Assange bezeichnet die Vorwürfe gegen ihn als politisch motiviert und fürchtet, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Geheimnisverrats drohen könnte. In den USA gibt es jedoch bisher weder eine Anklage gegen Assange noch ein Auslieferungsgesuch.

Wikileaks hatte mit der Veröffentlichung von Geheimdokumenten zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan sowie der Publikation zehntausender US-Diplomatendepeschen den Zorn Washingtons auf sich gezogen. Assanges derzeitiges Leben in der Botschaft soll täglich rund 11.000 Euro kosten.