Brüssel. Die von der EU geplante Einführung des Fluggastdatenregister (PNR-System) hat am Donnerstag die erste Hürde im Europäischen Parlament genommen. Mit breiter Mehrheit hat der Innenausschuss des EU-Parlaments die zwischen Parlament, Rat und EU-Kommission ausgehandelte Richtlinie zur Sammlung europäischer Fluggastdaten angenommen.
Nun ist noch das Plenum des Europaparlaments am Zug, die Abgeordneten werden voraussichtlich im Jänner oder Februar über die Richtlinie abstimmen. Die EU-Staaten haben im Anschluss zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Das PNR-System wurde am Donnerstag mit 38 Stimmen dafür und 19 Stimmen dagegen von den Mitgliedern des Innen- und Justizausschusses beschlossen, zwei Abgeordnete enthielten sich ihrer Stimme.
"Eine Hürde im Kampf gegen den Terrorismus"
Die ÖVP stimmte dafür. "Endlich ist der Weg frei für ein europäisches System der Fluggastdatenauswertung. Wir konnten heute eine ganz entscheidende Hürde im Kampf gegen den Terrorismus nehmen", sagte Heinz K. Becker, Sicherheitssprecher der ÖVP im EU-Parlament. Er kritisierte die Blockadehaltung einzelner Sozialdemokraten und Grünen.
Gegen die Richtlinie stimmte der SPÖ-Europaabgeordnete Eugen Freund in Vertretung seines Parteikollegen Josef Weidenholzer. Die Fluggastdatenspeicherung sei "nicht zielführend", sagte Weidenholzer in einer Aussendung. "Die Notwendigkeit, riesige Mengen persönlicher Informationen über Millionen von Reisenden über einen langen Zeitraum auf Vorrat zu speichern, besteht nicht. Die Fluggastdatenspeicherung löst das Problem nicht, sondern vergrößert lediglich den Daten-Heuhaufen, in dem wir nach Nadeln suchen", meinte Weidenholzer.
"Was im Jahr 2013 falsch war, ist heute nicht richtig"
Kritik kam am Donnerstag auch von den Grünen. Jan Philipp Albrecht, stellvertretender Vorsitzender des Innen- und Justizausschusses und innen- und justizpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, verurteilt den Kompromiss. "Viele haben jetzt der Massenüberwachung zugestimmt, die sie noch 2013 mit Verweis auf Verstoß gegen die Grundrechte und Unverhältnismäßigkeit abgelehnt hatten. Was im Jahr 2013 falsch war, ist heute nicht richtig", so Albrecht in einer Aussendung.
"Information über die Täter war schon verfügbar"
Der EU-Datenschutzbeauftragte, Giovanni Buttarelli, hat die EU-Institutionen aufgerufen, die Pläne für eine europäische Flugpassagierdatenspeicherung (PNR) zu überdenken. Der Beweis für die Rechtfertigung eines EU-PNR-Systems müsse erst erbracht werden, sagte Butarelli.
Butarelli gab zu bedenken, dass der Mangel an Informationen oder die Sammlung von Daten bei der Verhinderung von Terroranschlägen durch europäische Bürger in diesem Jahr keine Schlüsselfaktoren gewesen seien. "Die Information über die Täter war schon verfügbar über Airlines, nationale Behörden und andere."
In dieser Hinsicht gebe es andere, bereits bestehende Anti-Terrormaßnahmen, die weniger Datenschutzbedenken verursachten, etwa die Schengen-Polizei- und Visadatenbanken SIS und VIS. Auch erweiterte Passagieraufzeichnungen durch die Grenzschutzbehörden, die EU-Grenzschutzagentur Frontex und die Schaffung eines Zentrums zur Terrorismusbekämpfung bei Europol nannte der Datenschutzbeauftragte als Alternativen.
"Ein EU-PNR-Programm wäre die erste großflächige und unterschiedslose Sammlung von personenbezogenen Daten in der Geschichte der Union. Nachdem es wahrscheinlich zumindest alle Flüge in die und aus der EU umfasst, und möglicherweise auch Flüge innerhalb der EU, wären potenziell Millionen von unverdächtigen Passagieren durch den EU-PNR-Vorschlag betroffen."
Es sei seine Pflicht, als EU-Datenschutzbeauftragter auf die ernsthaften Auswirkungen der Fluggastdatenspeicherung auf die Rechte auf Privatsphäre und Datenschutz hinzuweisen, erklärte Butarelli. "Unsere Freiheiten können nicht geschützt werden, indem wir das Recht auf Privatsphäre unterminieren."