Wien. Der Hass im Netz boomt. Das zeigt auch der Jahres-Report der Anti-Rassismus-Initiative ZARA, der am Dienstag in einer Pressekonferenz präsentiert wurde. Von den gesamt 1.107 gezählten Fällen bezieht sich fast ein Drittel auf das Internet - der höchste jemals gemessene Wert.

Folgerichtig sprach Claudia Schäfer von ZARA von "zügelloser Online-Hetze", die sich immer stärker breit mache. Als besonders abschreckend schilderte ihre Kollegin Dina Malandi einen Fall, in dem als Reaktion auf den Ertrinkungstod eines jugendlichen Flüchtlings Kommentare wie "Mist(...)hätten alle sein können" gepostet wurden.

Vor allem über soziale Medien werden immer häufiger menschenverachtende
Botschaften verbreitet. Ein Beispiel dafür sind die Facebook-Kommentare
zu einem Artikel über einen syrischen Jugendlichen, der tot in der Donau
aufgefunden wurde: "Spart uns Geld, wenn uns einer weniger auf der
Tasche liegt" oder "wer vermisst so was." Ähnlich hasserfüllt sind die
Kommentare unter einem Youtube-Video, das einen Suizidversuch eines
syrischen Flüchtlings zeigt: "Kann da net mal wer drüber fahren bitte"
oder "gleich abknallen."

Politik trägt Mitschuld

In die Pflicht nimmt ZARA auch die Politik, die an der negativen Stimmungslage vor allem gegenüber Flüchtlingen und speziell Muslimen ihren Anteil habe. Verwiesen wird im Report etwa auf Aussagen von Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar, der Asylwerber mit "Neandertalern" verglichen hatte. Kritisch wird auch angemerkt, dass FPÖ-Politiker nachweisliche Falschmeldungen wie etwa, dass Asylwerber in Spitälern bevorzugt werden, posten würden.

Auf Twitter teilte der FPÖ-Angeordnete Gerhard Deimek etwa einen Artikel eines rechtsextremen Blogs, der zahlreiche rassistische Hasskommentare enthielt. Deimek kommentierte seinen Post mit den Worten "Sollten alle lesen, die auch in 50 Jahren noch Österreicher sein wollen. Und nicht die Wegbereiter der Araber." Die Grünen erstatteten Anzeige wegen Verhetzung. Das folgende Verfahren wurde "im Zweifel" eingestellt.

Zum Herunterladen:

ZARA will heuer als Reaktion auf das Anschwellen der Fremdenfeindlichkeit im Netz Bewusstsein schärfen. Mit der Initiative "CounterAct" sollen etwa Optionen, wie man sich gegen Hass im Netz wehren kann" dargelegt werden, ebenso Erklärungen zu den wichtigsten Begriffen. Die Broschüre ist kostenlos erhältlich.

Hemmschwelle sinkt

Wie drängend die Problematik ist, zeigt sich mit einem Blick auf die Langzeit-Statistik der von ZARA dokumentierten Fälle. So waren 2010 nur neun Prozent der angezeigten Fälle dem Bereich Internet zugeordnet. 2016 kletterte der Wert bereits auf 31 Prozent, womit der öffentliche Raum (20 Prozent) auf Platz zwei der Beschwerdeliste verdrängt wurde.

Die Anti-Rassismus-Initiative ist überzeugt, dass durch die "hysterische Stimmungs- und Angstmache", die sich über Online-Communitys verbreitet, auch die Hemmschwelle für Tätlichkeiten sinkt. Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und muslimische Glaubenseinrichtungen. In Linz und Graz wurden Moscheen Ziel von rassistischen Vandalismusakten. Rechtsradikale Täter befestigten halbe Schweineköpfe an den Türen und beschmierten die Grazer Moschee mit Schweineblut. Im Sommer wurde zudem eine neu errichtete Flüchtlingsunterkunft in Oberösterreich durch Brandstiftung vollkommen zerstört.

Auch im Alltag werden Flüchtlinge und Muslime immer öfter mit Zugangsverboten und Einschränkungen konfrontiert. In zwei niederösterreichischen Bädern dürfen Flüchtlinge das Schwimmbad nur "in Begleitung ihrer Betreuer" betreten. In Tirol ersucht eine Stadtgemeinde ihre Bürger Rücksprache mit dem Wohnungsamt zu halten bevor sie ihre Wohnung "an auswärtige Personen" vermieten. Ein Reisebüro in Wien bucht wiederum nur Reisen für österreichische Staatsbürger und lehnte rumänische Kunden ab.