Wien. Marion Vicenta Payr alias @ladyvenom macht für namhafte Unternehmen Fotos und kann davon recht gut leben. Ihrem Beruf haftet ein Hauch von Jet-Set und Unabhängigkeit an. Wie der Alltag im Social Media Business aussieht und warum ihr Job nur mit Authentizität und Glaubwürdigkeit funktioniert, hat Sie der "Wiener Zeitung" erzählt.

"Wiener Zeitung": Sie sind momentan sehr erfolgreich.
Marion Vicenta Payr: Ja. Aber es kommt darauf an, wie man Erfolg definiert.
Etwa 275.000 Fans folgen Ihnen auf Instagram. Diese Zahlen sprechen für sich.
Es ist besser, einen richtigen Follower zu haben, als unzählig mehr und dafür falsche. Natürlich ist die Versuchung groß, sich zu vergleichen und ständig nachzuschauen, wie viele man gerade hat und wie es bei den anderen in der Branche läuft.
Kann der Erfolgsdruck da nicht groß werden?
Das klassische Blogger-Burn-Out ist Realität. Und das geht schnell. Die meisten brechen zusammen, weil sie lange ein Bild aufrechterhalten müssen, das gar nicht mehr passt und an das sie nicht mehr glauben. Auch bei mir gibt es Phasen, wo ich 3000 Fotos geschossen habe und mir denke, dass mir kein einziges so gut gefällt, dass ich es posten möchte. Ich gönne mir dann eine Pause, vor allem wenn es sich nicht gut anfühlt.
Sie können also Aufträge, die Ihnen nicht gefallen, ablehnen?
Ich bin in der glücklichen Lage.
Haben Sie eine Ahnung, wer Ihre Zielgruppe ist?
Um wirklich erfolgreich zu sein, muss man etwas weiter ausholen, als in soziodemographischen Mustern zu denken. Man muss sich überlegen, was im Kopf der Follower vorgeht. Was treibt ihn an? Was hält ihn wach? Wann kriegt er einen Adrenalinschub? Wäre er auch so einer, der nach Mitternacht vor dem Computer sitzt und seine nächste Reise plant? So kriegt man ein sehr gutes Bild von der Person. Und dann kann man die Zielgruppe benennen. Wenn ich sie mir bildlich vorstelle, ist sie so wie ich. In den Mitdreißigern. Eher weiblich. Deutschsprachig. Sie teilt meinen Lifestyle und meine Interessen.
Was das Ganze recht authentisch macht.
Genau. Du musst bei dir bleiben. Gleichzeitig hast du als BloggerIn die Möglichkeit, dich neu zu erfinden und solltest jene Sachen, die dich nicht mehr antreiben, ändern.
Geht es auch um Glaubwürdigkeit?
Das ist eine ganz wichtige Säule im Social Media Business. Ich gebe schließlich meine Person und meinen Namen für das Produkt her, in meinem Fall ist es eine Destination. Da kann ich weder lügen noch etwas erfinden. Man muss tatsächlich das erzählen, was man persönlich fühlt. Das schätzen Instagram-User. Denn die haben ein ausgesprochen feines Gespür dafür, wenn etwas halbherzig gemacht wird. Ich würde nicht so viele Likes bekommen, wenn ich nicht mit dem Herz bei der Sache wäre. Die Leute riechen förmlich, wem es nur ums Über-Nacht-Berühmtwerden oder ums Geld geht.
Sie sagen über sich selbst: Ich bin.
Das ist eine Art von Verkaufsgespräch. Das ist mein professionelles Ich. Es lebt davon, dass ich mich vermarkte. Ganz klar davon unterscheidet sich die private und persönliche Ebene. Man sollte sich schon bewusst darüber sein, ob man sich eben professionell, privat oder persönlich in den Sozialen Medien präsentiert.
Im Grunde genommen betreiben Sie ein Einzelunternehmen.
Eigentlich bin ich Berufsfotografin laut Gewerbeschein. Seit einem Jahr bin ich selbstständig. Durch Zufall und Glück habe ich diese Nische gefunden. Mein Anfangsinvestment – eine Profikamera – war alles. Ich musste mir keine Infrastruktur aufbauen. Aber im Allgemeinen glaube ich, dass es Start-Ups nicht einfach haben.
Wie viele Nischen gibt es?
Das Ende ist noch lange nicht erreicht. Es gibt so viele Blogs und Möglichkeiten, die man ausschöpfen muss. Ich glaube persönlich nicht mehr daran, dass Fashion und Beauty reicht, man muss sich spezialisieren. Ein Tipp: Golfblogger gibt es meines Wissens in Österreich noch nicht.
Was treibt Sie an?
Die Suche nach den Plätzen an, die mich berühren und bewegen. Dann habe ich das Gefühl, etwas gesehen zu haben, das zumindest für mich neu und einzigartig ist. Und am Ende sieht man das auf meinen Fotos. Und inspiriere so auch Menschen, diese Orte zu besuchen. Und in der Folge: Ihre eigenen Plätze zu suchen.
Warum arbeiten Sie vor allem auf Instagram?
Weil es mir liegt. Jeder muss das für sich selbst austesten. Snapchat beispielsweises ist nicht meins. Es geht bei mir um hochwertig ästhetische Bilder. Auf meinen Reisen stehe ich tatsächlich um 5 Uhr auf, um den Sonnenaufgang zu fotografieren, mache mich mit meiner Kamera auf den Weg. Das Foto muss für mich perfekt sein. Und manchmal passt wirklich nur eines von Tausenden, das sich für Instagram – nach meinen Ansprüchen – qualifiziert.
Wieviel Zeit investieren Sie für Likes und Kommentare? Müssen Sie filtern?
Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich wenig Negatives geschrieben bekomme. Das liegt auch an der Angriffsfläche, die ich nicht biete. Wenn ich selbst in die Kamera sprechen und mich mehr als Person in den Vordergrund stellen würde, wäre es anders. Früher habe ich jeden Kommentar beantwortet. Das schaffe ich jetzt nicht mehr. Aber ich bemühe mich, jedem "Wunderbar" ein Dankeschön zu schicken. Und alles, was an Direct Messages reinkommt, zu beantworten. Und an Zeit kostet mich das täglich sicher eine Stunde.
Ihre Kunden haben prominente Namen: Swiss, TUI, Austrian Airlines.
Dabei hat alles durch einen Zufall begonnen, als ich 2013 eine Werbekampagne für das SMART-Auto noch mit einem iPhone geknipst habe. Dann ging alles sehr rasch und große Unternehmen haben an meine Tür geklopft. Mit TUI verbindet mich zum Beispiel eine langfristige Partnerschaft. Dieses Unternehmen hat beispielsweise erkannt, dass es ihrer Website einen Mehrwert gibt, wenn man auch Geschichten über die Orte anbietet. Im TUI-Blog schreibe ich über meine Reiserlebnisse. Ich möchte dem Pauschaltouristen Plätze zeigen, wo er sonst nicht hinkommt. Wer will schon zwei Wochen in der Hotelanlage sitzen?
Werden Ihnen diese Reisen komplett bezahlt?
Mittlerweile kann ich es mir leisten keine unbezahlten Reisen mehr zu machen. Am Anfang der Karriere ist das vielleicht noch schwierig, aber spätestens mit der Selbstständigkeit muss man sich klar machen, dass man hier eine Leistung erbringt, die auch entsprechend zu bezahlen ist. Es kommt aber immer darauf an, wie man verhandelt. Schließlich muss ich von dem leben, was ich produziere.