
Nicht reden, sondern machen. Smart und laut sein. Den eigenen Wert erkennen und vermarkten. Nonstop. Das lebt Gary Vaynerchuk alias GaryVee. Er ist der US-amerikanische Internetguru, wenn es um die perfekte Eigenvermarktung geht. Man mag ihm Erfolgsbetrunkenheit ankreiden und dass sein geschwollenes Geschwafel ohnehin nur im Internet greift. Fakt ist, dass er schwere Arbeit leistet. Seine Karriere als millionenschwerer Unternehmer, ausgebuchter Coach für Einzelpersonen und Unternehmer ("Hire me to speak") und Investor ist minutiös geplant. Vaynerchuk überlässt nichts dem Zufall, Witze macht er auf eigene Kosten und falls er sich auch ständig wiederholt, geht er sicher, dass seine Message ankommt.
GaryVee auf Youtube
GaryVee auf Instagram
GaryVee auf Facebook
GaryVee auf Snapchat
GaryVee auf Soundcloud
GaryVee auf Twitter
GaryVee auf Podcast
"Mit 50 Jahren ist es nicht vorbei. Wenn es in dir ist, ist es da. Hol es raus. Steh doch früher auf. Stell deinen Wecker auf 4 Uhr. Wenn du die richtige DNA hast, dann schaffst du mit 72 genauso viel wie mit 22. Unternehmertum muss nicht in deiner Familie liegen. Der Markt akzeptiert deinen Erfolg, egal wer du bist. Der Kuchen ist für alle da. Mit 50 kannst du die restlichen 40 Jahre noch immer tun, was dir wirklich Spaß macht. Lerne Instagram, höre auf mit Entschuldigungen. Autofahren hast du ja auch gelernt. Also lauf nicht vor dir selbst davon. Erkenne dich selbst und maximiere es".
Wenn sie ihm immer noch nicht glauben, schauen sie ihn sich im Internet an. GaryVee läuft sprichwörtlich auf allen Kanälen. Snapchat, Youtube, Facebook, Instagram. Aber worum geht es wirklich?
Irgendwann Kaviar essen
Der Alltag wandert auf das Smartphone. Man nennt diese Entwicklung "Mobile Shift". Auf und mit dem Handy sind unzählige Selbstverwirklichungs- und Selbstvermarktungsstrategien möglich. Was auch heißt, dass sich mit den Sozialen Medien je nach individuellen Talenten und Engagement recht viel Geld verdienen lässt. Der Vorteil: Man kann zeit- und ortsungebunden arbeiten und ist für das eigene Fortkommen ausschließlich selbst verantwortlich. Der Nachteil: Die Konkurrenz ist groß und der Weg steinig. Auch kann es eine Weile dauern, bis die ersten Früchte harter Arbeit reif sind. GaryVee formuliert das so: "Für 24 Monate Scheiße essen, tun was du liebst und deine Stärken zu Geld machen. ( ) Für den Rest deines Lebens gibt es dann Kaviar."
Vaynerchuk selbst hat über 1,5 Millionen Follower auf Twitter, rund 157.000 geteilte Tweets. Auf Instagram haben ihn 2,4 Millionen abonniert, dort findet man knapp 3000 Beiträge. Dazu kommen mehr als 2,3 Millionen Fans auf Facebook und über 900.000 Abonnenten seines Youtube-Channels.
Die Zeichen der Zeit erkennen
Gary Vaynerchuk kam als Immigrantenkind in die USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Seine Eltern waren im Weingeschäft tätig, in dem er als Jugendlicher, meistens an den Wochenenden, fleißig mitarbeitete. Schnell erkannte er als Weinkritiker das Potential des Internet und bot kurzerhand den Wein in seiner "Winelibrary" an. In nur fünf Jahren hat Vaynerchuk aus dem Weinhandel seiner Eltern 60 Millionen Dollar rausgeholt. Mit dieser genialen Idee kam er vielen anderen Mitte der 90er zuvor, weil er zur richtigen Zeit aktiv wurde. Sein guter Riecher hat sich bezahlt gemacht.
Mittlerweile gilt er als Pionier im Bereich von Digitalem Marketing und der Sozialen Medien. Seine Unternehmen GaryVaynerMedia und VaynerX generierten alleine im Jahr 2016 einen Umsatz von 100 Millionen US-Dollar und beschäftigen 600 Leute.
Der Mann, der niemals schläft
Gary Vaynerchuk lebt in der Stadt, die niemals schläft. In New York City. Mittendrin wuselt er, ein aufdringlich wirkender Mitvierziger, der ständig ein Smartphone in der Hand hält und ein Headset im Ohr stecken hat, damit er beim Telefonieren die Hände frei hat und Reden kann. Und das tut er unentwegt, außer wenn er gerade Luft holt. Dabei ist er ständig live, versteht sich. Auf sämtlichen Social Media Kanälen. Sein Blick wirkt angestrengt und ist voller Selbstironie. Meistens ist er ohnehin unterwegs, in seiner Beratertätigkeit, als Unternehmer und Vortragender auf globalen Konferenzen.
GaryVee ist ein durchaus praktischer Mensch mit Wiedererkennungswert, was auch seinen Kleidungsstil betrifft. Das ist bevorzugt ein schlichtes T-Shirt, Chinos und Sneakers ohne Schürsenkel, denn er hat keine Zeit, sie zu binden. Noch ist er dabei, jeden Tag Inhalte zu produzieren und sich selbst und andere zu pushen: "Ich liebe es, mich selbst reden zu hören". Dabei tut sich ein breites Grinsen in seinem kantigen Gesicht auf. Stellen sie sich vor, er stünde vor ihnen. Garantiert würde er sie fragen: "Wer sind sie? Wo wollen sie hin? Glauben sie nicht, dass sie damit zu groß aufschneiden?" Diese spezielle Beratung gibt es seit 2014 auf seinem Youtube-Kanal mit der #AskGaryVeeShow. Geraume Zeit würden sie ihm gegenübersitzen und sich anhören, wie er ihren Zustand beurteilt.
Der perfekte Coach
"Aha, sie arbeiten in einem Business, das ihnen gar keinen Spaß macht. Ja, warum ändern sie denn das nicht? Und Social Media: Kennen sie sich dort aus? Was haben sie lieber: Instagram oder Snapchat? Wenn ihnen das eine nicht passt, machen sie das andere. Es gibt doch genug davon!" Sie würden auf jede gestellte Frage garantiert eine Antwort bekommen. Auch wenn es scheint, dass Vaynerchuk nur des Reden wegen in seiner hemdsärmeligen Sprache vor sich hinplappert. Diese schaukelt sich aber während des Beratungsgesprächs so hoch, dass im Endeffekt aber sicher eine Perle der Weisheit rauskommt. Denn er sieht sich dafür berufen, der perfekte Coach zu sein. Ohne Wenn und Aber. Er weiß, dass er in diesem Job gut ist. Das strahlt er auch aus und wertet sich selbst und das Gegenüber auf.
Kommunikation als Sauerstoff
Gary Vaynerchuk selbst ist eine Eigenmarke, was voraussetzt, dass er jeden Tag am Ball bleiben muss: 24/7/365, also: 24 Stunden täglich für 7 Tage und das das ganze Jahr hindurch. Das intensive Verhältnis mit seinen Followern muss gepflegt werden. Vaynerchuk beantwortet sämtliche Tweets persönlich. Seine 70 Tweets am Tag sind direkte Antworten an seine Fans. Er produziert am laufenden Band, schreibt drei Essays pro Woche, dreht ein halbes Dutzend Youtube-Videos und postet ein Dutzend auf Facebook. Das macht ihn reich und offensichtlich glücklich. "Schreib mir zurück, oder sag wenigstens Hallo. Denn das ist mein Sauerstoff". Im Fachjargon nennt man das "User-generated content" (UGC, englisch für "nutzergenerierte Inhalte").
"Warum ich das mache? Weil ich Karma irrsinnig praktisch finde. Wenn du andere ausreichend versorgst, mit einem guten Team, mit einem guten Ratschlag, dann ist es auch gut für dich." Aus diesem Grund ist er ein "Business Angel": Er investiert in Firmen, die er für vielversprechend hält. "Warum ich auf der Gewinnerseite bin? Weil ich ich selbst bin und ich die Menschen daran teilhaben lasse. Es ist ja immer besser, den Leuten zu erklären, welchen Prozess du durchwanderst und ihnen nicht erzählst, was du irgendwann sein willst. Wichtig ist, dass du dich nicht überbewertest, nur damit sie auf dich aufmerksam werden."
Den eigenen Wert erkennen
"Du hast nicht das Geld, um ein Business aufzubauen? Stell dir vor, ich investiere in dich. Ich gebe dir Geld. Was gibst du mir dafür? Wie sieht denn der Container aus, in den ich das Geld werfen soll? Der Markt gibt dir das Geld. Stell dir vor, du lebst wie ich in New York City. Da ist viel los. Fällt dir nichts ein? Naja, du brauchst eine Idee: Du könntest beispielsweise jeden Tag die 111. Straße fotografieren. Dann gehst du dort auf die Leute zu, redest mit ihnen, füllst deinen Blog. Ober warum fährst du nicht dienstags mit der U-Bahn oder am Mittwoch in die Suburbs? Du musst unterwegs sein, dich bewegen. Vielleicht wird Toyota bald auf dich zukommen und fragen, ob du nicht mit einem Toyota fahren willst. Aber du musst dich zuvor in die Position bringen. Genauso funktioniert der Markt."
Damit meint Vaynerchuk nicht das Prinzip des Gebens und Nehmens, sondern jenes des Gebens und Fragens. "Du butterst in deinen Job rein und du kannst dir sicher sein, dass man dich früher oder später auch fragen wird, ob du nicht auch etwas dafür nehmen willst. ( ) Ich trage ständig Nikes. Ich mag sie nicht, aber Nike hat sie mir gekauft", sagt er grinsend. Und: "Ich mag auch Snapchat nicht. Aber darum geht es nicht. Du musst einfach etwas finden, das dir Spaß macht, deinen Wert erkennen und dann loslegen."
Was ein gutes Leben ausmacht
Erst im Sommer hat er in Ghana die Schulbank gedrückt. Den Bau der Schule hat er mitfinanziert. "Viel Geld zu verdienen und in etwas Zukunftsfähiges stecken, macht jedenfalls enormen Sinn." Für viele kleine ghanesische Kinder ist er schon jetzt so etwas wie der reiche Onkel aus Amerika, der ihnen einen Zugang zu Bildung ermöglicht. Ähnlich programmatisch sieht es GaryVee selbst. Das Projekt läuft gut und das spricht sich auch in den Sozialen Medien schnell herum. Damit zahlt er schließlich auch wieder ordentlich auf sein eigenes Karmakonto ein: "Das richtige zu tun, ist praktisch. Gutes zu tun, macht dich überlegen".