Los Angeles/Wien. "Wir werden die Filmkunst und Filmtechnik dadurch voran bringen, dass wir Preise für hervorragende Einzelleistungen verleihen werden." Kurz aber folgenschwer ist der Passus, der in den Satzungen versteckt bei der konstituierenden Sitzung der "Academy of Motion Picture Arts and Sciences" am 11. Mai 1927 beschlossen wurde, die aus 36 Gründungsmitgliedern bestand. Und so kam es am 16. Mai 1929 zur ersten Verleihung der von Cedric Gibbons, Leiter des Art Departments bei MGM, entworfenen Statuen.

Vom Glamour des heutigen Events war die damalige Veranstaltung allerdings noch weit entfernt. Die Gewinner waren seit Monaten bekannt und hatten sich die Statuen teilweise schon zuvor abgeholt. Auch fanden sich nur wenige Stars und Pressevertreter im Blossom Room des Hollywood Roosevelt Hotels ein. Entsprechend zügig wickelte Douglas Fairbanks die Verleihung ab: in der Rekordzeit von vier Minuten 22 Sekunden. Damals trug die kleine Statue übrigens noch nicht den Namen Oscar, wobei umstritten ist, wie die Auszeichnung zu ihrem Titel kam. Die verbreitetste Geschichte ist, dass die Academy-Bibliothekarin und spätere Direktorin Margaret Herrick sich an ihren Onkel Oscar erinnert fühlte. Die Academy verwendete den Spitznamen jedenfalls 1939 zum ersten Mal offiziell.
Unterhaltung und Glamour
Zu dieser Zeit hatte der Erfolg des Goldbuben sich bereits entwickelt. Vor allem in wirtschaftlich turbulenten Zeiten und während des Zweiten Weltkrieges sehnten sich viele Amerikaner nach Unterhaltung und Glamour. So bedeutete ein Oscar-Gewinn in einer der Hauptkategorien schon in den 1940er Jahren Zusatzeinnahmen von ein bis zwei Mio. Dollar für ein Studio. Nicht zuletzt wurde der Oscar zum Spielball: Den wirtschaftlichen Druck, den die von der Rezession gebeutelten Studios in den 1930er und 40er Jahren auf die Academy ausübten, ist legendär. Beim Oscar selbst musste man während des Weltkrieges allerdings sparen. In dieser Zeit wurden nur Gips-Statuetten vergeben, die nach Kriegsende gegen "echte" Oscars umgetauscht wurden.
Obwohl die Studios sich lange Zeit erbittert gegen die entstehende Fernsehkonkurrenz zur Wehr gesetzt hatten, markierte die erste Fernsehübertragung einer Oscar-Verleihung 1953 einen Meilenstein in der Fernsehgeschichte: Die vom späteren US-Präsidenten Ronald Reagan moderierte Show erzielte die bis dahin höchste Einschaltquote seit TV-Einführung. Die Organisatoren der Gala erwiesen sich dabei meist als zuverlässige Lieferanten. Erst dreimal wurde diese bisher verschoben: 1938 wegen einer Hochwasserkatastrophe, 1968 wegen der Ermordung Martin Luther Kings und 1981 wegen des Attentats auf Präsident Ronald Reagan.
Politik und Oscar
Auch politisch geriet der Oscar ins Rampenlicht: In den repressiven Jahren der McCarthy-Zeit gab es offizielle schwarze Listen mit als kommunistisch gebrandmarkten Schauspielern und Regisseuren, die keinen Oscar gewinnen durften. Die Schauspieler begannen, ihre Popularität zu nützen, um politische Statements abzugeben: Improvisierte und geplante politische Reden zu Themen wie Unterdrückung der Indigenas, Vietnamkrieg und Palästina prägten die Oscar-Nächte lange Jahre als Spiegel der unruhigen politischen Entwicklung Amerikas.
Das änderte sich erst, als in den 1980er Jahren Filme wie "Ghostbusters", "Indiana Jones" und "Beverly Hills Cop" den Siegeszug des Kommerzkinos einläuteten. Die Academy vergab die Haupt-Oscars vorerst nicht an Massentaugliches, bis in den 1990ern Kinoerfolge und Oscar-Gewinner wieder übereinzustimmen begannen: Spätestens als "Titanic" 1997 den Oscar-Rekord von "Ben Hur" (elf Oscars 1959) egalisierte, war das Blockbusterkino oscarwürdig geworden.