ÖVP und Grüne wollen im Zuge der angestrebten Pflegereform auch die Finanzierung des Hospizwesens auf neue Beine stellen. Im 40-Seiten-Bericht der Arbeitsgruppe zur Neuordnung des Pflegewesens wird auch darauf Bezug genommen und die Einführung einer Regelfinanzierung für die Hospiz- und Palliativaktivitäten in Aussicht gestellt. Betroffene bleiben dennoch skeptisch. So beklagt der Obmann der Hospizbewegung in Salzburg, Karl Schwaiger, gegenüber der "Wiener Zeitung" , dass bereits "zum x-ten Mal von der Überführung der Finanzierung des Hospiz- und Palliativbereichs in die Regelfinanzierung und  einem flächendeckenden Ausbau dieser wichtigen Leistungen gesprochen" werde. Es sei aber "leider noch kein konkreter Plan dafür erkennbar wie die Finanzierung erfolgen soll".

Die türkis-grüne Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, heuer mit einem Jahr Verspätung wegen der Corona-Epidemie die gleich zum Amtsantritt im Jänner des Vorjahres versprochene Pflegereform im Laufe des heurigen Jahres umzusetzen. Eine Arbeitsgruppe hat seit Herbst des Vorjahres Grundlagen ausgearbeitet. Neben der Bündelung der Finanzströme im Pflegewesen und der vom Rechnungshof mehrfach geforderten bundesweiten Vereinheitlichung der Pflegeleistungen und der Kosten sind, wie berichtet, auch Initiativen im Hospizbereich als Teil der Reform angeführt.

Für den Obmann der Salzburger Hospizbewegung und Pflegedirektor gibt es vor allem einen Grund, warum eine Stärkung und die Klärung der dauerhaften Finanzierung des Hospizbereichs heuer dringend notwendig sind. Der Verfassungsgerichtshof hat im Dezember des Vorjahres die Beihilfe zum Suizid mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2022 erlaubt. Konkret haben die Verfassungsrichter die Strafbarkeit der "Mitwirkung am Selbstmord" als Straftatbestand aufgehoben und als Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung als verfassungswidrig aufgehoben. "Tötung auf Verlangen" bleibt hingegen weiterhin strafbar.

Erhöhter Druck für Verbesserung im Hospizwesen

Für Schwaiger ergibt sich mit der höchstgerichtlichen Entscheidung, "den assistierten Suizid in Österreich zu ermöglichen" ein erhöhter Druck für Verbesserungen im Hospizwesen. Es sei "umso wichtiger, als echte Alternative im Rahmen der selbstbestimmten Entscheidung eine sehr gute Hospiz- und Palliativversorgung anzubieten", meint er an die Adresse der türkis-grünen Koalition. Diese will in den kommenden Monaten in Gesprächen mit den Bundesländern, die im Pflegebereich zuständig sind, eine Reform auf die Beine stellen, mit der vor allem die Angehörigen von Pflegebedürftigen und mobile Dienste besser unterstützt werden sollen.

Der Obmann der Salzburger Hospizbewegung drängt auf menschliche und soziale Angebot bei der Hospiz- und Palliativversorgung. Diese müsse mit hoher medizinischer und pflegefachlicher Expertise kombiniert werden und Möglichkeiten  einer entsprechenden Therapie sowie Schmerzfreiheit bieten. Das Bundesland Salzburg sei dabei mit zwei Tageshospizen sowie einem flächendeckenden Angebot an ehrenamtlicher Hospizbetreuung für Betroffene zu Hause mit neun Teams in allen Bezirken des Bundeslandes "Vorreiter in Österreich", erläutert er. Gerade vor dem Hintergrund der ab dem kommenden Jahr gelten Erlaubnis zum Suizid mit Beihilfe sei jedoch eine geregelte Finanzierung für das Hospizwesen "dringend nötig", betont Schwaiger.

"Reform ohne mehr Personal Makulatur"

Der Bericht der Arbeitsgruppe hat auch Reaktionen aus von Pflege- und Sozialorganisationen wie dem Hilfswerk ausgelöst. Für dieses stellt ebenso wie für Experten die Lösung des Personalmangels das "Herzstück" einer Pflegereform dar. Laut Studie fehlen bis 2030 rund 100.000 Pflegekräfte, weil viele in diesem Bereich in Teilzeit arbeiten, beziehungsweise 75.000 Vollzeitkräfte. "Wenn es uns nicht gelingt, genügend Menschen für die Pflege- und Betreuungsberufe zu gewinnen, bleibt die Reform Makulatur", warnt das Hilfswerk. Dafür sei eine "möglichst große Vielfalt an Wegen in den Pflegeberuf" notwendig. Das reiche von der Pflegeausbildung in Berufsbildenden Höheren Schulen bis zur dualen Ausbildung in Form einer Lehre für die Pflegeassistenz. Zur Unterstützung pflegender Angehörige wünscht sich das Hilfswerk unter anderem den Ausbau mobiler Dienste mit einer mehrstündigen Tagesbetreuung zu Hause.

Für Caritas-Präsident Michael Landau stellt der Bericht der Arbeitsgruppe eine "gute Zusammenfassung" der Notwendigkeiten bei einer Pflegereform dar. Für wichtig hält er aber auch eine "Weiterentwicklung des Pflegegeldes",  das derzeit in sieben unterschiedlichen Höhen je nach dem Grad des Pflegebedarfs vom Bund an rund 460.000 Menschen in Österreich ausbezahlt wird. Zu wenig Augenmerk werde den besonderen Belastungen durch Demenz-Erkrankungen gewidmet, meint die Caritas. Um mehr Personal zu finden, müssten Ausbildungen zu Pflegeberufen ab sofort kostenlos angeboten werden und mit Stipendien unterstützt werden. Als positiv wertet der Caritas-Präsident, dass auch mehrere Punkte in dem Bericht einem "Pakt  gegen Einsamkeit" gewidmet seien.