Es war ein Formalakt. Schon nach wenigen Minuten hat am Dienstag der Hauptausschuss des Nationalrats nicht nur den Lockdown für Wien, Niederösterreich und das Burgenland bis 11. April verlängert. Auch wird es Bewohnern von Pflege- und Seniorenheimen ermöglicht, wieder mehr soziale Kontakte zu haben.

Ab dem morgigen Mittwoch ist es erlaubt, dass Heimbewohner nunmehr vier Besuche pro Woche empfangen dürfen. Vorgesehen ist das für jeweils zwei Besucher. In den vergangenen rund drei Wochen hat eine Beschränkung auf zwei Besuche pro Woche gegolten, davor war nur ein Besuch pro Woche erlaubt gewesen. Das Gesundheitsministerium begründet den weiteren Schritt einer Lockerung mit den inzwischen erfolgten Corona-Impfungen in den Alten- und Pflegeheimen.

Genau das ist allerdings der Grund, warum Seniorenvertreter bereits eine weitere Lockerung der Besuchsregeln für Heimbewohner verlangen. Der Chef des SPÖ-Pensionistenverbandes, Peter Kostelka, und die Chefin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec, drängen einhellig darauf, aufgrund der weitreichenden Durchimpfung der Heimbewohner und des Pflegepersonals tägliche Besuche in den Heimen zuzulassen.

"Beschränkungen nicht vertretbar"

Beide führen als Begründung an, dass damit die Isolation von Heimbewohnern durch restriktive Besuchsregeln, die vor allem seit dem ersten Corona-Lockdown im März 2020 bis in den heurigen Winter gegolten haben, beendet werden solle. Diese Besuchseinschränkungen waren angeordnet worden, um zunächst die besonders gefährdete Personengruppe älterer und hochbetagter Menschen in Heimen möglichst gut vor einer Corona-Ansteckung zu schützen.

"Wer geimpft ist, muss raus aus der Isolation", verlangt ÖVP-Seniorenchefin Korosec. Die mittlerweile großflächige Durchimpfung von Heimbewohnern mache weitere Öffnungsschritte bis hin zu täglichen Besuchsmöglichkeiten "unumgänglich". SPÖ-Pensionistenchef Kostelka möchte ebenfalls, dass die Isolation der Bewohner rasch ein Ende hat. Beschränkungen seien "nicht mehr vertretbar", meinte auch er unter Hinweis auf die Corona-Impfungen und weitere bestehende Schutzmaßnahmen. Von Experten war die wochen- und monatelange weitgehende Isolation älterer Menschen in Heimen und die Trennung von ihren Angehörigen ebenfalls als höchst problematisch angesehen worden.

Deutlich verbesserte Infektionslage

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) wurde wegen einer neuerlichen Erkrankung am Dienstag im Hauptausschuss des Nationalrats von Parteikollegin und Justizministerin Alma Zadic vertreten. Er hat die Lockerung der Besuchsregeln mit den Corona-Impfungen für Heimbewohner, die das Vakzin in der ersten Phase der Impfungen seit Beginn dieses Jahres erhalten haben, und der dadurch deutlich verbesserten Infektionslage in den Heimen begründet.

Noch im November des Vorjahres entfiel mit rund 4000 Ansteckungsfällen rund die Hälfte der Neuinfektionen auf Senioren- und Pflegeheime. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums hat sich die Zahl der Corona-Infektionen in Heimen zuletzt auf rund 150 reduziert.

Der Gesundheitsminister sieht die nunmehrige Lockerung der Besuchsregel in den Heimen vor allem auch als "einen Beitrag zum psychischen Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner", aber auch ihrer Angehörigen. Allerdings müssten weiterhin Schutzvorschriften wie das Tragen von FFP2-Masken bei Besuchen und Corona-Tests eingehalten werden. Außerdem wird den Heimbetreibern trotz der grundsätzlichen Lockerungen Spielraum eingeräumt, dennoch in Eigenregie strengere Besuchsregeln anzuordnen. Es ist ausdrücklich vorgesehen, dass Trägerorganisationen und Heimbetreiber je nach Infektionslage in ihrem Bereich zusätzliche Sicherheits- und Schutzmaßnahmen bis hin zu Besuchsbeschränkungen umsetzen.

"Schritt in Richtung Normalität"

Die Bestrebungen der Seniorenvertreter gehen jedoch unter Einhaltung der Schutzvorkehrungen in eine andere Richtung. Kostelka argumentiert, dass viele Heimbewohner Angehörige und Bekannte seit Monaten nicht mehr gesehen hätten. Daher sollten tägliche Besuche auch von mehreren Personen unter Beachtung der Schutzmaßnahmen erlaubt werden. Er führt dafür auch die Entwicklung der Corona-Infektionslage in den vergangenen Wochen ins Treffen, in denen bereits schrittweise eine Lockerung der Besuchsmöglichkeiten erfolgt sei.

Korosec betrachtet die Lockerung ab Mittwoch zwar als "weiteren wichtigen Schritt in Richtung Normalität". Damit sei aber das Ziel mit täglichen Besuchen noch nicht erreicht. Wenn unter Einhaltung von Testpflicht und Maskenpflicht täglich auch Besuche in Heil- und Kuranstalten erlaubt seien, müsse das auch in Alten- und Pflegeheimen möglich sein. Wenn die Corona-Impfung der Anfang vom Ende der Pandemie sei, müssten das die älteren Menschen auch spüren können.