Nach einer mehr als einjährigen Verzögerung wegen der Corona-Epidemie hat die türkis-grüne Bundesregierung für den heurigen Herbst erste Maßnahmen im Zuge der Pflegereform in Aussicht gestellt. Die Caritas ruft jetzt dazu auf, in der Debatte zur Pflegereform nicht auf die Sozialbetreuung zu vergessen. Bei diesem Berufsbild geht es um die Unterstützung bei der Alltagsbewältigung und um sinnstiftende Beschäftigung etwa für ältere oder demenzkranke Menschen. Oberösterreich sei hier Vorreiter, hieß es in einer Pressekonferenz am Dienstag. Insgesamt werden, wie mehrfach berichtet, laut einer Studie in Pflege und Betreuung 75.000 Vollzeit-Mitarbeiter zusätzlich bis zum Jahr 2030 benötigt.
Caritas-Präsident Michael Landau sieht die Politik gefordert. Denn bei der Pflegereform stehe die Personaloffensive noch aus, hier müsse der Turbo eingelegt werden. Er warnte vor der Gefahr der Vereinsamung älterer Menschen. "Der Einsatz von Sozialbetreuerinnen und -betreuern muss daher künftig noch weiter an Bedeutung gewinnen, das Potenzial dieses Berufsbildes muss auch im Bereich der Langzeitpflege in Alten- und Pflegeheimen noch stärker wahrgenommen werden", meinte Landau am Dienstag, der hier auch einen Regierungsbeauftragten ein.
Oberösterreich als Vorbild
Vorbild ist bei der Sozialbetreuung Oberösterreich. Das liege daran, dass es als einziges Bundesland bereits jetzt Sozialbetreuungsberufe in seine Personalschlüssel bei der Pflege aufnimmt. Sozialbetreuerinnen würden dort verstärkt gemäß ihren Qualifikationen und Kompetenzen eingesetzt, außerdem bestehe eine gerechte Lohneinstufung, die sich am Tätigkeitsfeld und nicht an der Berufsausbildung orientierte, wie Andrea Anderlik, örtliche Caritas-Geschäftsführerin für Betreuung und Pflege, betonte.
Voraussetzung für das Anwerben des dringend benötigten Personals sei ein attraktives Arbeitsumfeld. Der Zeitdruck müsse reduziert, mehr Personal eingesetzt werden. Dafür brauche es eine entsprechende Finanzierung der öffentlichen Hand, wird von der Caritas bekräftigt. Es brauche darüber hinaus kostenlose Ausbildungsangebote, wie es in Oberösterreich seit Herbst 2012 der Fall sei, sowie finanzielle Unterstützung für die Zeit der Ausbildung. Wie bei der Polizeigrundausbildung sollen auch Schülerinnen und Schüler der Bereiche Pflege und Betreuung Beiträge zur Deckung der Lebenshaltungskosten beziehen, forderte Landau.
SPÖ-Pensionistenchef für höhere Einstiegsgehälter
Ähnliches forderte in einer Aussendung am Dienstag auch der SPÖ-Pensionistenverband. Man müsse die einmalige Chance nutzen, Berufsumsteiger in die Pflege zu bringen, meinte der Präsident des Pensionstenverbandes, Peter Kostelka. Während der Ausbildung brauche es Anreize als für eine "finanzielle Grundlage, von der man auch leben kann, und in der Folge attraktivere Einstiegsgehälter als aktuell".
Für das Verankern von sogenannten "Community Nurses" in den Gemeinden als Pflege-Ansprechpersonen setzt sich der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) ein. Daniel Peter Gressl vom ÖGKV sah im Ö1-"Morgenjournal" als wichtig für einen Lückenschluss auf kommunaler Ebene an. Der häusliche Sektor könne damit gestärkt werden, betonte auch Martin Nagl-Cupal von Institut für Pflegewissenschaften der Universität Wien. Im Rahmen der österreichischen Einreichungen für den EU-Corona-Wiederaufbaufonds sind dafür 50 Millionen Euro vorgesehen. (apa)