Nach Verhandlungen zwischen Wirtschafts- und Sozialministerium im ersten Jahr der türkis-grünen Bundesregierung 2020 ist es still geworden um die Pläne zur Einführung einer Pflegelehre in Österreich. Der turnusmäßige Vorsitzende der Konferenz der Landeshauptleute, Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), kündigt jetzt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" an, dass er diesbezüglich an den Bund herantreten werde, um als Modellregion damit zu beginnen: "Wir würden Gewehr bei Fuß stehen." Vorarlberg würde sich zur Verfügung stellen: "Wir sind ein Bundesland, das das machen würde."
Wallner hat bereits bei der Übernahme des Vorsitzes in der Konferenz der Landeshauptleute von seinem Tiroler Amtskollegen Günther Platter erklärt, dass er die Pflegereform im halben Jahr bis Juli vorantreiben möchte. Ein Thema sei dabei vor allem die Ausbildung zur Pflege. "Wir beginnen mit der Pflegeausbildung tendenziell zu spät", meint der Vorarlberger Landeschef. Wie bei anderen Lehrberufen solle die Pflegelehre für Jugendliche ab 15 Jahren beginnen. Einerseits würden diese sonst in andere Lehrberufe gehen. Andererseits müsse man auch bei der Pflege alle Möglichkeiten von der Lehre bis zur Hochschulausbildung nützen. "Da müssen wir jetzt ran ans Thema", betont Wallner.
Die benachbarte Schweiz als Vorbild
Er verweist dabei auf das Vorbild der Schweiz: "Wir kennen das Modell der Pflegelehre von den Nachbarn." Vorarlberg sei außerdem ohnehin "ein Land der Lehre". Zugleich räumt der Landeshauptmann ein, man müsse "mit einer gewissen Vorsicht" vorgehen. Kritiker wenden nämlich ein, dass die herausfordernde Tätigkeit der Pflege für Jugendliche ab 15 Jahren statt wie bisher erst ab 17 Jahren zu früh sei. "Es ist lösbar", hält der Vorarlberger Landeshauptmann dem entgegen. Das sei eine Frage, wie der Ausbildungsweg gestaltet sei. "Man muss nicht mit der Pflege direkt am Bett beginnen", erläutert Wallner, es gebe die Möglichkeit, mit Modulen in der Lehre in den Pflegeberuf gleichsam "hineinzuwachsen". Es sei aber "ein Fehler, nicht damit zu beginnen".
Der ÖVP-Landeschef sieht die Pflegelehre aber ausdrücklich nur als einen Teil, um mehr Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen. Es müssten alle Möglichkeiten von der Lehre über Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz bis hin zur Hochschulausbildung zu genützt werden. Darüber hinaus müsse man sich bemühen, auch Quereinsteiger für den Pflegeberuf zu gewinnen.
Zuletzt hat bereits der ÖVP-Klubobmann im Parlament, August Wöginger, die Pflegereform als zentrales Vorhaben der türkis-grünen Koalition für das heurige Jahr genannt. Nach der Bildung der türkis-grünen Bundesregierung Anfang Jänner 2020 ist diese zwar in Angriff genommen worden, bevor ab März 2020 die Coronakrise ausgebrochen ist. Danach ist für den Herbst des Vorjahres ein neuer Anlauf in Aussicht gestellt worden. Bis auf die Möglichkeit, dass bis zu 150 Gemeinden sogenannte Community nurses zur Beratung und Unterstützung für Pflegebedürftige und deren Angehörigen beschäftigen können, gab es allerdings kaum Initiativen.
"Nicht von Wien aus organisieren"
"Die Pandemie hat uns allen viel abverlangt", führt Wallner als Begründung an. Der Vorsitzende der Konferenz der Landeshauptleute will aber nun die Pflegereform vorantreiben. Zugleich stellt er klar: "Die Pflege ist denkbar ungeeignet für zentralbürokratische Vorgaben." Denn die Pflege passiere vor Ort und in den Gemeinden. Wichtig sei die Unterstützung der Pflege daheim durch die Angehörigen sowie der mobilen Pflege. "Die wird man nicht von Wien aus organisieren können", so Wallner.
"Nicht auf das Geld reduzieren"
Wichtig sei auch die Regelung der Finanzierung. Dabei verweist der Vorarlberger Landeshauptmann allerdings darauf, dass diese mit der Verlängerung des Finanzausgleichs bis 2023, die übrigens am Donnerstag im Nationalrat beschlossen wird, gegeben sei. Es gehe demnach um eine "Perspektive" darüber hinaus.
Er wolle allerdings auch darauf achten, "dass wir Pflege nicht nur auf das Geld reduzieren". Älteren Menschen ständig zu signalisieren, dass sie ein Geld- und Finanzierungsfaktor seien, "widerstrebt mir", betont der Vorarlberger Landeshauptmann. Denn bei der Pflege gehe es vor allem um die Achtung der Würde des Menschen.