Die Wiener Ärztekammer hat nachgelegt im Streit mit der Stadt um eine Verbesserung des Wiener Spitalwesens. Seit Monaten bereits spitzt sich der Disput zu, bei dem die Standesvertretung am Mittwoch einen Zehn-Punkte-Plan präsentiert hat. Einer davon lässt besonders aufhorchen: Ärzte, die ein Wiener Spital verlassen haben und bereit sind, auf mindestens zwei Jahre an ein ebensolches zurückzukehren, sollen eine Prämie in Höhe von 24.000 Euro erhalten – steuer- und sozialversicherungsfrei.
Ebenso sollen dieses Geld Ärzte erhalten, "die die Wiener Spitäler in den letzten Jahren am Laufen gehalten haben" und sich ebenfalls dazu bereit erklären, noch mindestens zwei Jahre zu bleiben. Und überhaupt solle das für alle rund 30.000 Gesundheitsbediensteten in Wiener Spitälern gelten, forderte der geschäftsführende Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, Stefan Ferenci. Die Kosten für die Bleibeprämie belaufen sich ihm zufolge auf maximal 675 Millionen Euro. Bei der Stadt Wien kann man dieser Forderung allerdings wenig abgewinnen.
"In den bisherigen Gesprächen hat die Ärztekammer immer betont, dass es ihr um Inhalte und um Verbesserungen für die Wienerinnen und Wiener geht", erklärte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker gegenüber der "Wiener Zeitung". "Seit heute ist klar – es geht der Kammer nur ums Geld." Die Wiener Ärztekammer habe schon vor einiger Zeit zehn Überschriften formuliert. Detaillierte Überlegungen sei sie aber bisher schuldig geblieben. "Ich habe erwartet, dass sie das heute in der PK machen, aber das ist nicht passiert. Insofern bin ich ein bisschen enttäuscht", sagte Hacker.
Stadt schätzt höhere Kosten
Auch, was die von der Ärztekammer überschlagenen Kosten betrifft, stimmt man bei der Stadt nicht zu. Dort rechnet man damit, dass die Bleibeprämie mehr als eine Milliarde Euro kosten würde. "Wir haben aktuell im Gesundheitsverbund und den privaten Fondspitälern einen Gesamtaufwand von 2,4 Milliarden Euro für das Personal. Da würde jetzt noch eine Milliarde dazugekommen bzw. vier Milliarden für ganz Österreich", so Hacker.
Diese Prämien sollten als Sofortmaßnahme weitere Personalabgänge verhindern und ausgeschiedene Kollegen sowie Pflegepersonal wieder zur Rückkehr ins Spital bewegen, sagte wiederum Ferenci in einer Pressekonferenz am Mittwoch. "In Wiens Spitälern herrscht ein Flächenbrand und diesen Brand müssen wir jetzt sofort löschen." Wenn man sich ansehe, dass in den letzten drei Jahren zig Milliarden Euro an Covid-19-Förderungen – "bei Weitem nicht nur an notleidende Betriebe – ausbezahlt wurden, erscheinen die 675 Millionen Euro für die viel beklatschten Heldinnen und Helden der Pandemie im Vergleich dazu wie ein Tropfen auf den heißen Stein", so Ferenci.
Weitere vorgeschlagene Maßnahmen aus dem Zehn-Punkte-Plan der Wiener Ärztekammer sind unter anderen höhere Gehälter unter Berücksichtigung der Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste sowie Rufbereitschaften. Zudem sollen alle Vordienstzeiten angerechnet werden. Für Mangelfächer wie etwa die Kinder- und Jugendpsychiatrie sollen mit Zulagen bedacht werden. Außerdem fordert die Ärztekammer externe Pooldienste zur Herstellung von Dienstplansicherheit und interne Jobbörsen. Die "Zwangsfantasien" von Gesundheitsstadtrat Hacker hingegen, Medizin-Absolventen für eine bestimmte Zeit als Kassenärzte zu verpflichten, würden rechtlich nicht halten, kritisierte Ferenci.
Er werde die Bleibeprämie "in die Finanzausgleichsverhandlungen mit dem Bund mitnehmen und dann schauen wir, was der Finanzminister dazu sagt", erklärte wiederum Hacker.