
John Lennon & Yoko Ono: Double FantasyNach fünf Jahren als Hausmann hatte John Lennon 1980 genug von Brotbacken und Kindererziehung und wollte der Welt zeigen, dass er immer noch mindestens so hübsche Popsongs schreiben und singen konnte wie sein alter Weggefährte und Konkurrent Paul McCartney - und dass er seine Yoko sehr lieb hatte und für eine gleichwertige Songwriterin hielt. Letzteres kam bei Kritik und Publikum nicht so gut an, obwohl Yokos Lied "Kiss Kiss Kiss" wenigstens in der Club- und Künstlerszene New Yorks sehr beliebt war. John selbst stand mit Nummern wie "(Just Like) Starting Over" und "Woman" in schönster Pop-Komponistenblüte und erklomm die Hitparaden der Welt wie in seligen Beatles-Zeiten. Nur drei Wochen später fiel er einem geltungssüchtigen Mörder zum Opfer, was, wie es in diesem Geschäft nun einmal ist, die Plattenverkäufe enorm ankurbelte.
Talking Heads: Remain In Light
Das vierte Studioalbum der Band um David Byrne zementierte deren Ruf als musikalisch wie lyrisch abenteuerlustigste amerikanische Band jener Jahre. Produziert von Brian Eno, war "Remain In Light" ein wilder Ritt zwischen Post-Punk, afrikanischen Poly-rhythmen, Dance-Music und Art-Pop. Der Opener "Once In A Lifetime" traf mitten ins Gemüt einer Generation, die sich ihres Schicksals als Humankapital mit Ablaufdatum in einer Gesellschaft, in der alles und alle nur Ware sind, wohl bewusst war, aber keinen Weg fand, dagegen anzukämpfen. Bis heute erzeugt der Song, der immer noch zum Liverepertoire von David Byrne gehört, beim Publikum dieselbe seltsame Mischung aus Wut, Resignation und Einsicht.
David Bowie: Scary Monsters
Nach seiner von der Kritik hochgelobten, aber vom Publikum nur so lala geschätzten sogenannten "Berlin-Trilogie" läutete Bowie mit "Scary Monsters" sein Comeback als die Charts stürmender Pop-Superstar ein und wechselte einmal mehr sein Image. Er war jetzt nicht mehr der dauerkoksende dünne weiße Herzog, nicht mehr das genderfluide Alien und nicht mehr der trippende Weltraumhippie, sondern ein ordentlich gekämmter Anzugträger und Mode-Trendsetter. Das Album zeugte Hits wie "Ashes To Ashes" und "Fashion" und galt unter Fans als sein letztes "großes", sprich kulturell einflussreiches Werk.

The Soft Boys: Underwater Moonlight
Auch die frühen 1980er hatten ihre verkannten Genies, und eines davon war zweifellos der britische Sänger und Gitarrist Robyn Hitchcock. Seine Band The Soft Boys existierte von 1976 bis 1980 und brachte gerade einmal zwei Alben hervor (2002 kam es zu einer kurzlebigen Reunion). "Underwater Moonlight" verkaufte sich in England sehr schlecht, aber in den USA spitzten viele ihre Ohren und verliebten sich in diese Sammlung feinster Neo-Psyche-delic mit einem Schuss Punk. So gaben R.E.M. später zu Protokoll, die Platte habe zu ihren wichtigsten Einflüssen gehört. Tatsächlich hören sich Songs wie das hart rockende "I Wanna Destroy You" bis heute frisch und neu an. Robyn Hitchcock verfolgte anschließend eine immer noch andauernde, kommerziell mäßig erfolgreiche Solokarriere. Kimberly Rew wurde hingegen mit der auf Sonnenschein wandelnden Pop-Truppe Katrina And The Waves reich.
The Teardrop Explodes: Kilimanjaro
Da wir gerade über britische Neo-Psychedelic sprachen, dürfen wir natürlich auch Julian Copes Band The Teardrop Explodes nicht vergessen. Cope und seine Lads kamen aus Liverpool, aßen LSD zum Frühstück und schafften es trotz ihres Lebenwandels, eine sehr tighte Version von Drogenmusik zu spielen. Das reichte 1980 immerhin für den einzigen Hit der Gruppe, "Reward", der zunächst nur als Single erschien und erst auf späteren Pressungen des Albums "Kilimanjaro" zu finden ist. Bandleader Cope wurde zu jener Zeit ernsthaft psychisch auffällig und nervte seine Bandkollegen mit Eskapaden, die jenen von Jim Morrison in dessen wüstester Zeit kaum nachstanden. Zwei Jahre später zerbrach die Band undCope machte als Solokünstler weiter, der bis heute mit extremen und teils verstörenden Platten ebenso aufwartet wie mit schmucken Pop-Kleinkunstwerken.
Ozzy Osbourne: Blizzard Of Ozz
Nachdem Ozzy von Black Sabbath gefeuert worden war, weil er sogar diesen Satansbraten zu wild und zu verdrogt war, rechnete eigentlich niemand damit, ihn jemals wieder außerhalb von Psychiatrien und Rehazentren anzutreffen. Doch der Fledermausfresser riss sich am stetig länger werdenden Riemen und brachte ein Soloalbum heraus, das Kritik und Plattenkäufer gleichermaßen begeisterte und unter Metal-Heads bis heute zu den besten gerechnet wird. Unterstützt vom virtuosen und stilprägenden E-Gitarrenspiel des nur wenig später tragisch verunglückten Randy Rhoads haute Ozzy hier Klassiker des Schwermetall-Gewerbes wie "Crazy Train", "Mr. Crowley" und "Suicide Solution" raus, als wäre es das Einfachste der Welt. Nach dem Album war Ozzy Osbourne ein etablierter Alleinunterhalter und hatte genug Geld, um sich während der restlichen 80er Jahre Hektoliter Schnaps und feinstes Kokain gönnen zu können.

Pete Townshend: Empty Glass
In den späten 70er Jahren hatte es der Gitarrist und Songwriter von The Who trotz eines fetten Kontostands auch nicht leicht. Freunde wie Keith Moon waren gestorben, Dämon Alkohol hatte Townshend so fest im Griff, dass dieser mit Schnapsflaschen schlafen ging, damit der Stoff stets in Reichweite war, und dem eisernen Griff des Heroin war er auch noch nicht entronnen. All das verarbeitete er zu einem sehr hübschen Album, das mit dem zärtlichen "Let My Love Open The Door" sogar einen Top-10-Hit in den USA hervorbrachte. Ansonsten dreht sich auch hier vieles um Themen, die bei Towns- hend immer wieder eine Rolle spielen: etwa ambivalente Sexualität und Aggressionen ("Rough Boys"). Dazu kommen empfindsame Selbstfindungsballaden ("I Am An Animal") und eine Verbeugung vor bewunderten Kollegen, in diesem Fall von Kinks-Chef Ray Davies ("Keep On Working").
Motörhead: Ace Of Spades
Zu Beginn eines Jahrzehnts, das mehr Poser und Faker hervorbrachte als jede andere Epoche, zeigten Lemmy Kilmister, Eddie Clarke und Phil Taylor, wie laut, schnell, grindig und hart drei Jungs spielen können, wenn sie nur genug Talent, Whiskey und Amphetamine haben. "Ace Of Spades" ist die essenzielle Metal-Platte und der Titelsong der ultimative "Nehmt keine Gefangenen"-Track. Den Einfluss des Albums auf die Musikszene kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Ohne "Ace Of Spades" kein Thrash-Metal, keine Metallica. Ob das zum Nutzen oder Schaden der Menschheit ist, sei dahingestellt, aber eines ist so klar wie Wodka: Wenn alles finster aussieht und man die Schnauze von allem voll hat, legt man diese Platte auf, dreht die Anlage auf elf und köpft ein gutes Fläschchen. Wirkt besser als die meisten Antidepressiva.
AC/DC: Back In Black
Nach dem Tod von Sänger Bon Scott schien es, als wäre es das gewesen mit den rotzigen Rock-Prolos aus Australien. Aber die Band gab nicht auf, engagierte mit Brian Johnson einen stimmtechnisch ebenbürtigen Frontman und nahm in Windeseile eine Platte auf, die eine beliebte, aber nicht weltberühmte Band zu Superstars machen sollte, die weltweit Arenen füllten. "Back In Black" ist objektiv kein künstlerisch

wertvolles Stück Musik, aber den Gebrüdern Angus und Malcom Young gelangen hier nicht nur Metal-Gassenhauer wie "Hells Bells", sondern insgesamt top produzierte und trotzdem noch lebendige Songs, die die Platte zu einer der besten und erfolgreichsten des Genres machten. Scott mag auf den "Highway To Hell" abgebogen sein, seine Ex-Band aber fuhr auf einer Straße des Erfolgs, die erst Jahrzehnte später mit schweren Gesundheitsproblemen des Line-ups von 1980 enden sollte.
Billy Joel: Glass Houses
Bevor Alkohol und andere Stimulanzien einen langsamen körperlichen und künstlerischen Abstieg einläuteten, setzte das Songwriting-Genie mit Wiener Wurzeln noch dieses Meisterwerk in die Welt, das alle Facetten von Joels Kunst in bester Form zeigt. Angefangen mit dem "Wilder Hund"-Rocker "You May Be Right" zum poppigen Welthit "Its Still Rock And Roll To Me" über Lennon-McCartney-würdige Ohrwürmer wie "Dont Ask Me Why" bis zur ironiefreien Zuckergussballade "Through The Long Night" ist das Joel in Rein- und Bestform und ein Testament dafür, warum der Mann gemeinhin zu den zehn besten Liederschreibern Amerikas gezählt wird.
