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Die Zukunft der Immobranche

Von Christoph Urbanek

Recht

Blockchain und Digitalisierung werden den handelnden Personen wie Käufern, Investoren oder Mietern das Leben erheblich erleichtern.


Christoph Urbanek ist Rechtsanwalt und Partner im Bereich Finance & Projects im Wiener Büro der internationalen Anwaltskanzlei DLA Piper. Er berät im Bank- und Finanzierungssektor vor allem bei strukturierten Finanzierungen mit Schwerpunkt Immobilien.
© DLA Piper

Die Themen Blockchain und Digitalisierung treten im Immobilienbereich immer stärker in den Vordergrund. Sie werden wohl den handelnden Personen, wie Käufern, Verkäufern, Investoren sowie Mietern und Vermietern das Leben erheblich erleichtern - andere Länder machen es bereits vor.

Gerade beim Aufstieg und in der Blütephase der Kryptowährung Bitcoin wurde die Blockchaintechnologie zu Unrecht vordergründig ausschließlich als Zahlungsmittel angesehen. (Bit-)Coins haben den Zweck, wie Geld gehandelt zu werden. Doch die Vorteile der Blockchaintechnologie - die Fälschungssicherheit, die Möglichkeit, mit bisher unbekannten Personen sichere Verträge zu schließen und die dezentrale Organisation - machen diese auch für viele andere Anwendungsfälle abseits von Kryptowährungen interessant.

Hier kommen "Tokens" ins Spiel: Sie sind wie Coins mit einem bestimmten handelbaren Wert unterlegt, werden aber nicht als Zahlungsmittel angesehen. Meistens werden diese Tokens auf einer bestehenden Blockchain gehandelt, also mit Hilfe von Kryptowährungen gekauft. Im Real-Estate-Bereich sind es vor allem Security Tokens, die von Bedeutung sind. Sie ermöglichen Personen, im Zuge eines sogenannten Token Sale bereits in Form kleinerer Geldbeträge in Immobilien zu investieren. Im Grunde wird ein Investitionsvertrag in Form eines Smart Contract, also eines intelligenten, auf Computerprotokollen bestehenden Vertrags, auf der Blockchain abgeschlossen. Der Investor kann dann wie zuvor nach standardisierten Kriterien - nur schneller und unkomplizierter - investieren und erhält Mieterträge, Umsatzerlöse und Preissteigerungen ausbezahlt.

Geeignete Regularien fehlen

Während andere Länder wie die Schweiz oder Slowenien Vorreiter bei Real-Estate-Anwendungen auf der Blockchain sind, hat in Österreich noch nicht der entsprechende "Hype" eingesetzt. Dies vor allem deshalb, weil hierzulande derzeit noch die geeigneten Regularien fehlen, um die notwendige Rechtssicherheit für Anwender zu bieten. In der Branche ist man aber zuversichtlich, dass sich einiges bewegt und Security Tokens bald auch in Österreich Realität werden. Allerdings ist jetzt sehr stark der Gesetzgeber gefragt, zeitnah entsprechende Rahmenbedingungen aufzustellen.

Gerade in der Blütephase der Kryptowährung Bitcoin wurde die Blockchaintechnologie zu Unrecht vordergründig ausschließlich als Zahlungsmittel angesehen.
© Adobe/natali_mis

Darüber hinaus vernetzt bereits heute die internationale Interessenvertretung Fibree, die in mehreren Ländern mit DLA Piper zusammenarbeitet, Real-Estate-Profis mit IT- und Blockchain-Experten. Ziele sind der Erfahrungsaustausch, von dem die Pioniere in den einzelnen Ländern profitieren können, und mittel- bis langfristig die Einführung und Umsetzung der Technologie im Immobilienbereich sowie ein gemeinsames Lobbying für die Einführung der nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Ganz wichtig ist es, dass nicht falsche Erwartungen geschürt werden, sondern ein realistisches Bild der Anwendungsmöglichkeiten vermittelt wird, um die in der Immobilienbranche involvierten Personen zu überzeugen.

Die Entwicklung in der Immobilienbranche geht klar in Richtung Digitalisierung, und zwar auf mehreren Ebenen. Zunächst sollen Immobilientransaktionen - der Kauf und Verkauf von Liegenschaften - erleichtert werden. Der Käufer soll auf Immobilienplattformen nicht nur schmökern, sondern gleich handeln können. Der bürokratische Teil soll durch Smart Contracts möglichst automatisch und reibungslos ablaufen. Dazu wird in Zukunft etwa auch die Analyse eines potenziellen Käufers zählen, etwa, um zu sehen, ob dieser zahlungsfähig ist.

In Österreich laufen die Entwicklungen noch nicht per se auf die Frage "Mensch oder Technologie" hinaus. Ohne Besuch beim Anwalt oder Notar wird es so schnell nicht gehen, zumal hier das Grundbuch einen entsprechenden Stellenwert und damit Rechtssicherheit genießt. Beispiele wie Georgien, wo das Grundbuch gleich in die Blockchain integriert wurde, oder Schweden, wo diesbezüglich ein Pilotversuch unternommen wurde, bleiben hierzulande zumindest vorerst Zukunftsmusik. Ausschließen für die Zukunft kann man es aber wohl nicht.

Automatisierung angestrebt

Nicht nur bei Transaktionen, sondern auch beim Abschluss von Mietverträgen werden Automatisierungsprozesse angestrebt. Online-Plattformen sollen keine "Bilderbücher" mehr sein, sondern Mietverträge via Smart Contracts gleich abgewickelt werden. Das ist für Menschen, die wenig Zeit für die Wohnungssuche haben oder in eine fremde Stadt ziehen, ein großes Plus. Um diesen Prozess nahtlos digital zu gestalten, bedarf es Weiterentwicklungen in puncto digitaler Signatur. Klar ist, dass die Digitalisierung auch vor der Immobilienbranche nicht Halt machen wird.