Die Volksanwaltschaft in Österreich ist eine im weltweiten Vergleich herzeigbare und grundsätzlich hervorragende Situation. Bereits in der Ausgabe Nr. 78 vom 20. April dieses Jahres widmete ich diesem Thema einen Beitrag; Womöglich voreilig führte ich es als sehr erwähnenswerten Erfolg an, dass österreichische Ombudsmann-Institutionen (nun in toto zehn an der Zahl) insgesamt 65 Verordnungsprüfungsanträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt hatten.

Zur Erinnerung: Unter dem Titel "Volksanwalts- und große Rechtschutznovelle" wurden die hier intervenierenden Rechtsschutzorgane in der Ära der roten Minderheitsregierung 1970 geschaffen. Kreisky hatte ein überaus hohes, fast zu hohes Ziel, den Repräsentanten des Volkes - den Volksanwalt - auch zu einem potenziellen Kontrollor der Regierung als oberstes Organ der Verwaltung zu machen.
Kreisky unterschied damit ganz bewusst zwischen Gesetzgebung und Verwaltung. Gesetze als Produkt der gesetzgebenden Institutionen waren im System des "soft law" (nämlich der Möglichkeit, Empfehlungen gegenüber der Verwaltung auszusprechen) für den Ombudsmann unantastbar. Die Verwaltung hingegen sollte sehr wohl seiner Kontrolle unterliegen, indem ihm die Kompetenz zur Überprüfung von Verordnungen und Bescheiden, also den Entscheidungen der Verwaltungsinstitutionen, zugesprochen wurde.
Die bittere Enttäuschung 1979
Somit sollten sich im Falle eines Konflikts über eine Verordnung - abstrahiert gesehen - Gesetzgebung und Verwaltung über Antrag des jeweiligen Volksanwalts vor dem Verfassungsgerichtshof gegenüberstehen. Zur Kontrolle und Behebung von möglicherweise unterlaufenen Fehlern bei der Formulierung von Verordnungen, die einen Bürger zu Unrecht belasten, sollte eben auch der Ombudsmann oder Volksanwalt durch Antrag an das Höchstgericht ermächtigt sein. Dessen Entscheidungen sind bekanntermaßen nicht weiter anfechtbar und somit endgültig.
Bei zehn bestellten Volksanwälten ist es trotz vergleichbaren Zuständigkeiten nicht einfach, hochzurechnen, wie viele Fälle bei einem Volksanwalt in einem Jahr anfallen dürften. Wird weiter nach Amtsperioden differenziert, so zeigt sich, dass eine der zehn Ombudsinstitutionen, nämlich jene eines Landesvolksanwaltes, im Schnitt jährlich knapp drei Verordnungsprüfungen beim Verfassungsgerichtshof anregte. Es waren dies 36 in zwölf Jahren. In knapp 50 Prozent der Fälle, einer kaum zu wiederholenden Erfolgsdichte, nämlich in 19, schloss sich das Gericht seiner Argumentation an. Glücklich der Bürger, für den der Volksanwalt obsiegt hatte, dankbar jener Bürger, für den der Volksanwalt alles rechtlich zur Verfügung Stehende einsetzte, auch wenn er das gewollte Ziel nicht erreichte.