Zum Hauptinhalt springen

Günstigere Mieten mit Online-Portalen?

Von Nevena Shotekova-Zöchling

Recht

Die im Erfolgsfall einbehaltenen Beträge mancher Organisationen stehen in keiner Relation zu den tatsächlich erbrachten Leistungen.


© Adobe/ bluedesign

Die Praxis zeigt, dass viele Mieter derzeit von diversen Organisationen mittels Werbung oder auch gleich aktiv darauf angesprochen werden, ihren Mietzins dauerhaft zu senken. Diese Organisationen, meistens in Form von Internet-Portalen, übernehmen dann die Vertretung des Mieters im Verfahren vor der Schlichtungsstelle (in Wien die Magistratsabteilung 50), begleiten ihn durch den Verfahrensablauf und - zumindest manche von ihnen - behalten einen Teil des erstrittenen Betrages als Erfolgshonorar zurück.

Was an sich eine gute Idee zwecks Unterstützung der Mieter vor allem im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetztes darstellt, hat sich in der Praxis etwas über das Ziel hinaus entwickelt. Die Erfahrung zeigt, dass die Mieter manchmal aktiv mittels eigener Mitarbeiter, die an der Wohnungstür klingeln, angesprochen werden. Die im Erfolgsfall einbehaltenen Beträge mancher Organisationen belaufen sich auf etwa 30 Prozent des erstrittenen Betrages, wobei dies bei höheren Beträgen in keiner Relation zu den tatsächlich erbrachten Leistungen steht.

Verfahren vor Schlichtungsstelle kostenlos

Daher ist es umso wichtiger, zu betonen, dass das Verfahren vor der Schlichtungsstelle kostenlos ist. Ebenso fallen keinerlei Gebühren in diesem Verfahren an, und das einzuholende Bewertungsgutachten von den Amtssachverständigen erfolgt ebenfalls kostenlos für den Mieter. Die Überschreitung des angemessenen Mietzinses beziehungsweise des Richtwertmietzinses wird dann vom jeweiligen Verhandlungsleiter der Schlichtungsstelle selbst festgestellt und der Vermieter im Falle einer Überschreitung zur Rückzahlung verpflichtet.

Abgesehen von Sonderfällen, in denen das Verfahren über den üblichen Ablauf hinausgeht, ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieses Verfahren aus sozial-politischen Gründen eigentlich zur Unterstützung der Mieter eingeführt wurde und ein wichtiges Instrument zwecks finanziellen Ausgleichs für den einzelnen Mieter darstellt. Aus diesen Gründen wurde eben die völlige Befreiung von Gebühren eingeführt, damit der einzelne Mieter die einfache Möglichkeit bekommt, seinen Mietzins auf seine Angemessenheit zu überprüfen und eventuell zu reduzieren.

Da das Verfahren jedem Mieter offen steht und ziemlich formlos abläuft, ist daher festzuhalten, dass ein Erfolgshonorar von 30 Prozent des erstrittenen Mietzinses sehr hoch ausfallen kann. Besonders bei zum Beispiel befristeten Verträgen, bei denen Überschreitungsbeträge bis zu zehn Jahre zurück ausbezahlt werden können, ist dies nicht mehr angemessen. Das Erfolgshonorar, die sogenannte Quota Litis, war bereits zu Römerzeiten bekannt, ist ziemlich populär in den USA und in Österreich - aus guten Gründen - für Rechtsanwälten explizit verboten.

Hohe Gewinne auf Kostender Mieter nicht gerechtfertigt

Dies, da der Gesetzgeber der Meinung ist, dass jede erbrachte Leistung im Einklang mit ihrer Entlohnung stehen muss. Es scheint eben nicht sozial gerechtfertigt, wenn Unternehmen hohe Gewinne auf Kosten der Mieter anhand eines sozial-politischen Instruments erwirtschaften, die eigentlich als kostenlose Unterstützung für die Mieter in Zeiten steigender Mieten angedacht wurde.

Die Tendenz der vergangenen Jahre ist steigend. Manche Mandanten berichten sogar über Fälle, in denen sich das Erfolgshonorar nicht nur vom erstrittenen Betrag, sondern auch vom künftig ersparten Mietzins berechnet.

Im Falle der Inanspruchnahme einer derartigen Organisation ist auch darauf hinzuweisen, dass die Organisation zwar das Verfahren vor der Schlichtungsstelle durchführt, dann aber (oft) nicht mehr ein eventuell anschließendes Verfahren vor dem Bezirksgericht. Denn es steht schließlich jedem frei - sowohl Mieter als auch Vermieter, der sich mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht zufriedengibt -, das Gericht anzurufen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass diese Organisationen beziehungsweise Internet-Portale zwar das Verfahren vor der Schlichtungsstelle zwecks Mietzinsreduktion durchführen, die Mieter aber nicht über ihre sonstige Gesamtsituation anhand des Mietvertrages beraten (dürfen). Denn die rechtliche Beratung betreffend die Gesamtsituation und die sonstigen Rechtsprobleme des Mieters ist den Rechtsanwälten vorbehalten.

Aus diesem Spannungsfeld ergeben sich manchmal Situationen, die den Mieter sehr wohl in Schwierigkeiten bringen können: Die Organisationen müssen zum Beispiel nicht darauf hinweisen, dass eine Mietzinsreduktion sehrwohl möglich ist, falls der Mieter das Reduktionsverfahren aber einleitet, der Vermieter den befristeten Mietvertrag nach Ablauf höchstwahrscheinlich nicht verlängern wird.

Ferner müssen diese Organisationen auch nicht darüber aufklären, dass zu erwarten ist, dass der Vermieter die Kaution (vielleicht) einbehält oder bereits angedachte Verbesserungen des Mietgegenstandes nicht vornehmen wird, sodass weitere kostspielige rechtliche Schritte seitens des Mieters notwendig wären.

Sollte der Mieter beispielsweise bis dahin - auch nur ansatzweise - einen Kündigungsgrund gesetzt haben, der nicht unbedingt die Nichtzahlung des Mietzinses sein muss, muss ebenso aufgeklärt werden, dass der Vermieter diesen Kündigungsgrund mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgreifen und geltend machen wird. Der Kündigungsgrund kann dabei genauso die Nichtbenutzung des Mietgegenstandes oder aber die nicht erlaubte Weitervermietung der Wohnung sein.

Gesetzgeber sollte Zulässigkeit dieses Geschäftsmodells prüfen

Es wurde von Mandanten auch darüber berichtet, dass, falls der Vermieter seinerseits ein Verfahren gegen den Mieter einleitet, die Vollmacht seitens der Organisation dann sofort gekündigt wird, sodass der Mieter plötzlich eine andere Vertretung suchen muss.

In allen diesen Fällen wäre es strategisch besser, die Gesamtsituation in allen ihren Details bereits vorab aufzufassen und eine konkrete Lösung zu finden. Da diese Organisationen aber keine Rechtsberatung erbringen dürfen, können sich sehr negative Situationen für die Mieter ergeben.

Daher wäre vom Gesetzgeber genau zu prüfen, ob weiterhin dieses Geschäftsmodell zugelassen werden soll, das an sich ein sozial-politisches Instrument für ein gewinnträchtiges Geschäft auf Basis von Erfolgshonoraren auf Kosten der Mieter nutzt.

Nevena Shotekova-Zöchling ist Rechtsanwältin bei Robathin & Partner Rechtsanwalts KG und spezialisiert auf Immobilienrecht, Unternehmensrecht und Vertragsrecht.