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Blockchain - was ist möglich?

Von Sophie Martinetz und Marco Neumayer

Recht

Die Einsatzgebiete sind vielfältig, doch es gibt auch Grenzen.


Smart Contracts ("Intelligente Verträge") sind ein weiterer Schritt in der Evolution der Blockchaintechnologie. Ihre Vertragsbedingungen sind in einem Programmcode verankert und laufen auf einem verteilten/dezentralen Netzwerk, der Blockchain. Über Regeln, die im Netzwerk ausgeführt werden, wird die Reihenfolge der Aktionen festgelegt, die sich aus dem Vertragscode ergeben. Konkret bedeutet das: Der Vertrag besteht aus Quellcode mit verschiedenen Anweisungen: Wenn Ereignis X auftritt, wird Aktion Y ausgeführt.

Grundsätzlich kann jeder schriftliche Vertrag als intelligenter Vertrag umgesetzt werden. Die Spezifika einer Blockchain machen die darauf basierenden Bedingungen, auf die sich die Parteien einigen, selbsterfüllend und selbstvollziehend. Das Fehler- oder Manipulationsrisiko wird bei vollkommener Transparenz und Dezentralisation verringert. Das Prinzip der Formfreiheit des ABGBs besagt, dass es grundsätzlich den Parteien selbst überlassen ist, in welcher Form sie ein Rechtsgeschäft schließen wollen. Unterliegen Vertragsabschlüsse jedoch gesetzlichen Formerfordernissen, wie etwa dem Prinzip des Schriftlichkeitsgebotes oder gar der Mitwirkung eines Dritten - typischerweise des eines Notars - stoßen auch Smart Contracts an ihre rechtlichen Grenzen. Da von den meisten Menschen zudem der Programmcode von Smart Contracts unlesbar ist und es somit fraglich ist, ob dieser den Anforderungen der Schriftform gerecht wird, bedarf es möglicherweise eines geprüften beziehungsweise zertifizierten Systems.

Mithilfe der Blockchain kann die

Geschwindigkeit vieler Geschäftsprozesse erhöht werden, indem Aufgaben, die normalerweise manuell erledigt werden, automatisiert werden. Automatisierte Prozesse (Transaktionen) sind nicht nur schneller, sondern auch weniger anfällig für manuelle Fehler. Diese neuen Prozesse erfordern weniger menschliche Eingriffe, weniger Intermediäre und sind daher auch kostensenkend.

Ein weiteres Einsatzgebiet der Blockchain ist die Abwehr von Wirtschaftsspionage. Eine besondere Gefahr der Wirtschaftsspionage besteht beim Austausch von Daten, sei es innerhalb von Due Diligence und M&A-Projektteams, zwischen Kanzleiniederlassungen oder mit Kunden und Geschäftspartnern. Traditionelle Technologien bieten hier bereits ein hohes Maß an Sicherheit und Effizienz beim Datenaustausch. Dennoch liegen deren Server in zentralen Rechenzentren und sind für Hacker angreifbar. Die Blockchain fungiert hingegen als eine verteilte Datenbank, in der die Daten bei allen Nodes (Netzwerk-Knoten) identisch und durch sogenannte Private Keys verschlüsselt sind. Das sorgt für eine Integrität der gespeicherten Daten und macht Hackerangriffe auf das gesamte Netzwerk äußerst schwierig oder tatsächlich fast unmöglich.

Von der Blockchaintechnologie können auch Wirtschaftsunternehmen im Bereich der revisionssicheren Archivierung bestimmter Dokumente, die vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden, profitieren. Durch einen elektronischen Fingerabdruck lässt sich die Integrität digitaler Dokumente kostengünstig sicherstellen.

In all den oben genannten Fällen besteht "Konkurrenz" von anderen Technologien. Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, wie stark sich die Blockchain in der Wirtschaft etablieren kann.

 

Sophie Martinetz ist Gründerin und Leiterin von Future Law, einer unabhängigen Plattform für Legal Tech.

Marco Neumayer ist Partner bei block42 | Blockchain (DLT) Consulting & Development.

Bis Mitte des Jahres erscheint an dieser Stelle jeden letzten Freitag im Monat eine Kolumne eines Experten zum Thema Legal Tech.