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EuGH-Urteil zu Karfreitag lässt Fragen offen

Von Katharina Regitnig und Marco Riegler

Recht

Rasche gesetzliche Regelung würde Rechtsunsicherheiten vermeiden.


Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Woche in einem mit Spannung erwarteten Urteil entschieden, dass die österreichische Regelung zum Karfreitag diskriminierend und damit EU-rechtswidrig ist. Die betreffende Bestimmung in § 7 Abs 3 ARG gewährt ausschließlich Angehörigen der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Evangelisch-methodistischen Kirche am Karfreitag einen zusätzlichen Feiertag. Alle übrigen gesetzlichen Feiertage gelten in Österreich für alle Arbeitnehmer, unabhängig von einer Religionszugehörigkeit.

An Feiertagen muss grundsätzlich nicht gearbeitet werden, dennoch wird dafür das Entgelt so weiterbezahlt, als wäre gearbeitet worden. Wenn Arbeitnehmer an einem Feiertag trotzdem arbeiten müssen, haben sie Anspruch auf ein zusätzliches Feiertagsentgelt. Feiertagsarbeit muss somit vereinfacht ausgedrückt doppelt bezahlt werden.

Diskriminierung

Im Anlassfall hat ein österreichischer Arbeitnehmer, der keiner der genannten Kirchen angehört, am Karfreitag gearbeitet und war der Ansicht, dass ihm das Feiertagsentgelt dafür diskriminierend vorenthalten wurde. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Der EuGH hat nun entschieden, dass die österreichische Regelung eine Diskriminierung aufgrund der Religion darstellt und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Ein Arbeitnehmer muss nämlich nur formal einer der genannten Kirchen angehören, um den Karfreitag als Feiertag nutzen zu können, aber dafür keine bestimmten religiösen Pflichten erfüllen. Der Karfreitag steht ihm daher als Freizeit zur Verfügung. Damit unterscheidet sich seine Situation nicht von anderen Arbeitnehmern, die diesen Tag ebenfalls als Freizeit nutzen möchten, denen mangels Zugehörigkeit zu den genannten Kirchen diese Möglichkeit aber nicht offensteht.

Drohen Nachzahlungen?

Es liegt daher eine Ungleichbehandlung vor, die nach Ansicht des EuGH auch nicht zum Schutz der Religionsfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer notwendig ist. Daher müssen Arbeitgeber nun auf Verlangen allen Arbeitnehmern am Karfreitag einen Feiertag gewähren, solange der Gesetzgeber keine neue diskriminierungsfreie Regelung schafft. Wenn Arbeitnehmer trotz Verlangen am Karfreitag nicht frei bekommen, haben sie Anspruch auf Feiertagsentgelt.

Welche Auswirkungen hat dieses Urteil nun für österreichische Arbeitgeber? Zunächst könnte sich die Frage stellen, ob Arbeitgeber auch für vergangene Karfreitage Nachzahlungen leisten müssen. Grundsätzlich haben Entscheidungen des EuGH nämlich rückwirkende Geltung. Damit würden auch entsprechende Nachforderungen für vergangene Karfreitage drohen.

Der EuGH hat aber klar festgestellt, dass auch Mitglieder der genannten Kirchen ihren Arbeitgeber auf ihre Religionszugehörigkeit hinweisen mussten, damit sie den Karfreitag als Feiertag beanspruchen konnten. Dementsprechend müssen Arbeitgeber auch nur jenen (nicht den genannten Kirchen angehörigen) Arbeitnehmern das Recht auf einen Feiertag am Karfreitag zugestehen, die dem Arbeitgeber vor diesem Tag ihren Wunsch nach einem Feiertag mitgeteilt haben. Nachdem derartige Wünsche vor der aktuellen Entscheidung des EuGH vermutlich kaum geäußert wurden, sollte sich im Normalfall für die Vergangenheit kein Nachzahlungsrisiko stellen.

Was bedeutet die Entscheidung aber für Arbeitgeber, die etwa aus betrieblichen Gründen auch zukünftig nicht allen Arbeitnehmern frei geben - und damit den Betrieb an diesem Tag schließen - möchten oder können? Die gesetzlichen Feiertage im Sinne des ARG stellen ebenso wie das Wochenende Ruhezeiten dar, an denen nur in Ausnahmefällen gearbeitet werden darf. Wird ohne Vorliegen einer solchen Ausnahme gearbeitet, drohen dem Arbeitgeber Verwaltungsstrafen. Unseres Erachtens betreffen diese aber nach wie vor nicht die nunmehrige Karfreitagssituation, weil diese - derzeit - in der vom EuGH festgelegten Form nicht gesetzlich geregelt ist. Der EuGH scheint in seiner Entscheidung auch davon auszugehen, dass der Arbeitgeber frei entscheiden kann, ob er den Feiertag als Freizeit gewährt, oder alternativ dem Freizeitwunsch des Arbeitnehmers nicht nachkommt und stattdessen das Feiertagsentgelt zahlt.

"Parallelregelungen"

Selbst wenn die gesetzliche Regelung entsprechend EU-rechtskonform geändert wird, bleibt weiters zu berücksichtigen, dass auch in Kollektivverträgen und sogar Einzelarbeitsverträgen Feiertage beziehungsweise Feiertagsregelungen vorgesehen sein können. Diese Regelungen würden durch eine Gesetzesänderung vielfach nicht automatisch wegfallen beziehungsweise mitgeändert werden, womit in der Praxis auch nach einer Gesetzesänderung diverse "Parallelregelungen" entstehen könnten.

Die EuGH-Entscheidung wirft somit sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht einige Fragen auf, die im Hinblick auf den baldigen Karfreitag rasch geklärt werden sollten, um Rechtsunsicherheiten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vermeiden.

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