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Gesundheit auf neuer rechtlicher Basis

Von Michael Straub

Recht

Dass Ärzte künftig Ärzte anstellen dürfen, ist nur eine der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen.


Für die Gesundheitswirtschaft wird 2019 aus rechtlicher Sicht (wieder) ein spannendes Jahr. Während die Krankenanstaltenrechts-Novelle 2018 zuletzt für Aufregung aufgrund von Sonderklassegebühren für Ambulanzleistungen sorgte, blieb ansonsten medial bislang wenig beleuchtet, dass den Spitalsbetreibern - teils willkommene, teils kritisierte - Reorganisationsmöglichkeiten in ihren Häusern zur Verfügung stehen. Für die Ärzteschaft durchwegs erfreulich dagegen dürfte die künftige Möglichkeit sein, Ärzte bei Ärzten anstellen zu dürfen, was bisher de facto nicht möglich war.

Ebenso erfreulich für Mediziner ist, dass der Gesetzgeber das Haftungspotenzial von Ärztinnen und Ärzten, die Sterbende betreuen - also konkret der Palliativmediziner - zu verringern beabsichtigt. Der folgende Beitrag schafft einen Überblick über die wichtigsten Neurungen zur KAKuG-Novelle, zur Ärztegesetz-Novelle, zu Patientenverfügungen und weiteren Themen im Gesundheitswesen.

Mehr Transparenz und Rechtsklarheit angestrebt

In Anpassung an den Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG 2017) wird das Kranken- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) novelliert. Kernstück der Novelle sind Änderungen bei den Formen der Organisation in Spitälern. Diese soll positive Effekte für Spitalsbetreiber mit sich bringen.

Mit den Neuregelungen wird mehr Transparenz und Rechtsklarheit angestrebt. Eine modulare Zusammensetzung von Krankenanstalten soll eine höhere Flexibilität bei der Gestaltung einer Angebotsstruktur für die jeweiligen Standorte bringen. Prozessorientierte Betriebsformen, höhere Planbarkeit sowie geringere Verweildauern sind weitere Attribute, die der Gesetzesnovellierung zugeschrieben werden.

Mit den neu strukturierten Betriebs- und Organisationsformen soll dem patientenspezifischen Bedarf auch bei längeren Rekonvaleszenz-Phasen entsprochen werden. Damit soll diejenige Versorgungsform genutzt werden können, die dem jeweiligen fallspezifischen Bedarf (Patientenstatus und Behandlungserfordernis) am besten entspricht. Daraus ergeben sich als innerbetriebliche Optimierungsaufgaben ein entsprechendes Patienten- und Belegungsmanagement und daraus folgend eine Anpassung beziehungsweise Redimensionierung des vollstationären Bettenangebots in den Akut-Krankenanstalten. Das Gleiche gilt für dessen allfällige bedarfsorientierte Umwidmung beispielsweise in Einrichtungen für Übergangs- und Kurzzeitpflege.

Die Spitalsbetreiber im Land werden zweckmäßigerweise prüfen, ob die Organisationsstrukturen in ihren Spitälern künftig rechtskonform gestaltet sind beziehungsweise das Potenzial zur Optimierung ihrer Organisation bestmöglich ausgenutzt wurde. Die neuen (Grundsatz-)Bestimmungen müssen nun in der jeweiligen Landesgesetzgebung umgesetzt werden. Die Bundesländer haben ab Kundmachung der Novelle (demnächst) sechs Monate Zeit. Mit Blick auf diesen Zeithorizont empfiehlt es sich für die Spitalsbetreiber, bereits jetzt mit einer Statuserhebung und den Vorbereitungen einer allfälligen Adaptierung in ihren Häusern zu beginnen.

Das neue Ärztegesetz berücksichtigt nun die Forderung nach einer klaren gesetzlichen Regelung, Ärzte bei Ärzten anstellen zu dürfen. Mit der Novelle wird die Möglichkeit geschaffen, dass zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärztinnen und Ärzte in Ordinationsstätten oder in Gruppenpraxen (einschließlich Lehrpraxen respektive Lehrgruppenpraxen) angestellt werden dürfen. Höchstzulässiger Umfang: ein sogenanntes Vollzeitäquivalent (40 Wochenstunden) für Ordinationsstätten und zwei Vollzeitäquivalente (80 Wochenstunden) für Gruppenpraxen.

Ausgenommen sind die Primärversorgungseinheiten (PVE); In diesen kann im Einklang mit dem regionalen Strukturplan Gesundheit und dem Primärversorgungsvertrag eine größere Anzahl von Ärzten mit höheren Vollzeitäquivalenten angestellt werden. Die Anstellung darf nur im Fachgebiet des Ordinationsstätteninhabers oder der Gesellschafter der Gruppenpraxis erfolgen. Achtung für die Praxis: Gesellschafter einer Gruppenpraxis bleiben trotz Anstellung maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet. Außerdem war die Ärztegesetz-Novelle bei Redaktionsschluss dieses Beitrags noch nicht kundgemacht und daher noch nicht in Kraft getreten.

Haftungsfalle: Ärztliche Beistandspflicht für Sterbende

Derzeit regelt das Ärztegesetz die notärztliche Qualifikation durch Absolvierung eines notärztlichen Lehrgangs im Umfang von 60 Einheiten abschließend. Mit der Ärztegesetz-Novelle 2018 soll die notärztliche Qualifikation qualitativ weiter verbessert und neu konzipiert werden. Für die notärztliche Qualifikation ist zukünftig Folgendes erforderlich: erstens der Erwerb klinischer notärztlicher Kompetenzen im Rahmen einer zumindest dreijährigen ärztlichen Berufsausübung. Zweitens die Absolvierung eines notärztlichen Lehrgangs von zumindest 80 Lehreinheiten. Drittens die Teilnahme an mindestens 20 notärztlichen Einsätzen und viertens die Absolvierung einer theoretischen und praktischen Abschlussprüfung.

Notärztlich qualifizieren lassen können sich neben Ärzten für Allgemeinmedizin oder Fachärzten eines klinischen Sonderfaches (ausgenommen bestimmte klinische Sonderfächer) nun auch Turnusärzte in Ausbildung (neu).

Der Fall eines Arztes in Salzburg hat zuletzt gezeigt, dass große Unsicherheit bei Ärzten in Bezug auf rechtskonformes Verhalten bei der Behandlung von Sterbenden besteht. Dem Arzt wurde zur Last gelegt, einer 79-jährigen Patientin so viel Morphin verabreicht zu haben, dass sie daran starb.

Wenngleich schlussendlich ein Freispruch erfolgte, blieb Verunsicherung zurück. Daher wurde eine neue Regelung geschaffen, wonach Ärzte einerseits verpflichtet sind, Sterbenden, die von ihnen in Behandlung übernommen wurden, unter Wahrung ihrer Würde beizustehen. Andererseits ist es in dem Zusammenhang jedoch zulässig, im Rahmen palliativmedizinischer Indikationen Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen überwiegt. Durch die Worte "Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen" soll keine Rechtsgrundlage für Euthanasie geschaffen werden. Es handelt sich dabei vielmehr um eine indizierte ärztliche Maßnahme bei einem laufenden Sterbeprozess. Die Beurteilung der Zulässigkeit einer Maßnahme lässt sich allerdings nicht pauschalieren, sondern bleibt eine Frage des konkreten Einzelfalls.

Neue Erhebungspflichtenbei Patientenverfügungen

Das Patientenverfügungs-Gesetz wurde ebenfalls novelliert. Einerseits sollten die Rahmenbedingungen zur Errichtung einer Patientenverfügung verbessert werden. Andererseits sollten Bestimmungen für eine zentrale Abfragemöglichkeit geschaffen werden. Bezüglich zentraler Abfragemöglichkeit können Patienten künftig Patientenverfügungen in die elektronische Gesundheitsakte (Elga) speichern lassen.

Für Elga-Gesundheitsdiensteanbieter (Krankenanstalten, Ärztinnen und Ärzte et cetera) bedeutet das, dass sie künftig das Vorliegen einer (jeweils aktuellen Version einer) Patientenverfügung in Elga erheben müssen. Maßgeblich sind für Gesundheitsdienstleister in Zukunft auch Patientenverfügungen, die vor Mitarbeitern eines Erwachsenenschutzvereins errichtet wurden. Ansonsten können Patientenverfügungen weiterhin vor Rechtsanwälten, Notaren oder Patientenvertretern errichtet werden.