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"Branche würden strengere Regeln helfen"

Von Daniel Bischof

Recht

Private Sicherheitskräfte werden in immer mehr Bereichen tätig. Doch die rechtlichen Vorgaben sind teils äußerst lasch.


Wien. Sie bewachen Gerichtseingänge, kontrollieren Passagiere auf Flughäfen; sie werden in Schubhaftzentren tätig und patrouillieren in U-Bahnen: Private Sicherheitskräfte haben ihre Tätigkeitsfelder stetig erweitert. Dennoch müssen sie bis heute keine verpflichtende Ausbildung absolvieren. Laut dem Verband der Sicherheitsunternehmen Österreich (VSÖ) hat gar ein Drittel der eingesetzten Mitarbeiter keinerlei Schulung erhalten.

Laut ertönt der Ruf nach einer Reform daher, wenn ein Mitarbeiter der Branche für Aufsehen sorgt. Jüngster Vorfall: Jener Iraker, der Anschläge auf ICE-Züge in Deutschland verübt haben soll, hat als Security in Wien vor Supermärkten und in Fußballstadien gearbeitet. Der Mann befindet sich in U-Haft. Zuvor war 2018 bekannt geworden, dass ein Rechtsextremer, der Verbindungen zur Neonaziszene hat, als private Sicherheitskraft im BVT-U-Ausschuss tätig war.

"Der Branche würden strengere Regeln helfen", sagte Martin Wiesinger, Vorstandsmitglied des (VSÖ), bei der Vorstellung des Jahrbuchs Sicherheit 2019 bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Österreich sei das Land mit den schwächsten Regeln für das Bewachungsgewerbe in Europa.

Prüfung der Zuverlässigkeit

Den bisher einzigen Filter bei der Auswahl der Mitarbeiter setzt die Gewerbeordnung. Sie schreibt vor, dass Bewachungsunternehmen nur eigenberechtigte, zuverlässige und geeignete Arbeitnehmer einsetzen müssen. Was unter dem Kriterium der Eignung konkret zu verstehen ist und wie sie überprüft wird, bleibt unklar. Selbst die rechtswissenschaftliche Literatur kann den Nebel nur teilweise lichten. In einem Kommentar zur Gewerbeordnung heißt es etwa sehr allgemein, dass die Eignung von der Allgemeinbildung und den körperlichen Voraussetzungen des Mitarbeiters abhänge.

Mehr Klarheit gibt es beim Kriterium der Zuverlässigkeit: Hier ist ein Prüfverfahren vorgesehen. Bewachungsunternehmen müssen die zuständigen Sicherheitsbehörden - in Wien ist das die Landespolizeidirektion (LPD) - über neue Mitarbeiter informieren, spätestens zwei Wochen vor deren Verwendung. Die Behörde überprüft dann, ob der Mitarbeiter zuverlässig ist.

Dabei berücksichtige man etwaige Verurteilungen, Verwaltungsstrafen, Anzeigen, aber beispielsweise auch, ob ein Waffenverbot gegen die Person bestehe, heißt es seitens der LPD Wien. "Dadurch erhalten wir ein Persönlichkeitsbild. Wir wägen dann individuell ab." Wer etwa noch nicht rechtskräftig verurteilt, aber bereits vielfach wegen Körperverletzungen angezeigt wurde, wird als unzuverlässig eingestuft.

Ist der Mitarbeiter unzuverlässig, muss die Behörde das dem Bewachungsunternehmen mitteilen. Die konkreten Gründe dafür darf sie dem Unternehmen - um das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen zu schützen - aber nicht melden.

Diese einmalige Zuverlässigkeitsprüfung sei nicht ausreichend, kritisierte Wiesinger. Es brauche mehrmalige und wiederkehrende Kontrollen, damit die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter gewährleistet bleibe.

2014 zeigte sich zudem, dass nicht alle Bewachungsunternehmen diese Prüfung vornehmen lassen. Damals wurde ein Unternehmen - es zählte 29 Arbeitnehmer - am Wiener Straflandesgericht zu einer Geldbuße von 3500 Euro verurteilt. Es beschäftigte mehrere vorbestrafte Mitarbeiter, darunter auch einen Mann, der in der Lugner-City einen Jugendlichen malträtiert und ausgeraubt hatte. Der Mann hatte während der Tat sogar die Uniform des Unternehmens getragen.

Keine Ausbildungspflicht

Weitere besondere Anforderungen gibt das Gesetz nicht vor. Daher müssen Mitarbeiter privater Sicherheitsunternehmen auch keine verpflichtende Ausbildung absolvieren, bevor sie den Dienst antreten - obwohl sie teils in durchaus sensiblen Bereich eingesetzt werden. Den Unternehmen bleibt es selbst überlassen, ob und wie ausgiebig sie ihre Mitarbeiter schulen. Im Normalfall sind Securities daher nur insoweit über ihre Rechte und Pflichten informiert, als sie auch eine betriebsinterne Ausbildung darüber erhalten haben.

Strengere Regeln gibt es etwa in Deutschland, das gesetzlich eine Ausbildungspflicht für private Sicherheitskräfte vorschreibt. Sie müssen ausgiebige Schulungen durchlaufen. Für die Durchführung der meisten Bewachungsaufgaben - wie etwa von Kontrollgängen im öffentlichen Verkehrsraum - müssen sie zudem eine Sachkundeprüfung absolvieren.

Die Unternehmen in der Fachgruppe Sicherheitsdienstleister des VSÖ - es sind insgesamt sieben, darunter Branchengrößen wie G4S, Österreichischer Wachdienst und Securitas - haben sich verpflichtet, ihren Mitarbeitern eine Grundausbildung zu gewähren. Bei der zweitägigen Schulung werden den Arbeitnehmern unter anderem die Rechtsnormen vermittelt, daneben erfolgt ein "Training on the job". Rund 60 Prozent aller Beschäftigten in der Bewachungsbranche durchlaufen diese Grundausbildung.

Es brauche für sämtliche private Sicherheitskräfte eine einheitliche Ausbildung samt Prüfung, forderte Wiesinger. "Wird die Schulung erfolgreich absolviert, sollte dem Mitarbeiter von der Wirtschaftskammer ein Ausweis ausgestellt werden, der das belegt." Denn dann gebe es auch erstmals ein standardisiertes und "optisches Erkennungszeichen" für private Sicherheitskräfte.

Entsprechende Ideen gibt es bereits, doch eine Novellierung des Bewachungsgewerbes ist nicht in Sicht. Die schwarz-blaue Bundesregierung will die Gewerbeordnung entschlacken und Bürokratie abbauen - daher zeigt man sich im Wirtschaftsministerium gegenüber zusätzlichen Regelungen skeptisch, wie die "Presse" berichtete. Wiesinger versteht diese Argumentation nicht. "Die Forderungen kommen ja aus der Branche selbst", betonte er.