Zum Hauptinhalt springen

Aus für Gesellschaften nach englischem Recht?

Von Nicolaus Mels-Colloredo und Philip Rosenauer

Recht
© Stillfx - stock.adobe.com

Harter Brexit könnte das Ende für die österreichische Limited bedeuten.


Unmittelbar nach dem Votum für den Brexit am 23. Juni 2016 stiegen die Suchanfragen der Briten auf Google zu den Konsequenzen des Brexits exorbitant an. Die weitreichenden Konsequenzen zeigen sich nunmehr in vielen Aspekten, wobei das Schicksal für die österreichische Limited bei einem harten Brexit (ohne Abkommen) mit Ablauf des 31. Dezember 2020 besiegelt scheint.

Die "private limited companies" (Limited) sind Gesellschaften nach englischem Recht, die im Vereinigten Königreich (UK) mit einem Mindeststammkapital von lediglich einem britischen Pfund gegründet wurden. Die Gründung der Limiteds erfolgt meist durch Online-Registrierung im Companies House in London (vergleichbare Registrierungsprozesse im Firmenbuch erfüllt in Österreich das zuständige Landesgericht), der eigentliche Betrieb des Unternehmens aber faktisch aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat. In Österreich erfreuten sich Limiteds vor allem ab Anfang der 2000er einer wachsenden Beliebtheit. Über ihre Anzahl gibt es unterschiedliche Schätzungen. Laut einer Studie der London School of Economics im Auftrag der EU-Kommission (2017) wird die Zahl der Limiteds in Österreich auf etwa 3000 geschätzt. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) nennt dagegen nur 800 Limiteds.

Verlust der Rechtspersönlichkeit droht

Fakt ist jedoch, dass die günstige Unternehmensgründung durchaus attraktiv ist. Für die Beurteilung der Anwendbarkeit österreichischen Gesellschaftsrechts (samt Mindeststammkapitalvorschriften für Kapitalgesellschaften) ist allerdings relevant, in welchem Staat sich der Sitz der Verwaltung befindet. Bei den zuvor erwähnten Limiteds ist jedenfalls Österreich der Verwaltungssitz, wobei die aus Österreich agierenden Limiteds aufgrund der europarechtlich geschaffenen Niederlassungsfreiheit ihre Daseinsberechtigung erhalten haben.

Auf die Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union und die entsprechenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes können sich die österreichischen Limiteds allerdings nur berufen, solange das UK ein EU-Mitgliedsstaat bleibt oder in einem Austrittsabkommen Sonderreglungen zugunsten von Limiteds vorgesehen sind. Bei einem harten Brexit treten jedoch weder Sonderregelungen zwischen der EU und dem UK in Kraft, noch können sich die österreichischen Limiteds auf die Niederlassungsfreiheit berufen. Somit droht der Verlust der Rechtspersönlichkeit dieser Limiteds und eine mögliche persönliche Haftung ihrer Gesellschafter.

Übergangsfrist durch Brexit-Begleitgesetz 2019

Der österreichische Gesetzgeber hat auf diese kritische Situation für österreichische Limiteds im Fall eines harten Brexit reagiert und das Brexit-Begleitgesetz 2019 erlassen, wobei die gesetzlichen Maßnahmen nur unter der Bedingung in Kraft treten, dass das UK ohne Austrittsabkommen aus der EU austritt ("No-Deal Brexit").

Das Brexit-Begleitgesetz 2019 sieht in diesem Fall unter anderem vor, dass die im Companies House registrierten Limiteds bis 31. Dezember 2020 weiterhin als zulässige österreichische Limiteds, somit ohne Verlust deren Rechtspersönlichkeit, anerkannt bleiben. Mit Ablauf des 31. Dezember 2020 wird das Schicksal der österreichischen Limited jedoch final besiegelt. Ein rechtzeitiges Ergreifen von strukturellen Maßnahmen ist daher zu empfehlen.

Alternative Gesellschaftsformen

Das österreichische Gesellschaftsrecht basiert grundsätzlich auf einer abschließenden Liste von Gesellschaftstypen, die vom Gesetzgeber zugelassen wurden ("numerus clausus"), wobei aufgrund der Niederlassungsfreiheit in Österreich auch ausländische Gesellschaftsformen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten anzuerkennen sind.

Folglich sind die österreichischen Limiteds bei einem harten Brexit vor Ablauf des 31. Dezember 2020 in einen zulässigen österreichischen Gesellschaftstyp zu überführen. Dazu stehen unterschiedliche strukturelle Maßnahmen zur Verfügung, die unter Berücksichtigung von Zeit und Kosten eine fristgerechte Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit ermöglichen.

Als strukturelle Maßnahme kommt die Einbringung des Betriebs der österreichischen Limited in eine neu gegründete inländische Kapitalgesellschaft, zum Beispiel eine GmbH, in Frage. Der Gesellschafter der Limited erhält für die Einbringung des Betriebs Anteile an der neu gegründeten Kapitalgesellschaft. Als Alternative dazu steht die grenzüberschreitende Verschmelzung, basierend auf in der EU harmonisierten Vorschriften, mit einer in Österreich neu gegründeten Kapitalgesellschaft zur Verfügung. Allerdings ist die Vertragsdokumentation bei einer solchen Verschmelzung im Vergleich zur Einbringung wesentlich umfangreicher und somit auch kosten- und zeitintensiver.

Zusätzlich ist die grenzüberschreitende Sitzverlegung der Limited nach Österreich zu erwähnen, wobei in diesem Fall die geltenden Bestimmungen des GmbH-Gesetzes zu berücksichtigen sind. Jedenfalls ist somit das erforderliche Mindeststammkapital einzuzahlen, und die gesellschaftsrechtlich vorgesehene Organstruktur muss geschaffen werden. Nachdem auch bei dieser Maßnahme die verschmelzungsrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung kommen sollen, ist eine vergleichbare Kosten- und Zeitintensität ebenfalls inhärent. Eine weitere mögliche Maßnahme, jedoch im Vergleich mit den vorgenannten Maßnahmen mit dem größten Kosten- und Zeitaufwand verbunden, ist die Umwandlung in eine SE ("Societas Europaea", eine europäische Aktiengesellschaft) mit anschließender Sitzverlegung nach Österreich.

Potenzielle persönlicheHaftung soll vermieden werden

Sollte der Austritt des UK aus der EU ohne Abkommen erfolgen, können sich österreichische Limiteds nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen. Mit einem harten Brexit geht somit der Verlust der Rechtspersönlichkeit einher, weshalb die österreichischen Limiteds gut beraten sind, zeitgerecht eine strukturelle Maßnahme zur Vermeidung einer potenziellen persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter zu ergreifen. Das Brexit-Begleitgesetz 2019 sieht bis 31. Dezember 2020 eine Übergangsfrist vor, um rechtzeitig eine rechtlich ausgefeilte Überführung des Betriebs in eine österreichische Gesellschaftsform, wobei die GmbH mit der Limited vergleichbar ist, umsetzen zu können.

Zu den Autoren