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Was bei der Einführung von digitalen Verträgen zu beachten ist

Von Kristina Hofer und Sophie Martinetz

Recht

Die Umstellung auf eine elektronische Vertragsverwaltung ist eine für Juristen oft ungewohnte Arbeit. Ein Versuch einer Anleitung.


Alles, was automatisiert werden kann, wird im Zeitalter der Digitalisierung automatisiert werden. Eine der ersten Möglichkeiten für die tägliche juristische Arbeit ist dabei die Umstellung auf eine elektronische Vertragsverwaltung. Nur - wo fängt man an und wie geht man vor? Was gilt es zu beachten?

Zuerst geht es darum, sich einen Überblick zu verschaffen: Wie viele Verträge gibt es im Unternehmen beziehungsweise in der Kanzlei? In welche groben Kategorien fallen diese? Sind sie auf verschiedene Abteilungen verteilt? Dazu benötigen Sie ein einfaches Word/Excel Sheet. Involvieren Sie dabei Ihr Team.

Danach beginnt eine für Juristinnen und Juristen oft ungewohnte Arbeit. Setzen Sie sich mit folgenden Fragen auseinander: Wie sehen unsere Prozesse, die die Verträge durchlaufen, aus? Wer initiiert zum Beispiel die Vertragserstellung? Basierend auf welchen Informationen? Wie läuft das Genehmigungsverfahren, der Unterschriftenlauf, die Fristen-Überwachung? Wie viele Mitarbeiter (auch anderer Abteilungen/Mandanten) arbeiten an einem Vertrag, und welche Zugriffsrechte und Einschränkungen sind nötig, wenn es digital abläuft? "Besitzt" und steuert Legal den Prozess oder ist Legal "nur" Teil eines fremden Workflows, zum Beispiel des Procurement- oder M&A Prozesses? Wie sehen Auswertungen und Reportings zu den Verträgen und Vertragsinhalten für die einzelnen Abteilungen aus? Geben Sie ein Template vor und nominieren Sie pro Vertragskategorie eine/n Zuständigen.

Nach dieser Ist-Analyse kommt der Ausblick, bei dem es unter anderem um Fragen geht wie: Was könnte uns die Arbeit erleichtern? Brauchen wir Schnittstellen zum Beispiel zu Archiv, Firmenbuch, WebERV? Möglicherweise auch zur Procurement-Plattform oder dem CRM-System, damit Daten übernommen und automatisch in neue Verträge eingefügt werden können? Brauchen wir weitere Funktionalitäten wie eine digitale Signatur, und macht die Abbildung vor- oder nachgelagerter Arbeitsabläufe Sinn? Beim folgenden Punkt höre ich schon den Aufschrei: "Wir machen nur individuelle Verträge." Trotzdem, stellen Sie sich der Herausforderung, zu hinterfragen, ob Vorlagen für die regelmäßige Erstellung von Verträgen die Effizienz steigern könnten. Zum Beispiel in Form von Textbausteinen, Klauseln, Musterverträgen oder Formatvorlagen. Die Erarbeitung des Ausblicks ist eine kreative Arbeit, die am besten in Form eines Workshops erfolgt. Wählen Sie Themenverantwortliche, die sich im Vorfeld mit ihrem jeweiligen Thema detaillierter auseinandersetzen.

Legal Tech Tools gibt es wie Sand am Meer. Aber um das Tool zu finden, das zu Ihnen passt, brauchen Sie Ihre Anforderungen und das Wissen über Ihre Arbeitsabläufe, damit das Tool auch nachhaltig Wert stiftet und Ihre Arbeit erleichtert. Diese Basis sollten Sie schaffen.

Nach dieser intensiven Beschäftigung mit Ihrer täglichen Arbeit aus einer Vogelperspektive haben Sie nun ein konkretes Bild Ihrer Anforderungen, und Ihr einziges Investment war dafür Zeit (abseits der abrechenbaren Stunden) - und Wissen.

Sophie Martinetz (l.) ist Gründerin und Leiterin von Future-Law, eine unabhängige Plattform für Legal Future-Law, und Kristina Hofer ist Senior Projekt Managerin.

Bis Ende dieses Jahres erscheint an dieser Stelle jeden letzten Freitag im Monat eine Kolumne von Experten der Plattform Future-Law zum Thema Legal Tech.

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