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Viele offene Fragen zum Familienbonus Plus

Von Katharina Braun

Recht

Für den getrennt lebenden Elternteil, der geldunterhaltspflichtig ist, ist er ein Nullsummenspiel.


Der Familienbonus Plus ist seit Jänner 2019 in Kraft. Die Regelung dieser Steuerentlastung findet sich in § 33 Abs 3a Einkommenssteuergesetz. Der Familienbonus Plus ersetzt den Kinderfreibetrag. Getrennt lebende Eltern können diesen jeweils zur Hälfte geltend machen. Die Steuerentlastung beträgt derzeit maximal je Kind 1500 Euro, die Hälfte davon somit 750 Euro, monatlich 62,50 Euro.

Die volle Ausschöpfung des Familienbonus Plus setzt (bei einem Kind) ein Bruttoeinkommen von circa 1700 Euro des jeweiligen, den Familienbonus Plus beantragenden Elternteils voraus.

Unklar ist jedoch, wie sich bei einer Trennung der Kindeseltern der Bezug des Familienbonus Plus auf die Bemessung des Kindesunterhalts auswirken soll. Der Gesetzgeber machte hierzu leider keine klaren Vorgaben.

Entscheidung desObersten Gerichtshofs im Mai

Richter, Rechtspfleger und Rechtsanwälte sind daher im Ungewissen, wie der Familienbonus Plus unterhaltstechnisch zu behandeln ist. So argumentieren die einen, dass der Familienbonus Plus bei der Unterhaltsbemessung überhaupt nicht zu berücksichtigen sei, dieser daher den Eltern anteilig zu verbleiben habe. Andere meinen, der Bezug der Steuerentlastung führe zu einer Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage, das Kind partizipiere also mit seiner Unterhaltsquote nach der Prozentwertmethode. Andere wiederum meinen, der Familienbonus-Bezug führe zu einer Kürzung der Transferleistungen, wobei auch unklar sei, ob bei Bezug der Familienbeihilfe die anteilige Anrechnung der Familienbeihilfe wegzufallen hat.

Nach der nunmehrigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (Gz 5 Ob 236/18v vom 21.5.2019) sind zwar noch immer nicht alle Rechtsfragen geklärt, die mit dem Familienbonus-Plus-Bezug in Zusammenhang stehen. Der Oberste Gerichtshof sprach sich jedoch dafür aus, dass die mit dem Familienbonus-Plus-Bezug einhergehende Steuerentlastung sehr wohl bei der Kindesunterhaltsbemessung zu berücksichtigen sei - und zwar in Anlehnung an die Entscheidung zu Gz 6 Ob 240/17p, in der der Oberste Gerichtshof entschieden hatte, dass eine durch den Kinderfreibetrag erfahrene Steuerersparnis zu einer Erhöhung des Kindesunterhalts führt.

Der aktuellen Entscheidung ist ein Wegfall der anteiligen Anrechnung der Familienbeihilfe bei Bezug des Familienbonus Plus nicht zu entnehmen. Der Oberste Gerichtshof ließ jedoch in seiner rezenten Entscheidung offen, ob der Bezug des Familienbonus Plus zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage als solche führt, oder dieser die Anrechnung von Transferleistungen kürzt. Bei letzterer Methode würde sich ein doch etwas höherer Kindesunterhalt errechnen.

Im Vergleich: Bei einem angenommenen aktuellen monatlichen Nettoeinkommen von 3500 Euro würde für ein sechs Jahre altes Kind (ohne weitere Unterhaltsverpflichtungen) der monatliche Kindesunterhalt unter Kürzung der Transferleistungen 586 Euro betragen. In Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage von 3500 Euro um den Familienbonus Plus auf 3562 Euro würde sich (ohne Kürzung der Transferleistungen) der monatliche Kindesunterhalt mit 547 errechnen.

In Bezug aufLuxusstopp von Bedeutung

Die Klärung der Frage, ob der Familienbonus-Bezug lediglich zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage oder vielmehr zu einer Kürzung der Transferleistungen führt, ist auch bei der Bemessung des Kindesunterhalts mit dem sogenannten Luxusstopp (auch als "Playboygrenze" bekannt) von Bedeutung. Denn für überdurchschnittlich gut verdienende Eltern gibt es eine Deckelung des Kindesunterhalts der Höhe nach. Für die Bestimmung des Luxusstopps werden jährlich die vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien neu aufgelegten Regelbedarfsätze herangezogen.

Unter Regelbedarf (respektive Durchschnittsbedarf) wird jener Bedarf verstanden, den jedes Kind einer bestimmten Altersgruppe in Österreich ohne Rücksicht auf Nahrung, Kleidung, Wohnung und zur Bestreitung der weiteren Bedürfnisse, wie etwa kulturelle und sportliche Betätigung, sonstige Freizeitgestaltung und Urlaub hat. Es handelt sich somit um einen statistischen Wert, der eine Orientierungsgröße für Durchschnittsfälle darstellt.

Auch der Luxusstopp erfährt grundsätzlich eine anteilige Kürzung um den Bezug der Familienbeihilfe. Für ein sechs Jahre altes Kindes beträgt der aktuelle, monatliche Luxusstopp 700 Euro. Bei dieser Altersgruppe kommt der Luxusstopp (in anteiliger Anrechnung der Familienbeihilfe) ab einem monatlichen Nettoeinkommen von circa 4800 Euro zum Tragen.

Für den Fall, dass sich nun (was bis dato aber eben unklar ist) durch Bezug der Familienbeihilfe die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöht, bleibt die Frage offen, ob die Deckelung des Luxusstopps nun auch noch die Steuerentlastung umfasst oder nicht (wäre das der Fall, würde sich im Beispielsfall der Luxusstopp von 700 auf 762,50 Euro erhöhen).

Die Entscheidung 4 Ob 236/18v bringt aber zumindest folgende Klarstellung: Für den geldunterhaltspflichtigen Elternteil ist zwar der Bezug des Familienbonus Plus an die Erfüllung seiner Geldunterhaltsverpflichtung gebunden, jedoch hielt der Oberste Gerichtshof nun fest, dass die Steuerentlastung dem Kind auch dann zugutezukommen hat, wenn mangels Unterhaltsleistung kein Familienbonus Plus bezogen werden kann. Die Steuerentlastung hat dem Kind jedenfalls zuzukommen. Der geldunterhaltspflichtige Elternteil ist im Verhältnis zu seinem unterhaltsberechtigten Kind so zu behandeln, als ob er diese Beträge erhielte. Diese Ansichten beruhen offensichtlich auf der Überlegung, dass in einem System der mittelbaren Steuerentlastung von Unterhaltsleistungen zusätzliche Absetz- oder Freibeträge mittelbar dem Kind zugutezukommen haben.

Die Rechtssituationist derzeit unbefriedigend

Bei dem viel beworbenen Steuerzuckerl des Familienbonus Plus dürfte es sich tatsächlich um ein Nullsummenspiel für den getrennt lebenden geldunterhaltspflichtigen Elternteil handeln. Nach der Trennung ist somit dem geldunterhaltspflichtigen Elternteil, will dieser nicht sogar ein Minus machen, zu raten, den Familienbonus Plus in Anspruch zu nehmen und in Scheidungsvereinbarungen - mangels klarer Rechtssituation - festzulegen, wie der Bezug bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen ist.

Denn klar ist derzeit zwar, dass der Familienbonus (egal, ob dieser nun vom geldunterhaltspflichtigen Elternteil bezogen wird oder nicht) zu einer Erhöhung des Kindesunterhalts führt. Unklar ist jedoch, in welcher Form diese Steuerentlastung bei der Bemessung zu berücksichtigen ist.

Die Frage, ob der Bezug des Familienbonus Plus zu einer Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage führt, stellt sich natürlich nicht nur beim Kindesunterhalt, sondern auch beim Ehegattenunterhalt.

Betreffend Familienbonus Plus herrscht daher eine unbefriedigende Rechtssituation. Kindesunterhaltbemessung ist aber ohnedies schon oft eine sehr komplexe Angelegenheit, mit den rechtlichen Unschärfen rund um den Familienbonus werden diese noch verstärkt.

Vom Gesetzgeber ist zu wünschen, dass die Auswirkungen von Gesetzen vor deren Inkraftsetzung umfassend mitbedacht werden, sodass die Praktiker mit diesen arbeiten können, und dem Rechtssuchenden klar ist was diese wirklich für sie bedeuten.

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