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Wissen managen

Von Sophie Martinetz

Recht
Sophie Martinetz ist Gründerin und Leiterin von Future-Law, einer unabhängigen Plattform für Legal Tech, sowie Director des WU Legal Tech Centers. Die Digitalisierungsinitiative von Future-Law ist abrufbar unter: https://digitaleinitiative.future-law.at/
© Marlene Rahmann

Die Frage ist, welches Wissen Sie weitergeben wollen.


Sie kennen das sicher - Sie arbeiten an einem Vertrag, und es fällt Ihnen eine tolle Klausel ein, die passen würde. Sie haben sie vor längerer Zeit verwendet - in diesem Vertrag mit einem großen Stammkunden, und sie war verkäuferfreundlich. Am Ende wurde sie viel diskutiert und ausformuliert, aber nicht in den finalen Vertrag übernommen. Juristen häufen im Laufe ihrer beruflichen Karriere großes Wissen an. Es ist in Verträgen, internen Dokumenten, Gutachten, E-Mails und in ihren Köpfen.

Das passende Schlagwort dazu heißt Wissensmanagement. Oft wird dieses mit Dokumentenmanagement "verwechselt": Das heißt, Dokumente werden nahezu lückenlos verwaltet. Das berechtigte Ziel ist die Minimierung von Aufwand und Zeit, die richtigen Informationen zu finden, oder auch, dass das Rad ständig neu erfunden werden muss. Ein gut strukturiertes Dokumentenmanagement je nach Größe der Kanzlei ist also die Basis für Zugang zu Information: Wann ist welche Information notwendig und wo finde ich sie? Bei Kanzleien wir das oft von einer Kanzleisoftware abgebildet. Hier ist nicht die strukturierte Ablage, sondern oft die rasche und genaue Auffindbarkeit/Durchsuchbarkeit das Thema. Rechtsabteilungen führen immer stärker Vertragsmanagementsysteme ein, um E-Mails und Dokumente wieder strukturiert zu speichern.

Wissensmanagement ist allerdings mehr als das, das Ziel ist, Wissen in einem Unternehmen transparent und zugänglich für Mitarbeiter zu gestalten. Das umfasst idealerweise mehr als eine Suchmaschine: eine Wissenskultur, klassisch Discovery-Tools, die vor allem dem (Wieder-)Finden und Ordnen von Wissen dienen; Collaboration Tools oder regelmäßige Meetings, die den Austausch zwischen Wissensträgern vereinfachen; gemeinsam genutzte Kalender (zum Beispiel über Outlook); vielleicht ein Wiki (viel Arbeit), in dem jeder Mitarbeiter schnell grundlegende, nicht projektbezogene Informationen findet.

Diese Aufgaben erledigen sich nicht von selbst. Kanzleien und Rechtsabteilungen, die das erfolgreich umsetzen, kalkulieren menschliche und technische Ressourcen ein. Das Wissen ist ihnen also etwas wert, da es sich nicht alleine organisiert. Als Anwältinnen und Anwälte unterliegen Sie strengen Verschwiegenheitsverpflichtungen, die zu erfüllen sind, und einzelne Tools müssen dem entsprechen. Inhaltlich interessante Tools könnten zum Beispiel folgende sein: für die Auffindbarkeit in den eigenen Dokumenten und Checklisten (wie der Fall mit der Klausel ganz oben) https://genieai.co/products, ein UK Legal Tech oder zapiens.ai für interne Vernetzung und Wissensaustausch. https://www.botbase.tech/ gibt Ihnen die Möglichkeit, für Ihre internen oder externen Klienten ein textbasiertes Dialogsystem basierend auf Ihrem bestehenden Wissen aufzusetzen (das ist kein "echtes" Wissensmanagement, aber vielleicht ein interessantes Klientenservice).

Die Frage ist also, was wollen Sie erreichen und welches Wissen wollen Sie bewahren, weitergeben, und wie wollen Sie es managen? In diesem Sinne ist auch Wissensmanagement keine IT-Frage, sondern eine Strategiefrage.