Ob neuer Versicherungsvertrag, die Änderung einer Polizze oder die Anzeige eines Schadens - jeder braucht ihn von Zeit zu Zeit: seinen Versicherungsbetreuer. Doch den wenigsten ist bewusst, dass unterschiedliche Berufsgruppen hinter dem vermeintlich klaren Berufsbild stehen. Es gibt den angestellten Vertriebsmitarbeiter der Versicherung auf der einen Seite und selbständige Versicherungsvermittler auf der anderen Seite. Bei der Gruppe der selbständigen Versicherungsvermittler ist zwischen Versicherungsagenten und Versicherungsmaklern zu unterscheiden. Beide vertreiben Versicherungsprodukte – damit enden die Gemeinsamkeiten aber auch schon.
Der Makler wird nämlich im Auftrag des Kunden tätig, der Versicherungsagent nicht. Lange war es für Gewerbetreibende möglich, sowohl als Versicherungsagent als auch als Versicherungsmakler agieren zu können – damit ist nun seit Ende Jänner endgültig Schluss. Durch die sogenannte Statusklarheit darf das Gewerbe der Versicherungsvermittlung nur noch entweder in der Form Versicherungsagent oder in der Form Versicherungsmakler ausgeübt werden.
Doch warum ist es wichtig, zwischen Agenten und Maklern unterscheiden zu können? Versicherungsagenten sind selbständige Unternehmer mit Agenturverhältnissen zu einer oder mehreren Versicherungen. Sie sind gesetzlich zur Wahrung der Interessen der Versicherung verpflichtet und werden deren Sphäre zugeordnet. Im Haftungsfall – etwa, wenn ein Beratungsfehler passiert ist – muss daher auch die Versicherung für deren Fehler einstehen und gegebenenfalls auch die Versicherungsdeckung gewähren, die eigentlich erforderlich gewesen wäre. Versicherungsagenten üben ihre Tätigkeit entweder als Exklusivagentur – hier agieren sie nur für eine einzige Versicherung – oder als Mehrfachagentur, die die Produkte verschiedener Versicherungen vertreibt, aus.
Makler agiert in Doppelrechtsverhältnis
Versicherungsmakler werden dagegen im Auftrag des Kunden auf der Grundlage eines Maklervertrages tätig. Auch zu den Versicherungen bestehen Maklerverträge sowie Rahmenprovisionsvereinbarungen, weshalb der Versicherungsmakler in einem Doppelrechtsverhältnis agiert. Versicherungsmakler werden der Sphäre des Kunden zugeordnet, dessen Interessen sie primär zu vertreten haben. Insbesondere sind Versicherungsmakler gesetzlich zum "best advice" verpflichtet, das bedeutet, dass sie den für den Kunden bestmöglichen Versicherungsschutz herzustellen haben. Unterläuft dem Makler ein Beratungsfehler, muss sich der Kunde bei ihm für einen daraus resultierenden Schaden regressieren, die Versicherung selbst kann der Kunde dafür nicht in Anspruch nehmen.
In puncto Entlohnung unterscheiden sich die zwei Gewerbeformen übrigens nicht: Sowohl der Versicherungsagent als auch der Versicherungsmakler werden grundsätzlich erfolgsabhängig auf Provisionsbasis von der Versicherung entlohnt. Und für beide Gewerbeformen gelten auch die im Sommer des vergangenen Jahres neu erlassenen Standesregeln, die regelmäßig umfassende Beratungspflichten vorsehen, die sicherstellen sollen, dass der Kunde einen seinen Wünschen und Bedürfnissen entsprechenden Versicherungsvertrag erhält.
Dennoch – oder gerade deswegen – war es sowohl dem Fachverband Versicherungsmakler als auch dem Bundesgremium der Versicherungsagenten bei der österreichischen Umsetzung der IDD (Insurance Distribution Directive) ein Anliegen, sich stärker als bisher voneinander abzugrenzen. Die daraus resultierende Statusklarheit bedeutet, dass es seit dem 29. Jänner 2020 unzulässig ist, über aufrechte Berechtigungen zur Tätigkeit als Versicherungsagent und als Versicherungsmakler zu verfügen. Versicherungsvermittler, die zur Ausübung beider Formen berechtigt waren, mussten der Gewerbebehörde bis 28. Jänner 2020 melden, in welcher Form sie künftig agieren möchten.
Zweifel an Rechtskonformität der Statusklarheit
Die Statusklarheit verfolgt das – grundsätzlich begrüßenswerte - Ziel, dass Kunden wissen, mit wem sie es zu tun haben. Fraglich ist aber, ob dieses Ziel so erreicht werden kann: Viele Kunden sind sich gar nicht bewusst, dass Versicherungsagent und Versicherungsmakler zwei unterschiedliche Berufsgruppen sind und noch weniger ist ihnen bekannt, was das für sie selbst bedeutet. Insofern "bringt" auch die eindeutige Deklaration wenig. Außerdem gibt es Zweifel an der Rechtskonformität der Statusklarheit. Von Kritikern wird darin insbesondere ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit gesehen.
Tatsächlich ist die zwingende Aufgabe entweder der einen oder anderen Ausübungsform für viele Versicherungsvermittler mit einem Kundenverlust und finanziellen Einbußen einhergegangen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich viele nach Alternativen umsehen. Hier ist etwas Kreativität gefragt: So ist es beispielsweise möglich, dass jemand als Makler im Vermittlerregister eingetragen ist, daneben aber als Geschäftsführer einer als Agentur eingetragenen Gesellschaft für diese im Agenturbereich tätig wird. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob die Statusklarheit wirklich Klarheit für die Kunden schaffen wird.