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Digitale Justiz - wann, wenn nicht jetzt?

Von Sophie Martinetz

Recht
Sophie Martinetz ist Gründerin und Leiterin von Future-Law, einer unabhängigen Plattform für Legal Tech, sowie Director des WU Legal Tech Centers. Die Digitalisierungsinitiative von Future-Law ist abrufbar unter: https://digitaleinitiative.future-law.at/
© Marlene Rahmann

Alle Akten werden elektronisch geführt, und somit haben alle digitalen Zugriff auf den Inhalt des Falles.


Covid-19 hat es gezeigt: Die ganze Welt wird digital. Und wenn die Wirtschaft digitalisiert, braucht es auch eine nachhaltig digitale und unabhängige Justiz.

Das bringt eine große Veränderung, die sorgfältig durchgeführt werden muss. Wo kann Digitalisierung konkret Mehrwert bieten? Zum Beispiel bei der Verfahrensführung: Alle Akten werden elektronisch geführt, und somit haben alle - wie das Gericht und über sichere Schnittstellen die Rechtsvertretung und Gutachterinnen und Gutachter - innerhalb ihrer Berechtigungen 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche digitalen Zugriff auf den Inhalt und den Verfahrensstand des Falles. Das benötigt die flächendeckende Einführung des elektronischen Aktes. Das erfordert natürlich auch für die Richterinnen und Richter sowie Mitarbeiter der Gerichte eine zeitgemäße technische Ausstattung. Es bedeutet allerdings auch eine Veränderung individueller Arbeitsweisen. Und Veränderungen sind ja bekanntlich nie besonders ersehnt. Gleichzeitig sollten auch die von Verfahren betroffenen Bürgerinnen und Bürger digitalen Zugang zu ihren Akten erhalten.

Zu den Gerichtsverfahren: Durch die Covid-19-Krise wurden bei Gerichtsverfahren Videokonferenzen notwendig. Das könnten die Entscheidungsorgane auch zukünftig nutzen, natürlich unter der Berücksichtigung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit und der konkreten Situation der Parteien.

Die Anwaltsbranche und deren Forensik-Teams setzen verstärkt Technologie wie Machine Learning und künstliche Intelligenz ein, um große Datenmengen für ihre Mandantinnen und Mandanten aufzubereiten. Eine zeitgemäße Justiz muss hier auf Augenhöhe mithalten können. Technische und personelle Ressourcen sind notwendig, um Staatsanwälte und Richterinnen bei der technischen Aufbereitung von Daten und Unterlagen tatkräftig zu unterstützen. Solche Einheiten gibt es in anderen Ministerien schon, und diese sind zu Recht stolz darauf. Eine unabhängige Justiz in 2020 braucht auch ein gut etabliertes, unabhängiges und schlagkräftiges Big-Data-Team. Die Speicherung und Sicherung solcher Daten muss den hohen Anforderungen der Justiz und der Gewaltentrennung entsprechend eigenständig sein und den höchsten Ansprüchen entsprechen. Darauf müssen sich alle am Verfahren Beteiligten verlassen können. Es gibt noch viele Bereiche, aber das würde die Grenzen der Kolumne sprengen.

Die Digitalisierung der Justiz ist kein Selbstzweck, sondern ein wichtiger Schritt, um die Rechtssicherheit in einem digitalen Österreich auch nachhaltig zu gewährleiten. Wann, wenn nicht jetzt ist ein guter Zeitpunkt dafür.