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Häufig gestellte Rechtsfragen der Covid-19-Pandemie

Von Katharina Braun

Recht
Katharina Braun ist eine selbständige Wiener Rechtsanwältin und auf Familien- und Medienrecht spezialisiert. Sie war viele Jahre als Fernsehredakteurin für den ORF tätig.<!--[if gte mso 9]><![endif]--><!--[if gte mso 9]>Normal021falsefalsefalseDE-ATX-NONEX-NONE<![endif]--><!--[if gte mso 9]><![endif]--><!--[if gte mso 10]><![endif]-->
© Doris Mitterer

Ob Mieten, Insolvenzen oder Unterhaltsherabsetzung: Krisenbedingt drängen sich nun einige Themen der Rechtsberatung besonders in den Vordergrund.


Jede Zeit hat ihre Herausforderungen und ihre Fragen. Dies gilt auch für Thematiken der Rechtsanfragen, die an den Rechtsanwalt gestellt werden.

In der Praxis sind nun Covid-19-mitbedingt besonders häufig gestellte Fragen:

Eigenbedarf bei Mieten

Viele der österreichischen Liegenschaftseigentümer wohnen selbst auf Miete. In Folge von Einkommensverlusten können sich einige ihre Miete nicht leisten und wollen ihrem eigenen Mieter wegen dringenden Eigenbedarfs aufkündigen.  Eine Eigenbedarfskündigung bei einem Bestandobjekt, welches unter das Mietrechtgesetz fällt, unterliegt strengen Voraussetzungen. Sollte sich der Vermieter tatsächlich die für sich selbst angemietete Wohnung nicht mehr leisten können und so sich in seiner Existenz gefährdet sehen, so könnte dies die Eigenbedarfskündigung rechtfertigen.  Bei der Eigenbedarfskündigung, welche gerichtlich zu erfolgen hat, ist bereits in der Kündigung vom Vermieter konkret anzugeben, warum seine Existenz bei Aufrechterhaltung des Mietvertrages gefährdet wäre.

Downsizing, Umgründungen

War früher die Umgründung einer Personengesellschaft zu einer GmbH gefragt; so ist jetzt aufgrund von Umsatz/ Gewinnverlusten die Nachfrage nach der ursprünglichen Gesellschaftsform häufiger. Denn vorausschauend können der ursprüngliche Steuervorteil der GmbH wie zum Beispiel eine mit 25 Prozent Körperschaftssteuer mögliche Gewinnthesaurierung aufgrund von Abbau von Verbindlichkeiten oder die Finanzierung von Investitionen nicht mehr gegeben sein.

Aus steuerlicher Sicht könnte sohin die Rechtsform des Einzelunternehmens oder der Personengesellschaft ( Offene Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft) beziehungsweise eine GmbH & CoKG im Vergleich zur GmbH vorteilhafter sein. Zu beachten sind auch die mit einer GmbH einhergehenden Kosten. So ist die Mindestkörperschaftssteuer für GmbHs, trotz einer allfälligen künftigen steuerlichen Verlustsituation, abzuführen.
Das Umwandlungsgesetz erleichtert in zwei Fällen die Fortführung eines Betriebes, welcher bisher von einer Kapitalgesellschaft geführt wurde, in Form eines Einzelunternehmens oder als Personengesellschaft. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, erlischt die übertragende Kapitalgesellschaft ohne Liquidationsverfahren.

Errichtende Umwandlung

Gesellschafter, die zusammen mindestens 90 Prozent  der Anteile der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft halten, errichten insbesondere eine OG oder eine KG, auf die das bestehende Unternehmen übertragen wird.

Verschmelzende Umwandlung

Das Unternehmen geht von der zu umwandelnden Kapitalgesellschaft auf den Hauptgesellschafter über. Hauptgesellschafter sind Personengesellschaften, natürliche oder juristische Personen, die mindestens 90 Prozent der Anteile halten. Den anderen Gesellschaftern ist eine Barabfindung zu gewähren.

Bei der Umwandlung ist zu bedenken, dass nicht ausgeschüttete Gewinne der GmbH einer fiktiven Ausschüttung in Höhe von 27,5 Kapitalertragsteuer unterliegen, und die steuerlichen Anschaffungskosten für die Beteiligung an der GmbH unwiderruflich verloren gehen und diese somit im Falle der Veräußerung nicht steuermindernd geltend gemacht werden können.

Insolvenzen

Die Anmeldefristen von Insolvenzen, welche im Zusammenhang mit Covid-19 stehen, wurden verlängert.  Auffallend ist, dass heuer, dies im Zusammenhang mit den staatlichen Unterstützungen sowie Krediterleichterungen und niedrigen Zinsen,  die Zahl der Insolvenzmeldungen stark rückläufig ist. Den aktuellen KSV-Zahlen zufolge gab es in der ersten Jahreshälfte um fast 25 Prozent weniger Firmenpleiten als im ersten Halbjahr 2019, bei den Privatinsolvenzen gab es sogar einen Rückgang um 33 Prozent. Parallel dazu sind die Verbindlichkeiten mit 1,605 Milliarden Euro um 86 Prozent gestiegen.

Es wird jedoch eine Insolvenzwelle für das nächste Jahr erwartet. Experten wie Gabriel Felbermayr, Chef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Kiel befürchten, dass durch die Unterstützungen  auch sogenannte "Zombieunternehmen" am Leben gehalten würden, welche  aber so der gesamten Wirtschaft schaden würden. Denn diese Unternehmen würden zum Teil ihre Produkte sehr günstig anbieten. Gesunde Unternehmen wären so gezwungen ihre Preise ebenfalls  zu senken, oder würden  als Lieferanten dieser Unternehmen bei der  Insolvenz verstärkt mitgerissen werden. Zudem wird von vielen befürchtet, dass durch die Insolvenzverschiebung nicht die notwendigen Impulse für eine zukunftsträchtige überlebensfähige Wirtschaft gesetzt werden und Mitarbeiter ein ( wenn auch nur noch befristetes ) Ausgedinge in zukunftslosen Unternehmen beziehen. Die Finanzmodelle ( welche oft einen Kredit beinhalten) vieler Österreicher drohen im Zuge geringerer Einkommen zu kippen.

Vermögensbetrug

Anfragen im Zusammenhang mit Vermögensbetrugsfällen steigen.  Ich habe in meiner Tätigkeit den persönlichen Eindruck, dass derzeit verstärkt Menschen, welche bereits unmittelbar vor der Insolvenz stehen und wissen, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen werden können, von ihrem sozialen Umfeld sich Geld  für ein "Darlehen" erbeten. Dies fälschlich mit der Begründung sie hätten nur einen kurzfristigen Zahlungsausfall und würden es sicher zurück zahlen.  Das Geld wird jedoch oft auf Nimmersehen gewährt.

Geschäftsraummietverträge

Vermieter und Mieter fragen bei der Ausgestaltung von Verträgen  über Geschäftsraummieten verstärkt nach wer im Fall von Geschäftsmietenschließungen, wie im Fall eines Lockdowns, das Risiko für  die nicht  oder nur eingeschränkte Benutzungsmöglichkeit des Geschäftslokals zu übernehmen hat. Auf Mieterseite berichten immer mehr sich derzeit nicht langfristig  binden zu wollen. Es wird Ausschau nach Alternativen, zB Coworking, Office Solutions Büroanbietern, gehalten.

Bauherrenmodelle

Diese sind auf Langfristigkeit und konstante Gutverdiener ausgelegt. Im Zuge von Einkommensverlusten besteht die Gefahr, dass  die ohnedies nicht in Stein gemeißelten Prognoserechnungen nicht aufgehen, und so das Modell kippt und zum Verlust wird.

Es ist nicht auszuschließen, dass zumindest in einiger Zeit hier einige Haftungsfälle auf die Justiz zukommen werden. Bei welchen sich dann etliche Vermögensberater, Bauherrenmodellanbieter, die Frage gefallen werden lassen müssen, ob sie  die Kunden über die  tatsächlichen Risiken  vollinhaltlich aufgeklärt haben. Vermögensberater werden im Falle einer Inanspruchnahme durch einen Investor damit zu rechnen haben, dass die Berufshaftpflichtversicherung keine Deckung gewährt.  Dies da eine schwerpunktmäßige steuerberatende Tätigkeit vom Berufsversicherungsschutz eines Vermögensberaters ( geregelt ist dieser in § 136 a Abs 1 GewO) zumeist nicht umfasst ist ( vgl. Gz 1 R 213/12p -13).

Unterhaltsherabsetzung

Kam es zu Beginn der Covid-19-Ausgangsbeschränkungen zu einem Anstieg der Anfragen rund um Unterhaltsherabsetzung,  so scheinen die diesbezüglichen Anfragen nun rückläufig. Dies anzunehmenderweise weil derzeit insbesondere die selbstständigen Unternehmen erst abwarten ob sich tatsächlich ein langfristiger Einkommensverlust ergibt. Etliche Unternehmer haben dann doch erkannt, dass sich die Einkommensrückgänge in Grenzen halten bzw. gar sogar ausgeglichen werden könnten. Denn natürlich gibt es etliche Branchen die durchaus von der Situation wirtschaftlich profitiert haben. Viel Beratungsbedarf gibt es natürlich auch im Arbeitsrecht.

Allgemein in Beratungen

Im Zuge der Beratungen kommt hervor, dass die allgemeine psychische Belastung ansteigt. Dies sowohl bei Privaten als auch bei Unternehmen. Viele Unternehmer meinen, dass sie einen zweiten Lockdown wirtschaftlich nicht packen würden, und dringend darauf angewiesen seien, dass sie wieder halbwegs normal wirtschaften können. Viele  Unternehmer wissen auch nicht wie sie die Zahlungen, die ja nur wirtschaftlich gestundet worden sind, bedienen werden können. Unternehmer meinen in Gesprächen die Reduktion sowohl der Lohnnebenkosten als auch der Körperschaftssteuer auf nicht entnommene Gewinne wäre wirtschaftlich sehr hilfreich und wichtig.

Natürlich sind nicht nur die Erwachsenen  von  dieser Situation stark betroffen, sondern auch die Kinder. Hier zeigt sich  in Österreich leider um eins mehr das unzureichende Anbot von Kassenärzten in der Kinderpsychiatrie, und Privatärzte können sich Eltern, dies zumal in Zeiten wie jetzt, schlecht leisten.
Im Familienrecht kommen in den Beratungen derzeit verstärkt  vermeintliche Fehldisposition des Partners ( Narzisst, Borderliner/ Autist-dies auch in Variante Asperger und Co ) zur Sprache. Möglicherweise hat dies die Ursache darin, dass die Covid-19-ausgangsbeschränkte Zeit verstärkt für das Studium von Psychoratgebern genutzt wurde, oder man den Partner in dieser Zeit ( zu) intensiv erlebt hat oder auch das eigene Empfinden sich verändert hat.    Im Recht sind jedenfalls Ferndiagnosen nicht zugelassen. Eine seriöse Diagnose setzt eine persönliche Befundung voraus.

Covid-19  wird mitunter auch gerne als Ausrede benutzt. So wird in etwa die Nichtvorlage eines Geschäftsberichts für das Jahr 2019 mit der Krise (welche es da aber noch gar nicht gab) argumentiert.
Bei Scheidungen fällt mir auf, dass die Menschen dazu tendieren die Verantwortung für eine Entscheidung immer mehr auf ihren Rechtsberater abwälzen zu wollen: So wird es immer schwieriger eine Frage auf die Antwort zu erhalten (vorausgeschickt beide Varianten sind finanziell leistbar); wollen sie im Haus bleiben und ihren Partner auszahlen oder umgekehrt. Zukunftsängste lähmen Menschen in ihrer Entscheidungsfähigkeit. Auf der anderen Seite wollen derzeit aber alle besonders schnell geschieden werden. Denn viele befürchten,  dass wieder alles dicht gemacht werden könnte und es keine Verhandlungen gibt.