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Neues Covid-19-Gesetz, aber Fragen bleiben

Von Anton Fischer

Recht

Die ursprüngliche Fassung des Maßnahmengesetzes wurde mit der neuesten Version grundlegend geändert.


Mit der jüngst in Kraft getretenen Version des Covid-19-Maßnahmengesetzes wurde dessen ursprüngliche Fassung grundlegend geändert. Aufgrund massiver Kritik war dies bitter nötig. Der Verfassungsgerichtshof hatte Mitte Juli weite Teile der auf der vorigen Fassung basierenden Maßnahmenverordnung für gesetzwidrig erklärt. Insbesondere bestand nach dessen Meinung keine rechtliche Grundlage für die verhängten Betretungsverbote. Mit den Änderungen soll vor allem eine verlässliche Grundlage für auf dem Gesetz aufbauende Verordnungen geschaffen werden. Grund genug, sich mit den wesentlichsten Neuerungen auseinanderzusetzen.

Die Corona-Ampel

Das im Sommer vorgestellte Ampelsystem fand nun Eingang ins Gesetz. Per Verordnung können typisierende Risikoeinstufungen hinsichtlich der epidemiologischen Situation vorgenommen und an diese unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden. Unklar ist jedoch, welche Konsequenzen mit einer konkreten Ampelfarbsetzung verbunden sind. Ohne Klärung der rechtlichen Konsequenzen ist die Corona-Ampel ein zahnloses Instrument.

Die Corona-Kommission

Zur Unterstützung des Gesundheitsministeriums wurde die rechtliche Grundlage zur Einrichtung einer Corona-Kommission geschaffen, die bei der Bewertung der epidemiologischen Situation helfen soll. Von dieser abgegebene Stellungnahmen sind zwar zu veröffentlichen, haben jedoch keinen verbindlichen Charakter und stellen nur Empfehlungen dar. Das Ministerium darf sich über den Expertenrat hinwegsetzen.

Mögliche Ausgangssperren

Die eingeführte Ausgangsregelung soll mögliche künftige Ausgangssperren rechtlich absichern. Über den Bestand von Betretungsregeln für Betriebsstätten, Arbeitsorte und öffentliche Verkehrsmittel hinaus legitimiert die neue Regelung unter bestimmten Umständen zur Verhängung von Ausgangssperren. Als gravierender Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Bewegungsfreiheit soll die Ausgangsregelung zum Tragen kommen, wenn der Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder eine ähnlich gelagerte Notsituation droht und die Verhängung von Betretungs- oder Befahrungsverboten beziehungsweise das Verbot der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichen. Der private Wohnbereich soll dann nur verlassen werden dürfen:

zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

zur Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie zur Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,

zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens,

für berufliche Zwecke, sofern dies erforderlich ist, und

zum Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.

Mehr oder weniger wurden damit die bereits im Frühling von der Regierung propagierten Lockdown-Ausnahmen gesetzlich verankert. Wie die bisherigen Regelungen sind die nunmehr verankerten Ausnahmen jedoch unpräzise. So wirft zum Beispiel die Ausnahmeregelung des Verlassens des persönlichen Wohnbereichs für berufliche Zwecke vor allem Probleme bei der Beurteilung der Erforderlichkeit bei nicht eindeutig systemkritischen Berufen auf. Weiters ist anzunehmen, dass die Ausnahme betreffend familiäre Rechte und Pflichten nicht bloß auf die Ausübung von Sorgerechten beschränkt ist, da dies sonst (hoffentlich) präzisiert worden wäre. Unklar ist daher, wann genau die Ausnahme gelten soll.

Keine Privat-Kfz-Benutzung?

Beim Auftreten von Covid-19 kann das Benutzen von Verkehrsmitteln durch Verordnung des Gesundheitsministeriums geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Covid-19-Verbreitung nötig ist. Aufgrund der weiten Formulierung könnte auch die Benutzung von Privat-Kfz untersagt werden. Für die aufs Auto angewiesene Bevölkerung vor allem im ländlichen Raum würde dies enorme, unter Umständen diskriminierende Einschränkungen bedeuten und mancherorts gar die Grundversorgung gefährden. Die Frage nach Verfassungswidrigkeit steht erneut im Raum.

Strenge Strafen

Die Strafbestimmungen wurden wesentlich erweitert. Es drohen empfindliche Geld- beziehungsweise im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen:

Bei verbotenem Betreten oder Befahren von Betriebsstätten, Arbeitsorten, öffentlicher Orte oder beim Benutzen eines Verkehrsmittels drohen Geldstrafen von bis zu 1.450 Euro. Werden bei grundsätzlich zulässigem Betreten oder Befahren von Betriebsstätten, Arbeitsorten beziehungsweise öffentlicher Orte oder beim Benutzen eines Verkehrsmittels bestimmte Voraussetzungen, Auflagen oder festgelegte Zeiten nicht eingehalten, drohen Geldstrafen von bis zu 500 Euro.

Inhaber von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie Betreiber von Verkehrsmitteln oder bestimmter privater Orte riskieren Geldstrafen von bis zu 30.000 Euro, wenn sie nicht dafür sorgen, dass die genannten Bereiche nicht betreten oder befahren werden. Geldstrafen von bis zu 3.600 Euro blühen Inhabern respektive Betreibern, wenn sie bei grundsätzlich zulässigem Betreten, Befahren oder Benutzen nicht für die Einhaltung festgelegter Personenzahlen, Zeiten, Voraussetzungen oder Auflagen sorgen.

Bei Verstößen gegen eine mittels Verordnung verhängte Ausgangssperre drohen Geldstrafen von bis zu 1.450 Euro. Die gleiche Strafe droht, wenn bestimmten Personen das Betreten oder die Besichtigung bestimmter Orte beziehungsweise die Erteilung bestimmter Auskünfte verwehrt oder verweigert wird.

Das neue Maßnahmengesetz wirft erneut viele Fragen auf. In Anbetracht stark steigender Infektionszahlen und drohender Maßnahmenverschärfungen wird sich bald herausstellen, ob das Gesetz eine verlässliche Grundlage für Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 darstellen kann.