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Ladehemmung einer Mutter

Von Katharina Braun

Recht
Manche brechen deshalb den Kontakt zum Kind ab, weil Kindesunterhalt eingefordert wurde.
© adobe.stock / Lightfield Studios

Aus der Praxis einer Familienanwältin, wenn Unterhalt nicht gezahlt wird.


Frau Bauers Mann zahlt für die kleine Sarah zu wenig Kindesunterhalt. Frau Bauer könnte den Kindesunterhalt bei Gericht eintreiben und in weiterer Folge dem Mann das Gehalt pfänden. Stimmt. Blöd nur, dass Sarah begonnen hat, mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen und auch sonstige Verhaltensauffälligkeiten zeigt, weil sie die Streitereien ums Geld nicht mehr aushält.

Der kleine Fritz wiederum befindet sich zu gleichen Teilen bei seinen Eltern. Eine Woche bei der Mutter, eine Woche beim Vater. Gut geht es dem Fritz dabei zwar nicht. Aber besser als vorher. Als der Vater dem Fritz sagte, dass es ihn sehr traurig machen würde, wenn Fritz nicht so oft bei ihm wäre. Fritz liebt beide Eltern und möchte, dass es ihnen gut geht.

In meiner Praxis als Familienrechtsanwältin erlebe ich leider oft Kinder mit Suizidgedanken, die sich selbst ritzen oder schlagen oder anderen gegenüber aggressiv sind. Viele, vor allem Mütter, geben dann bei Gericht auf und verzichten auf Zahlungen. Und das, obwohl sie selbst dadurch wirtschaftlich stark in die Bredouille geraten und gefordert sind, um den Lebensunterhalt zu sichern.

Die Zahlungen für die Kinder sind ohnedies nicht gedeckt

Diese Frauen stoßen zudem oft bei ihrem sozialen Umfeld auf Unverständnis. Denn die Frau sei doch selbst schuld, wenn sie sich das vom Mann gefallen lasse und sich nicht Abhilfe bei Gericht verschaffe, heißt es. Doch was nützt das Geld, wenn man sieht, dass das Kind beim Rechtbekommen vor die Hunde geht?

Natürlich gibt es sehr viele sehr tolle Väter. Manch jemand, der bisher kaum bei den Kindern war, pocht im Zuge der Trennung jedoch auf einmal darauf, die Kinder intensiv zu betreuen und überhäuft sie mit Liebesbekundungen. Dies entspringt aber mitunter nicht einem neuen Verantwortungsbewusstsein für die Kinder, sondern vielmehr dem Wissen, dann weniger an Kindesunterhalt zahlen zu müssen. Hinter dem Betreuungswunsch können auch verletzter Stolz oder Kränkung stecken.

Viele meinen, dass man sich mit dem Kindesunterhalt finanziell gesund stößt und übersehen dabei, dass mit diesem in vielen Fällen die Zahlungen für die Kinder ohnedies nicht gedeckt sind. Denn vom Kindesunterhalt sind grundsätzlich sämtliche Kosten wie Lebensmittel, Schule, Kleidung und Freizeit zu decken. Wer pubertierende Kinder hat, weiß, wie groß deren Appetit ist, und sieht da schnell das Geld zwischen den Fingern zerrinnen. Wirklich traurig mitanzuschauen ist, wenn ein Elternteil deshalb den Kontakt zum Kind abbricht, weil der andere Kindesunterhalt eingefordert hat.

Nicht bloß einmal bekommt man als Rechtsanwältin (wenn auch von mir unbeantwortete) Anfragen wie: "In welches Land muss ich ziehen, damit ich wegen des Kindesunterhalts nicht exekutiert werden kann?" Oder Selbständige erwarten sich Tipps, das eigene Einkommen möglichst optimiert darstellen zu können.

Kaum ein volljähriges Kind beschreitet Weg zu Gericht

Mit Volljährigkeit ist ein Kind selbst Gläubiger und somit Betreiber seines Kindesunterhalts. Doch kaum ein Kind beschreitet wirklich den demütigenden Weg zu Gericht. Das wissen die Nichtbezahler und machen so Kassa auf Kosten des eigenes Kind. Geld ist nicht nur Geld, sondern auch ein Zeichen von Respekt und Fürsorge. Viele Kinder - auch, wenn sie erwachsen sind - kränken sich, wenn ihnen der Kindesunterhalt verwehrt wird. Die Botschaft ans Kind dabei ist nämlich: "Nicht einmal das bist Du mir wert."

Dabei spielt sich die Verweigerung von Kindesunterhalt in der anwaltlichen Praxis oft in der oberen Einkommensetage ab. Es sind Manager mit hohen Einkommensbezügen, welche Karriere machen. Während die anderen aufgrund der familiären Betreuung in ihrem eigenen Fortkommen eingeschränkt sind - und unter anderem auch eine geringere Pension bekommen.

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