Zum Hauptinhalt springen

Alles eine Frage der (Arbeits-)Zeit

Von Florian Schrenk

Recht

Arbeitszeitverkürzung, Teilzeit, Vier-Tage-Woche - rechtliche und pragmatische Aspekte.


Seit geraumer Zeit kann man den Eindruck gewinnen, dass in nahezu allen Wirtschaftsbereichen Personal gesucht wird. Sei es in der Gastronomie, der Güterbeförderung, der Steuerberatung, der IT, . . . fast alle Branchen scheinen betroffen. Ob es nun tatsächlich so ist oder nicht - eine wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Entwicklung wird sicher noch stattfinden -, ändert wohl nichts am Eindruck, den viele derzeit haben, und der Situation, die viele Unternehmen vorfinden.

Wie so oft ist auch die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt mehreren Ursachen geschuldet, wie etwa dem ganz banalen Umstand, dass mehr Menschen aus dem Berufsleben ausscheiden als eintreten, aber auch mehr in Teilzeit arbeiten und für viele die vielbesungene Work-Life-Balance ein Thema ist. Die Liste an Gründen ist aber noch viel länger.

Betriebe sind nun also gefragt, Personal zu finden und zu halten. Dies geschieht seit langer Zeit nicht mehr mithilfe des berühmt-berüchtigten Obstkorbes oder einer "marktkonformen" Bezahlung, sondern derzeit scheinbar verstärkt über als attraktiv empfundene, flexible und/oder verkürzte Arbeitszeiten. Die Frage, ob es sich bei den jeweiligen Arbeitszeitmodellen für Unternehmen und Arbeitskräfte tatsächlich um eine Verbesserung handelt oder teilweise um eine Modeerscheinung, wird sich zeigen.

Allgemeines zu Arbeitszeit und Arbeitszeitverkürzung

Das Arbeitszeitrecht gehört mitunter zu den komplexesten Bereichen des Arbeitsrechts, nachfolgende Ausführungen sollen nur einen kurzen Einblick in dieses Thema geben. Die gesetzliche Normalarbeitszeit liegt in Österreich seit Jahrzehnten bei 40 Stunden pro Woche, oft sind in den jeweiligen Kollektivverträgen (KV) weniger Stunden geregelt, so etwa 38,5 Wochenstunden im Handel oder 37 Wochenstunden in der Sozialwirtschaft. Ob die geringfügige Reduktion der Wochenstunden tatsächlich ein bedeutender Vorteil für Arbeitnehmer ist, sei dahingestellt.

Die Verteilung der Arbeitszeit erfolgt grundsätzlich auf fünf beziehungsweise sechs Tage, man spricht hierbei von Vollzeitbeschäftigungen. Arbeitszeiten sind grundsätzlich starr, eine Flexibilisierung - anders gesagt: eine Abweichung von der gesetzlichen Normalarbeitszeit - muss entsprechend vereinbart werden. So wäre es beispielsweise unzulässig (und auch in vielen Bereichen hoch problematisch), eine Gleitzeit einfach zu "leben", ohne diese schriftlich vereinbart zu haben.

Teilzeitarbeit ist - vereinfacht gesagt - jedes Beschäftigungsausmaß, das unter der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit liegt, dies kann eine Stunde pro Woche sein, aber auch - je nach KV - 39 Stunden pro Woche, um hier die Extremfälle zu nennen. Was aber ist nun die Vier-Tage-Woche?

Variante 1 - das "klassische" Modell

Dieses sieht die Verteilung der Normalarbeitszeit auf vier Tage vor, dabei kann die tägliche Normalarbeitszeit bis zu zehn Stunden betragen, es liegen daher erst ab der elften Stunde oder bei Arbeitsleistung an einem fünften oder sechsten Tag Überstunden vor. Da die Arbeitszeit auf vier Tage verteilt wird, sind grundsätzlich drei Tage der Woche arbeitsfrei, manche sprechen daher auch von einer Arbeitszeitverdichtung. Die Kehrseite dieser Medaille ist freilich, dass die tägliche Anwesenheit im Betrieb (oder im Homeoffice) bei mehr als zehn Stunden liegt, zumal eine Pause von zumindest einer halben Stunde gehalten werden muss. Beginnt ein Arbeitnehmer also um 8 Uhr, geht er an diesem Tag erst um 18.30 Uhr nach Hause. Die Vier-Tage-Woche stößt jedoch an ihre Grenzen, wenn etwa Lehrlinge, Schwangere oder Teilzeitbeschäftigte nicht in den zehnstündigen Arbeitstag eingegliedert werden dürfen oder wollen.

Variante 2 - "Streichen" des fünften Tages

Manche Unternehmen "streichen" beispielsweise den Freitag als Arbeitstag, die sonstigen Arbeitszeiten (und oft auch das Gehalt/der Lohn) bleiben unverändert beziehungsweise geht man hier fiktiv von einer Vollzeitbeschäftigung aus, obwohl eine Teilzeitbeschäftigung vorliegt. Wird in diesem Modell an den jeweiligen Arbeitstagen länger gearbeitet, liegt meist schon bei der neunten oder zehnten Stunde eine zuschlagspflichtige Überstunde vor. Denkbar ist allerdings, dass man dennoch (trotz faktischer Teilzeitbeschäftigung) eine Vier-Tage-Woche vereinbart, um die tägliche Normalarbeitszeit auf bis zu zehn Stunden auszudehnen. Diese Variante ist für Unternehmen natürlich (vordergründig) teuer, da sich zwangsläufig die Frage stellt, ob sie zu einem deutlichen Produktivitätsanstieg führt oder die fehlenden Stunden durch eine weitere Arbeitskraft ersetzt werden müssen.

Variante 3 - Vier-Tage-Gleitzeit

Bei der Vereinbarung einer Gleitzeit besteht natürlich die Möglichkeit, die Kernzeit (so es überhaupt eine gibt) auf vier Tage zu beschränken, sodass der Arbeitnehmer nur an vier Tagen arbeiten muss. Die Einteilung der Arbeit obliegt hier weitgehend dem Arbeitnehmer selbst. Arbeitsleistung an einem fünften Tag führt nicht automatisch zu einer zuschlagspflichtigen Überstunde. Die Parameter der Gleitzeit müssen hier entsprechend formuliert oder bei bestehenden Vereinbarungen abgeändert werden.

Die Vier-Tage-Woche ist kein neues Modell

Wenn also eine Vier-Tage-Woche vereinbart werden soll, gibt es verschiedene Möglichkeiten, abhängig von den betrieblichen und persönlichen Anforderungen. Die Vier-Tage-Woche ist kein neues Modell, obschon sich dieser Eindruck derzeit gewinnen lässt. Die Gestaltungsmöglichkeiten zur Arbeitsleistung an vier Tagen sind vielseitig, die Wahl des passenden Modells hängt von den betrieblichen Anforderungen an die Tätigkeit und den persönlichen Interessen oder Verpflichtungen des Arbeitnehmers ab.

Die Kehrseite der Vier-Tage-Woche ist wohl unter anderem, dass sie sich nicht für alle Arbeitnehmer anwenden lässt, weil vielleicht private Interessen und Verpflichtungen der Eingliederung in dieses Modell entgegenstehen. Auch aus rechtlichen Gründen ist dieses Arbeitszeitmodell nicht für alle uneingeschränkt möglich. Die Arbeitszeit bei vollem Lohn zu kürzen, ist zwar aus Arbeitnehmersicht attraktiv, fraglich ist aber, ob danach nicht dennoch dieselbe Arbeitsleitung verlangt wird oder ob sich das aus betrieblicher Sicht rechnet. Ebenso fraglich ist, ob eine Arbeitsleistung von zehn Stunden täglich die Produktivität und Zufriedenheit langfristig tatsächlich fördert.

Letztlich obliegt es wohl den Unternehmen, zu entscheiden, welches Arbeitszeitmodell am besten zum betrieblichen Ablauf passt, welche Konsequenzen damit verbunden sind, ob die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigt werden und der gewünschte positive Effekt tatsächlich erreicht wird. Abschließend soll erwähnt sein, dass man in einem Unternehmen grundsätzlich auch unterschiedliche Modelle haben und gegebenenfalls einvernehmlich wieder ein anderes Arbeitszeitmodell vereinbaren kann. Insgesamt ist die Arbeitszeit sicher ein Thema, das uns in den nächsten Jahren begleiten wird.