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Das Recht auf eine rauchfreie Kindheit

Von Paul Schwarzenbacher

Gastkommentare
Paul Schwarzenbacher studierte Rechtswissenschaften in Wien und Mailand und verbrachte Studienaufenthalte ebenso in Georgetown und Montreal. Er war beruflich in Österreich, Italien und Spanien tätig und ist nunmehr stellvertretender Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Rechtslinguistik (ÖGRL).
© Zsolt Marton

Die geplante bundesweite Ausweitung des Rauchverbots auf alle Freizeitflächen für Kinder ist richtig und wichtig.


Der Gesundheitsminister will alle Kinderspielplätze in Österreich zu rauchfreien Zonen machen. Neben Kinderspielplätzen sind auch Freizeitflächen für Kinder und Jugendliche vom geplanten bundesweiten Rauchverbot umfasst (in vielen Gemeinden gilt es schon jetzt). Bereits seit 1. Mai 2018 gilt in Österreich ein Rauchverbot in Pkw, wenn sich Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren im Fahrzeug befinden. Bei Verstößen droht eine Verwaltungsstrafe bis zu 100 Euro, im Wiederholungsfall sogar bis zu 1.000 Euro.

Neben der Vorbildfunktion von Erwachsenen bei solchen Rauchverboten liegen die Vorteile dieser Überlegungen im Gesundheitsschutz der Kinder. Die kinderrechtlichen Grundlagen, die diese Unternehmung stützen, sind umfassend abgesichert. Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern normiert den Anspruch jedes Kindes auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung. Ersatzansprüche für die Folgen des Passivrauchs ergeben sich als Recht auf angemessene Entschädigung und Rehabilitation aus Artikel 5 Absatz 2, und nicht zuletzt kann man die Vision des Gesundheitsministers auch aus Artikel 24 der UN-Kinderrechtskonvention, dem Recht auf ein Höchstmaß an Gesundheit, herleiten.

Ein Fünf-Säulen-Modell für die Kinder- und Jugendgesundheit

Die begleitende Umsetzung dieses Konzepts könnten etwa die Expertinnen und Experten des Kinderrechte-Boards vornehmen. Dieses wurde im Jahr 2012 im damaligen Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, nunmehr Bundeskanzleramt, in der Sektion Familie und Jugend als unabhängiges Beratungsgremium eingerichtet. Als solches ist es für das Monitoring und die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention mitverantwortlich, also auch für den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung.

Im Jahr 2004 beschloss der Ministerrat der österreichischen Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan für Kinderrechte. Dieses Strategieprogramm, das eine Grundlage für eine kinderrechtsorientierte Kinder- und Jugendpolitik in Österreich schaffen soll, hat für den Bereich Kinder- und Jugendgesundheit ein Fünf-Säulen-Modell vorgesehen. Die erste - und nicht die unwichtigste - dieser fünf Säulen ist das Recht auf Gesundheitsförderung und Prävention. Demnach haben Kinder das Recht, in einer gesunden Umwelt und einem gesunden Umfeld aufzuwachsen. Die Begründung dafür liegt darin, dass präventive und früh intervenierende Maßnahmen für das spätere Leben einen entscheidenden Einfluss haben und durch ihren hohen Return on Investment höchst kosteneffektiv sind.

Die Fürsorgepflicht der Erwachsenen

Was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit der Gesetzesnovelle beabsichtigt sein wird, ist ein "Diktat der Moral" oder ein "jüngster Ausfluss einer neuen Prohibition", wie in einem vor einiger Zeit im "Kurier" veröffentlichten Leitartikel vermutet wurde. Nicht Kinder und Jugendliche, die "im vermeintlichen Schutz der Dämmerung auf dem Spielplatz eine verbotene Zigarette probieren - wie Generationen vor ihnen", sollen (verwaltungs)strafrechtlich verfolgt werden, sondern es geht um ihrer Verantwortung nicht ausreichend nachkommende Erwachsene, die gegen Fürsorgepflichten verstoßen.

Ein solches Verhalten wird auch keine "funktionierende Gemeinschaft mit dem nötigen Augenzwinkern selbst lösen". Und dass der Staat "wahrlich Wichtigeres zu tun hat", lässt sich insofern leicht widerlegen, als jeder Bericht über staatliche Gesundheitsausgaben schon seit Jahrzehnten festhält, dass durch Prävention volkswirtschaftlich längerfristig am meisten einzusparen wäre. Als der ökonomischen Analyse des Rechts, also der Überprüfung des Rechts auf seine wirtschaftlichen Auswirkungen, verpflichteter Citoyen sollte dieses Ziel, mit Umsicht und Bedachtnahme auf die Verhältnismäßigkeit, ein erstrebenswertes sein.

Beispielgebend könnte hier Italien sein, wo geplant ist, dass das Rauchverbot auch unter freiem Himmel gelten soll, wenn Minderjährige und Schwangere in der Nähe sind. Dies umfasst auch E-Zigaretten. Mit der von Gesundheitsminister Johannes Rauch geplanten Gesetzesnovelle würde eine Maßnahme gesetzt, die dem Plan der Europäischen Union gegen Krebs aus dem Jahr 2021 entspricht. Ziel dieses Vorhabens ist es, eine "Generation frei von Tabak" zu schaffen; eine Bevölkerung, die bis zum Jahr 2040 ihren Tabakkonsum um 5 Prozent reduziert.

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