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Anlageberatung beim Shopping

Von Thomas Kainz

Recht

Gastbeitrag: Dos and Don’ts in der Anlageberatung: Schon Gespräche des Bankenvorstands


Wien. Wie weit darf sich ein Bankbetreuer "aus dem Fenster lehnen", wenn er seinen Kunden berät? Welche Grundsätze hat er dabei zu beachten? Oder anders herum gefragt: Wann kann ein Kunde erfolgreich einen Verlust aus einem Investment wegen mangelhafter Aufklärung reklamieren? Die Antworten geben das Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG 2007) und die auf seiner Grundlage mittlerweile zahlreich ergangenen Gerichtsentscheidungen.

Das in Umsetzung der MiFID I ("Markets in Financial Instruments Directive", Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente) erlassene WAG 2007 enthält detaillierte "Wohlverhaltensregeln", die den Banken vorschreiben, wie sie sich ihren Kunden gegenüber zu verhalten haben. Allen voran gilt: Eine Bank hat bei der Anlageberatung wie bei der Vermögensverwaltung, aber auch beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren "ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse" ihrer Kunden zu handeln. Dieser Leitsatz ist Grundlage zahlreicher Gerichtsurteile, mit welchen geschädigten Anlegern Schadenersatz wegen Fehlberatung zugesprochen wird. Schwerpunkt in den letzten Jahren: "Immofinanz" oder "Meinl European Land".

Verträge können nicht nur schriftlich oder mündlich zustande kommen, sondern auch stillschweigend. Das gilt auch für den Beratungsvertrag. Dies gekoppelt mit dem Umstand, dass nach dem WAG 2007 grundsätzlich jede persönliche - also nicht öffentliche - Empfehlung über ein Wertpapier (und zwar an Anleger wie potenzielle Anleger, auf deren Aufforderung oder auf Initiative der Bank) als Anlageberatung gilt, kann sich ein Kundenbetreuer relativ schnell ungewollt in einem Beratungsverhältnis wiederfinden, das zu einer fehlerhaften Beratung und damit zu einer Haftung der Bank führen kann. So haben Richter unter anderem bereits Wortwechsel auf der Straße, Unterhaltungen auf Banken-Weihnachtsfeiern oder Diskussionen in einer Kaffeepause während einer Hauptversammlung als persönliche Empfehlungen angesehen. Ja sogar die Unterhaltung eines Bankenvorstands mit einem seiner Handwerker zu Hause haben die Gerichte als Anlageberatung qualifiziert.

Als Grundsatz einer ordnungsgemäßen Beratung gilt allen voran, dass eine Bank ihren Kunden vollständig, richtig, rechtzeitig und verständlich aufzuklären hat, sodass dieser in den Stand versetzt wird, die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen. Der Grad der Aufklärungsintensität ist eine Frage des Einzelfalls und abhängig vom jeweiligen Kunden und vom Anlageprodukt. Die Aufklärung muss umso weiter gehen, je spekulativer das Investment und je unerfahrener der Kunde ist. Aufpassen muss der Berater aber beispielsweise auch, welche Begriffe er verwendet: So hat er fremdsprachige, aber auch finanztechnische Begriffe im Zweifel zu vermeiden, jedenfalls aber zu erklären. Er sollte daher die "Sprache des Kunden" verwenden und die Anlage und deren Risiken mit umgangssprachlichen Wörtern erklären.

Eine marktschreierische Produktanpreisung ist dem Bankbetreuer jedenfalls untersagt: Schon das WAG 2007 stipuliert, dass die Bank keine möglichen Vorteile einer Wertpapierdienstleistung oder eines Finanzinstruments hervorheben darf, "ohne redlich und deutlich auf etwaige damit einhergehende Risiken hinzuweisen". Das haben auch die Gerichte in ihren Urteilen immer wieder betont. So zuletzt der OGH in der im September ergangenen Entscheidung 1 Ob 21/16v betreffend "Immofinanz": Eine Prognose über die künftige Kursentwicklung, die ohne Einschränkung und ohne Warnung zu ihrer Unsicherheit, somit als sicher dargestellt wird, bedeute - so der OGH - eine nicht den Wohlverhaltensregeln entsprechende und damit mangelhafte Beratung.

Eine zusätzliche Verstärkung werden die Wohlverhaltenspflichten durch die MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente) erfahren, welche die MiFID I ablöst. Die MiFID II muss nunmehr bis 3. Juli 2017 in nationales Recht umgesetzt werden. Das neue WAG 2018 wird nach derzeitigem Stand sodann am 3. Januar 2018 in Kraft treten.

Ein Bankbetreuer sollte sich mit Kursprognosen zurückhalten. Selbst wenn er seinen Kunden zufällig auf der Straße trifft, kann das Gespräch als Beratung aufgefasst werden und damit zu einer Haftung der Bank führen.

Zum Autor

Thomas Kainz

ist Rechtsanwalt und Partner bei Legal Chambers Kainz, spezialisiert auf Bankrecht, Anlegerrecht und Prozessrecht. Kainz www.legal-chambers.at

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