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Die Tücken des Winterurlaubs

Von Christoph Krones

Recht

Gastbeitrag: Der OGH hat sich mit einigen Problemen, die einen im Urlaub ereilen können, auseinandergesetzt.


Wien. Für viele steht in den kommenden Wochen der Winterurlaub bevor. So mancher weiß: Nicht selten kommt es bei Anreise, Unterbringung und auf der Piste zu Problemen, die die Freude am Skifahren trüben. Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte sich in den letzten Monaten häufig mit urlaubsrechtlichen Haftungsfragen zu befassen. Bevor es also in die Berge geht, sollen im Folgenden drei ausgewählte Entscheidungen beleuchtet werden, sodass es während und nach dem Urlaub zu keinen bösen Überraschungen kommt.

Das gemeine Kofferregal

Schon bei der Anreise mit der Bahn ins Skigebiet sollte man besonders auf das Handgepäck achten. Im gegenständlichen Fall führte die Klägerin auf ihrer Zugreise eine große Reisetasche mit sich. Diese Reisetasche war zu groß, um sie auf der Ablage über dem Sitz der Klägerin zu deponieren. Nachdem die Klägerin vom Schaffner darauf hingewiesen worden war, stellte sie diese auf ein (nicht einsehbares) Kofferregal im Waggon ab.

Wie das Schicksal es so wollte, kam die Reisetasche während der Zugfahrt abhanden. Die Klägerin erhob Klage und begehrte Schadenersatz in Höhe von 7600 Euro. Ihrer Meinung nach habe das Bahnunternehmen durch die Weisung des Schaffners Verwahrungspflichten übernommen und sei die Bahn für im Kofferregal abgestellte Gegenstände verantwortlich.

Vom Erstgericht wurde die Klage abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass Reisende selbst auf ihr Gepäck zu achten hätten.

Das Berufungsgericht war anderer Ansicht. Danach sei ein Kofferregal als Gepäckabteil zu qualifizieren, dafür sei die Bahngesellschaft verantwortlich und somit haftbar.

Der OGH teilte hingegen die Rechtsansicht des Erstgerichts. Ein Reisender darf leicht tragbare Gegenstände als Handgepäck unentgeltlich in einem Waggon mitnehmen, gleichzeitig sind diese aber an den vorgesehenen Stellen zu deponieren. Die Aufforderung des Schaffners, die Reisetasche auf das Kofferregal zu stellen, begründe keine Verwahrungspflicht der Bahn. Im Übrigen handelt es sich bei dem Kofferregal nicht um ein Gepäckabteil, da es nicht verschlossen werden könne. Die Klägerin habe auch nicht davon ausgehen können, dass auf dem Kofferregal abgestellte Gepäcksstücke vom Zugpersonal beaufsichtigt werden würden (OGH 22. 12. 2015, 1 Ob 231/15z).

Für Bahnreisen ins Skigebiet bedeutet die Entscheidung des OGH also, dass das Gepäck, sofern es nicht im Gepäcksabteil abgegeben und dort von Bahnmitarbeitern beaufsichtigt wird, stets im Blickfeld sein sollte.

Der heimtückische Paprika

Am Urlaubsziel und in der Unterkunft angekommen, heißt es aber weiterhin: "Augen auf!" Das zeigt der nachfolgende Fall: Die Klägerin buchte bei der Beklagten ein Reisepaket. Dieses bestand aus einer Busreise und der Unterbringung mit Frühstück im Hotel. Nachdem die Urlaubsentspannung langsam eingesetzt hatte, ging die Klägerin, wie schon an den Tagen zuvor, zum Frühstücksbuffet. Dabei übersah sie ein auf dem Boden liegendes Stück Paprika, rutschte aus und stürzte. Bei diesem Sturz verletzte sie sich. Zurück in Österreich erhob sie Klage und begehrte Schadenersatz. Dabei gestand sie eigenes Mitverschulden zu einem Drittel zu.

Seitens des Erstgerichts wurde das Klagebegehren abgewiesen. Festgestellt wurde vom Erstge-richt, dass das Paprikastück erst kurz vor dem Sturz der Klägerin zu Boden gefallen sei. Die Mitarbeiter des Hotels können den Boden nicht andauernd kontrollieren, weshalb keine Haftung bestehe.

Das Berufungsgericht schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an, wobei die Feststellungen des Erstgerichts hinsichtlich der Kontrolle des Bodens durch die Mitarbeiter des Hotels nicht mehr aufgegriffen wurden. Selbst wenn ein Mitarbeiter des Hotels das Paprikastück gesehen und nicht entfernt hätte, würde nach Ansicht des Berufungsgerichts, keine Haftung bestehen.

Der OGH war anderer Rechtsansicht und wies die Rechtssache an das Berufungsgericht zurück. Wenn das Berufungsgericht von den Feststellungen des Erstgerichts ausgeht, kann den Mitarbeitern des Hotels kein Vorwurf gemacht werden, schließlich wäre das Paprikastück dann erst kurz vor dem Sturz zu Boden gefallen.

Es wäre eine Überspannung der Sorgfaltspflichten des Hotelbetreibers, wenn dessen Mitarbeiter ständig den Boden zu kontrollieren und von jeglichen Essenresten frei zu halten hätten. Hätte aber ein Kellner das Paprikastück gesehen und nicht entfernt, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, wäre der Hotelbetreiber (auch) haftbar. In einem solchen Fall würde das Verschulden der Klägerin und des Hotelbetreibers je zur Hälfte bestehen. Die Klägerin hätte nämlich ihrerseits darauf achten müssen, wohin sie steigt (OGH 27. 9. 2016, 1 Ob 158/16s).

Der teuflische Sessellift

Aber auch auf der Skipiste warten bereits die nächsten Gefahren. Im letzten Fall ist die beklagte Partei Betreiberin eines Sechser-Sesselliftes, welcher mit Hilfe eines Förderbandes bestiegen wird. Wie vielerorts üblich, wird der Zutritt zum Sessellift durch automatisierte Schranken geregelt, welche dafür einige Sekunden offen bleiben. In diesem Fall waren an den äußeren Enden des Metallgerüsts, mit geringem Abstand, Holzpfosten zur Abschätzung der Größe von Kindern montiert. Der erwähnte Abstand war jedoch groß genug, dass sich der Skistock des Klägers darin verfangen konnte. Die Hand des Klägers befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Schlaufe des verfangenen Ski-stocks, während der Kläger bereits auf dem Förderband stand. Er wurde folglich zurückgezogen und fiel. Die Klage auf Schmerzengeld wurde vom Erstgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts nicht gänzlich und hielt das Klagebegehren zu 50 Prozent für berechtigt.

Der OGH schloss sich dieser Rechtsansicht an. Die beklagte Partei habe die äußerst mögliche Sorgfalt nicht eingehalten, weshalb das Klagebegehren nicht gänzlich unberechtigt sei. Bei Einhaltung der größtmöglichen Sorgfalt wäre es der beklagten Partei nämlich zumutbar gewesen, die Holzpfosten ohne Schaffung eines Zwischenraums am Metallgerüst zu befestigen oder sich überhaupt einer anderen Vorrichtung zur Abschätzung der Größe von Kindern zu bedienen (OGH 25. 5. 2016, 2 Ob 77/16m).

Halten Sie daher auch im wohlverdienten Winterurlaub die Augen und Ohren offen, damit Skifahren "des Leiwaundste, wos ma sich nur vurstelln kann," bleibt.

Zum Autor

Christoph Krones

ist als Rechtsanwalt in Wien tätig. Im Bereich des Zivil- und Zivilverfahrensrechts zählt das Reiserecht zu seinen Spezialgebieten.