
Wien. Hundert Euro für ein Designer-Apartment in Zentrumsnähe. Fünfzig Euro für ein Loft beim Naschmarkt. Pro Nacht, versteht sich. Auch in Österreich erfreut sich die Internet-Plattform Airbnb steigender Beliebtheit, über die private und kommerzielle Anbieter ihre Wohnungen zur Vermietung an Touristen und Geschäftsreisende anbieten. Insgesamt 15.000 Unterkünfte werden hierzulande über Airbnb angeboten, davon alleine 7700 in Wien.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Reisende bekommen mehr Raum und eine bessere Lage für weniger Geld - vor allem für Familien eine angenehme Alternative zu beengten und pro Kopf teuer bezahlten Hotelzimmern. Mit etwas Glück ist noch guter Kontakt zu den Wohnungseigentümern und damit ein authentischer Eindruck vom Reiseziel Teil des Pakets. Auch für den Immobilieneigentümer kann eine Aneinanderreihung kurzzeitiger Vermietungen um das Drei- bis Sechsfache lukrativer sein als eine dauerhafte Vermietung - alleine schon aufgrund der Beschränkungen des Mietrechtsgesetzes.

Vielen Städten in- und außerhalb Österreichs ist Airbnb allerdings genau aus diesem Grund ein Dorn im Auge: Dadurch gerät der ohnehin schon angespannte Wohnungsmarkt noch weiter unter Druck. Die oben erwähnten 7700 Airbnb-Unterkünfte in Wien fallen damit auf dem normalen Mietwohnungsmarkt weg. Dazu kommt, dass die Anbieter den Städten meist die Ortstaxen und dem Staat die Steuern schuldig bleiben - Schätzungen zufolge melden nur 20 Prozent der Anbieter das zusätzliche Einkommen dem Finanzministerium. Damit machen sie den etablierten Hotelbetreibern, die nicht auf einer anonymen Plattform verschwinden können, zusätzlich Konkurrenz.
Einige Städte arbeiten daher an individuellen Lösungen und handeln mit dem kalifornischen Unternehmen Regelungen aus, die zu mehr Fairness zwischen Airbnb-Anbietern und klassischen Beherbergungsbetrieben führen sollen. Gleichzeitig erhofft man sich dadurch auch einen Ausgleich zum Beispiel für die entgangenen Steuern. Erst vergangene Woche gab es Razzien bei vier Villacher Airbnb-Anbietern, die offenbar weder Ortstaxen noch Steuern gezahlt hatten.
Der Wiener Rechtsanwalt Marcus Bachmayr-Heyda hat bereits zahlreiche Anbieter von Airbnb-Wohnungen, aber auch Anrainer, die sich durch diese gestört fühlen, vertreten. Alleine in den vergangenen Jahren gab es in seiner Kanzlei rund 100 Anfragen zu dem Thema. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" gibt er Antworten auf die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
Wie gehen Städte derzeit mit Airbnb um?
Weltweit gibt es in immer mehr Städten Restriktionen für die Nutzung von Airbnb. In London und Amsterdam ist zum Beispiel die Vermietung über die Plattform auf eine eng begrenzte Anzahl von Tagen pro Jahr limitiert. In Frankfurt sind Kurzzeitvermietungen überhaupt verboten, in Berlin kommt die Rechtslage in die Nähe eines Verbots. In Tirol laufen derzeit Verhandlungen mit Airbnb über eine automatisierte Kurtaxen-Abgabe. In Salzburg wurde im Jahr 2016 gegen 20 private Vermieter Verfahren angestrengt, Airbnb hat bereits Gespräche angeboten. Und in Wien hat der Gemeinderat im vergangenen September eine Novelle zum Tourismusförderungsgesetz beschlossen, das nach entsprechenden Einspruchsfristen noch im ersten Quartal in Kraft treten soll.
Was bringt die neue Gesetzeslage in Wien?
Zunächst einmal wird genau definiert, dass jeglicher Aufenthalt gegen Entgelt von Gästen bis zu drei Monaten eine Beherbergung darstellt und daher der Ortstaxenpflicht unterliegt. Das gilt auch dann, wenn die Unterkunft nur angemietet, dort aber nicht genächtigt wird, betont Bachmayr-Heyda. Damit gibt es zumindest in Bezug auf die Ortstaxe keine Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Unterkünften. Außerdem müssen Vermieter künftig jede Unterkunftseinheit dem Magistrat melden und nicht nur den Stammsitz, damit soll das System durchsichtiger werden und der "Abgabenvollzug effizienter" werden, wie es in den Erläuterungen heißt. Die wichtigste Neuerung ist aber die geplante automatische Weitergabe der Vermieterdaten von Plattformen an die Stadt Wien bis zum 15. des auf die Anmeldung folgenden Monats. Um das zu gewährleisten, soll die Stadt mit jedem Anbieter von Sharing-Economy-Plattformen (in erster Linie ist das Airbnb) ein System ausverhandeln, wie diese Daten automatisch der Stadt gemeldet werden können, sodass diese dann die Ortstaxe verrechnen kann.
Unklar ist laut Bachmayr-Heyda noch, was passiert, wenn mit einem Anbieter keine Vereinbarung zustande kommt. Sinnvoll wäre aus seiner Sicht auch, dass die Ortstaxe pauschal durch den Anbieter abgeführt wird - ein System, dem auch Airbnb einiges abgewinnen kann. Der Experte rechnet damit, dass die Datenweitergabe zum Zweck der Ortstaxen-Verrechnung nur ein erster Schritt sein wird. Denn die Administration der Einhebung wird in etwa so viel kosten, wie die Ortstaxe bringt. "Der Hauptzweck des Gesetzes ist zunächst einmal der freie Wettbewerb und das Freiwerden von Wohnraum", sagt Bachmayr-Heyda. In einem nächsten Schritt werde es dann wohl darum gehen, dass die Daten auch an die Finanz- und andere Behörden wie zum Beispiel das Arbeitsinspektorat weitergegeben werden. Als Anbieter sei man derzeit jedenfalls "gut beraten, die Ortstaxe zu zahlen und die Einnahmen im Rahmen der Einkommensteuererklärung anzugeben", sagt der Anwalt. Ein Anreiz dazu kann eine weitere Neuerung im Tourismusförderungsgesetz sein: Die Höchststrafen für Verstöße gegen die Meldepflicht werden empfindlich angehoben - von 420 auf 2100 Euro pro Nichtmeldung. Datenschutzrechtlich ist die Weitergabe der Informationen aus seiner Sicht übrigens eher kein Problem, solange es sich nicht um sensible Daten (wie etwas das Religionsbekenntnis der Vermieter) handelt. Der Sharing Economy Anbieter müsste nur seine AGB entsprechend ändern.